Music

December 18, 2018

Wie ein Farbklecks im Schnee: Südtirol Winterjazz 2018

Florian Rabatscher

Jo, ist denn heut scho‘ Jazzfestival? Verwenden wir den bescheuertsten Spruch von Franz Beckenbauer für den bescheuertsten Einstieg in einen Artikel. Verzeiht mir, es liegt doch so nah an der Weihnachtszeit und dieser Satz schoss mir als erstes durch den Kopf. Tut mir wirklich leid. Aber jetzt mal ehrlich, ist es schon wieder soweit? Naja, nicht ganz … Doch für zwei Tage wird im Batzenhäusl Sudwerk Bozen im Auftrag vom Südtirol Jazzfestival der besinnlichen Zeit entgegen gejazzt. Unter dem Namen, wie sollte es auch anders sein, Südtirol Winterjazz Alto Adige wird euch ordentlich eingeheizt. Ja, es wird wieder abwechslungsreich. Sollte am 19. und 20. Dezember schon Schnee fallen, dann stellt diese Veranstaltung den Farbklecks inmitten der weißen Masse dar. Denn das Programm ist wieder bunt gemischt und bietet so manche Überraschung. Und das alles schon vor der Bescherung. 

Geboten werden uns sieben Jazz Bands aus dem Umfeld Euregio Jazzwerkstatt und natürlich das Euregio Collective selbst. Das Collective tritt zusammen mit dem südafrikanischen Musiker Carlo Mombelli auf. Einem besonderen Soundkünstler, der sich dem Bass verschrieben hat. Was keine Selbstverständlichkeit ist: In Bands wird der große Bruder der Gitarre eher in den Hintergrund gestellt. Aber Carlo Mombelli zeigt uns eindrucksvoll, was man alles aus dem Vier-Seiter rausholen kann. Ich spreche hier nicht nur davon, dass er das Instrument gut beherrscht, oh nein, er spielt es zudem irgendwie auch noch unbeschreiblich magisch. Der erste Abend wird noch mit smoothen Hip-Hop-Klängen von „Got it“ verfeinert. Smoothe Hip-Hop-Klänge? Jesus, ich schäme mich selbst für diese beknackte Beschreibung. Jedenfalls klingen sie ziemlich fresh. Fresh? Ach verdammt, ich gebe auf, hört sie euch einfach an. Am nächsten Tag hätten wir dann das Max Plattner Trio, über das es nicht viel zu sagen gibt. Verrückte Hunde einfach. Wer sich da nicht mitreißen lässt, sollte vielleicht nochmals seinen Puls kontrollieren. Diese Jungs versprühen eine dermaßen wilde Energie, dass die besinnliche Zeit wie weggeblasen wirkt. Nicht nur das, zudem blasen sie auch noch die alte Staubschicht vom Jazz weg. Mit lautem Getöse befördern sie ihn ins 21. Jahrhundert und das erstaunlich gut. Hört sich so vielleicht die Zukunft dieses Genres an? Wenn ja, dann sollte man es auf keinen Fall verpassen. Genau wie den krönenden Abschluss: Der letzte Act, zwei Herren, die bei uns hier keine Vorstellung nötig haben. Zwei Herren, die man unter den Namen Satelliti kennt. Ein Name, der es vortrefflich trifft: „Jazz from outer space“. Hier treffen Drums auf elektronische Klänge, sogar der letzte Raver könnte sein Tanzbein dazu schwingen. Ganz genau, was mich wieder zu meinem Punkt bringt, wenn es ums Südtirol Jazzfestival geht. Ich will keine Ausreden hören, von wegen Jazz sei altbacken und spießig. Südtirol Winterjazz beweist uns mit seinem mutigen Line-up wieder gekonnt das Gegenteil. Also, gebt euch einen Ruck und feiert die neue Generation des Jazz. Oder seid ihr etwa insgeheim die Spießer? Zum Schluss möchte ich noch erwähnen: Sollte es ein Sitzkonzert werden, schmeißt bitte die Stühle in hohem Bogen auf den nächsten Speermüll. Wir werden sie nicht brauchen.  

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