Music

December 8, 2018

La band più figa dell’Alto Adige: 10 Jahre Ferbegy?

Florian Rabatscher

Hier eine kleine Geschichte einer besonderen Band. Nicht wirklich eine Geschichte, denn ihre Biographie wurde schon so oft erzählt und ist an dieser Stelle nicht wichtig. Ihre Musik geht so tief, dass es schade wäre, noch so einen oberflächlichen Bericht über sie runterzuleiern. Irgendwie kennen wir doch alle den Namen Ferbegy? und jeder hat sich sicher schon gefragt, was das überhaupt heißen soll. Aber auch das soll uns jetzt nicht weiter interessieren. Warum ich dann genau jetzt über sie schreibe? Na ja, brauche ich einen Anlass? Verdammt noch mal, nein, ich tu es einfach. Nur, um euch in Erinnerung zu rufen, wie stark diese Band doch ist. Obwohl, einen Anlass gibt es tatsächlich doch, wie ich im Gespräch mit ihnen erfahre. Ferbegy? gibt es jetzt seit zehn Jahren, an dieser Stelle: Gratulation! Doch fiel mir auf den letzten Konzerten von ihnen auf, wie wenig man sich für sie wirklich interessiert. Sei es von Seiten der Veranstalter als auch von Seiten des in die Leere blickenden Publikums. Was zum Teufel ist bloß los mit euch? … haue ich wütend in die Tasten … Nein, ich wurde nicht bezahlt oder bedroht, um diesen Artikel zu schreiben. Auch will ich keinesfalls jemanden dazu zwingen, diese Band zu mögen. Seht es als Liebesbekundung eines Fans oder eine einfache Bestandsaufnahme. Lebt diese Gruppe denn noch? Oh ja, und das in den verschiedensten Facetten …ferbegy? (c) Andreas Bertagnoll

Passend für ignorierte Klänge treffe ich Ferbegy? nach ihrem Konzert beim Kaltern Pop Festival. Dort, wo Ignoranz noch groß geschrieben wird. Die Simulation einer Plastikwelt, sozusagen, sogar das Publikum wurde mitgebracht, kein Scheiß. Aber schieben wir diese Attrappe mal beiseite und hören wir ehrlichen Menschen zu. Da sitzen wir also, in einem Raum, der wahrscheinlich sonst als Treffpunkt der katholischen Jungschar dient. Purer Rock’n’Roll halt. Beobachtet werden wir von einem riesigen Jesus an der Wand, also geflunkert wird schon mal sicher nicht. Wir einigen uns darauf,, die üblichen Fragen zu überspringen. Ja, wir wissen mittlerweile alle, dass Anna und Dario Mongelli Geschwister sind und Ferbegy? ein lustiger Name ist. Doch sprechen wir lieber über das letzte Album „Roundabout“. War es nicht der Hammer? 
Ein wahres Trip-Hop-Märchen in zehn Songs. Wer „How Many Times“ einmal live erleben konnte, weiß, wovon ich spreche. Ein Song, der dich wie einen Luftballon schweben lässt, bis dir irgendwann das Helium ausgeht und du wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommst. Dieses Lied gönnt dir eine Fünf-Minuten-Pause von dem ganzen Schwachsinn, der uns umgibt. Auch „Butterfly Lullaby“ erzählt eine ebenso schön groteske Geschichte, oder mehr Eindrücke von einem Schmetterling, der sein ganzes Leben in nur einem Tag hinter sich bringt. Nur ein paar Beispiele der Themen, die sie ansprechen. Themen, die während des Schreibens einfach so daherkommen. Dario beschreibt es so: „Die Musik gibt den Rahmen, in den er sein Bild einsetzt.“ Ja, man bedenke zudem, dass Dario Texte schreibt, die von einer Frau gesungen werden. Versteht er also die Frauen? Natürlich, wenn man seine ganze Oberschulzeit mit 23 davon verbracht hat und in jede einzelne davon verliebt war, ist das doch mehr als verständlich.Für sie selbst, bescheiden, wie sie sind, ist dieses Album einfach experimentell elektronisch. Experimenteller Pop. Ich merke schon, sie haben wirklich Spaß an der Sache und rennen nicht irgend einem Erfolg hinterher. Einem Erfolg, den sie aus meiner Sicht schon längst haben sollten. Jede ihrer bisherigen Aufnahmen, so verschieden sie auch sind, hätte es verdient. Doch das Wort „verschieden“ trifft es noch nicht mal annähernd. Man könnte fast meinen, jedes Mal eine neue Band zu hören, die sich zufällig Ferbegy? nennt. Was bei so einem Namen schon ein Riesenzufall wäre. Aber neben der unverkennbaren Stimme Annas zieht sich noch ein weiterer roter Faden durch ihre Aufnahmen. Besser gesagt, schon seit der ersten EP befand sich immer ein Lied darunter, das den nächsten Sound der Band einleitete. Sozusagen ein Trailer der zukünftigen, klanglichen Ergüsse. Waren sie bei ihrer ersten EP „What If Trees Could Speak“ noch Kinder des Rocks der 70er-Jahre, leitete der psychedelische Folk Song „Southern Breeze“ darauf das nächste Level ein. Ihrer erster Longplayer „Soul Echoes“ klang dann auch genauso. Doch ebenso dort befand sich ein Lied – „In The Morning“, was schon in Richtung Electronic ging und somit den Grundstein für „Roundabout“ setzte. So läuft es also bei ihnen, nicht nur, dass sie sich keinem Genre unterordnen, sie erfinden sich auch ständig neu. Was als nächstes kommt, weiß keiner genau, aber dieselbe Schiene fahren sie sicher nicht noch einmal, denn das wäre ihnen viel zu langweilig. Alles, was man schon verraten kann, ist, dass sie gerade mit mediterranen Einflüssen liebäugeln. Es existieren schon Ideen, aber noch nichts Handfestes. Marokkanische oder südamerikanische Einflüsse? Keine Ahnung, auf jeden Fall wird es keine übliche Strandmusik. Doch was ist schon üblich bei ihnen? ferbegy? (c) Andreas Bertagnoll

Ferbegy? ist die wahrscheinlich professionellste Band, die nicht professionell ist. Verstanden? Natürlich sind wir heutzutage total überfordert mit unheimlich guter Musik und wenn man nicht gerade Radiohead oder super speziell ist, wird das so nix mit dem Erfolg. Unsere Massen hierzulande zu begeistern, ist auch nicht einfacher. Entweder bist du ein nach Vaterlandsliebe grölender Ex-Nazi, der nicht mal zwei Griffe auf der Gitarre beherrscht oder du spielst sonst irgendeine verlogene, heuchlerische, sinnlose, aber dafür tanzbare Musik. Ferbegy? machen das alles nicht, ihnen gefällt es besser, das zu machen, worauf sie Bock haben. Auch wenn nur fünf Leute nach dem Konzert zu ihnen kommen und es gut finden, ist ihnen das Dank genug. Aber da ich mich zu diesen fünf Leuten zähle, muss ich sagen, mir ist das nicht genug. Diese Band verdient mehr Respekt und sollte das neue Aushängeschild für unsere kleine Musikszene werden. Ihre Musik begleitet uns jetzt also schon ein ganzes Jahrzehnt, war auch nie nur ein bisschen schlecht und viele verbinden ihre ganz eigenen Erinnerungen damit. Mehr kann man nicht machen, oder? Nehmen wir sie also deshalb als selbstverständlich hin? Wie die Klänge der Natur, das Rauschen in der Brandung, zum Beispiel. Man nimmt es nicht richtig wahr, auch wenn es vor einem passiert und unglaublich kraftvoll klingt. Macht nicht den gleichen Fehler mit dieser Band, nehmt sie wahr. So eine Musik muss man bewusst erleben, also gebt ihnen ruhig nochmals eine Chance. Ach, was rede ich, Chance? Wir haben es hier mit einem ganz einfachen Phänomen zu tun: Einzeln sind Anna Mongelli, Dario Mongelli, Alessandro Damian und Federico Groff einfach gute Musiker. Doch zusammen sind sie Ferbegy?: La band più figa dell’Alto Adige.

Fotos: (1) Ferbegy?; (2), (3) Andreas Bertagnoll

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