Culture + Arts > Visual Arts

December 14, 2018

Der Künstler als Kurator: Matthias Noggler in der Galerie der Stadt Schwaz

Verena Spechtenhauser

„Whistle and I’ll Come to You“ ist  nicht unbedingt eine freundliche Einladung an die BesucherInnen einer Kunstausstellung. Es ist  der Titel eines Horrorfilms aus dem Jahre 1968, in dem ein Wissenschaftler trotz vermeintlich besseren, weil rationalen Wissens von einem Geist heimgesucht und getötet wird. Und es ist der Titel, der aktuellen Ausstellung in den Räumen der  Galerie der Stadt Schwaz, welche noch bis zum 26. Januar 2019 zu sehen ist. Kuratiert wurde sie vom Innsbrucker Künstler Matthias Noggler, welcher mittlerweile in Wien lebt und arbeitet. Wir haben uns mit dem Gastkurator und der Direktorin Anette Freudenberger über dieses ungewöhnliche und spannende Konzept unterhalten, das in der Galerie der Stadt Schwaz bereits Tradition hat und in regelmäßigen Abständen umgesetzt wird.

Hallo Matthias, du kuratierst die neueste Ausstellung der Galerie der Stadt Schwaz. Wie kam es dazu, wen hast du eingeladen und warum?

Matthias Noggler: Vor gut einem Jahr hat mich Cosima Rainer, die damalige Leiterin der Galerie der Stadt Schwaz, eingeladen, mit ihr eine Ausstellung zu kuratieren. Nach dem Weggang von Cosima und der Neuübernahme der Galerie durch Anette Freudenberger hat sich der gemeinsame Fokus verschoben, sodass wir uns dazu entschieden haben, zwei Künstlerinnen, Birke Gorm und Nora Kapfer, einzuladen, die ich aus Wien kenne und mit denen ich schon längere Zeit zusammenarbeiten wollte.

Whistle and I ll Come_Galerie Schwaz4_Verena Nagl

Der Künstler als Kurator. Was ist das reizvolle an diesem Konzept?

Anette Freudenberger: Ich finde den Perspektivenwechsel sehr interessant, darum habe ich die Idee von Cosima Rainer, jedes Jahr einen Künstler oder eine Künstlerin als KuratorIn einzuladen, gerne übernommen. Das Programm der Galerie sollte nicht nur von einer Person allein bestimmt werden. Dabei ist für mich weniger entscheidend, ob die andere Sichtweise von KünstlerInnnen oder von KuratorInnen kommt. Wichtig ist, Einflüsse von Außen aufzunehmen. Die Kuratorenrolle in Richtung einer gemeinsamen Arbeit an der Ausstellung zu verschieben, ist da nur konsequent. Über Matthias Noggler als Kurator freue ich mich besonders, da wir zwar überwiegend internationale Positionen zeigen, aber uns auch immer sehr freuen, wenn Tiroler darunter sind, die wir so weiter vernetzen können. Es ist uns ja ein Anliegen, die Sichtbarkeit der Tiroler KünstlerInnen zu erhöhen.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Malerei in ihren unterschiedlichsten Formen. Könnt ihr uns mehr darüber erzählen?

Matthias Noggler: Die Ausstellung war nie malereispezifisch konzipiert, aber über gemeinsame Gespräche mit Birke und Nora ergab sich die Idee, für diese Ausstellung vor allem mit Bildern und Wandobjekten zu arbeiten.

Was verbindet eure Arbeiten, was trennt sie?

Matthias Noggler: Wir haben alle drei sehr unterschiedliche Arbeitsweisen, verwenden verschiedene Materialien und Techniken, zugleich aber findet sich bei uns allen eine Beschäftigung mit Bildern, deren Zusammensetzung, Verbreitung und Gebrauch.

Whistle and I ll Come_Galerie Schwaz2_Verena Nagl

Ihr sagt, ihr seid nicht hungrig nach Bildern …

Anette Freudenberger: Das ist ein von mir verfasstes Zitat aus dem Pressetext, aber keinesfalls eine Eigenbeschreibung der KünstlerInnen. Ich wollte damit auf eine Ausstellung in Innsbruck in der Galerie Elisabeth und Klaus Thoman Bezug nehmen, die Malerei unter dieser Überschrift nach einem Buch des deutschen Kunsttheoretikers Wolfgang Max Faust aus den 1980ern gezeigt hat. 

Wie genau steht es denn dann um die heutige Malerei?

Anette Freudenberger: KünstlerInnen heute haben durchaus auch wieder ein Interesse am Einzelbild, aber dieses einzelne Bild befindet sich in einem permanenten Flow im Verhältnis zu anderen Bildern, zum Beispiel im Internet, in den Medien. Es wird unentwegt neu in Beziehung gesetzt. Es geht also in der aktuellen Malerei weniger darum, individuelle Positionen zu erkämpfen, als Zusammenhänge aufzuzeigen. In Schwaz werden die Beziehungen zwischen den Arbeiten nicht über eine thematische Klammer hergestellt, sondern über eine ähnliche Haltung zur Kunst und auch über die Unterschiede und Brüche.

Warum sollten die Leute zu „Whistle and I will Come to You“ nach Schwaz kommen?

Matthias Noggler: Da es hoffentlich eine interessante und sehenswerte Ausstellung ist.

Anette Freudenberger: Auf jeden Fall sehenswert! Eine Ausstellung vor Ort zu sehen, ist immer eine andere Erfahrung, als sich eine Dokumentation anzuschauen. Das gilt aber besonders für diese Ausstellung, weil sie so sorgfältig gehängt wurde. Die Zwischenräume zählen demnach, so wie es auch der Titel der Ausstellung vermittelt, wenn man die Geschichte dahinter kennt. Außerdem kann man auch anderes in Schwaz ansehen, zum Beispiel das Museum der Völker.

Whistle and I ll Come_Galerie Schwaz_Verena Nagl

Wie war es für dich, Matthias, auf der anderen Seite zu stehen und die Arbeit des Kurators zu übernehmen? Hast du Lust auf eine Wiederholung?

Matthias Noggler: Dadurch, dass Birke Gorm, Nora Kapfer und ich die Ausstellung von Anfang an gemeinsam konzipiert und organisiert haben, war auch die kuratorische Arbeit eine, für die wir zu dritt verantwortlich waren.

Ein Tipp für die Leser?

Anette Freudenberger: Parallel zur Ausstellung gibt einen sehr lesenswerten Text, ein Essay vom Künstler Niklas Lichti über Robert Burtons Buch „The Anatomy of Melancholy“ (1621).  Lichti fasst die Ausstellung nicht zusammen, sondern widmet sich dem ausschweifenden Denken. Sehr lesenswert für all jene, die sich in die Thematik vertiefen möchten.

Fotos: Verena Nagl

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are no comments for this article.