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December 4, 2018

11 years cool_schrank: Interview mit Fotograf Tiberio Sorvillo

Verena Spechtenhauser

Vor 11 Jahren, ganz genau am 27. September 2007, begann in Bozen das zwei Jahre anhaltende Abenteuer des unabhängigen, gedruckten Magazins cool_schrank – ein Creative Hub, das Mode, Design, Kunst und Zeitgeist in Südtirol – und darüber hinaus – zum Thema machte.

cool_schrank ist in gewisser Hinsicht der Vorgänger von franzmagazine, ein erster ausschlaggebender Treffpunkt, an dem sich kreative Locals und Nicht-Locals zusammenfanden, um sich – zuerst auf Papier und dann digital – auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln, weiterzuentwickeln und schlussendlich der kreativen Plattform, auf der ihr euch gerade befindet, Leben einzuhauchen. Genau deshalb nimmt unsere Redaktion dieses Jubiläum zum Anlass für eine Serie, weil es für uns ein Meilenstein war, nämlich der Beginn unserer redaktionellen Einheit, der Anfangspunkt einer Reise, auf der wir Schritt für Schritt nach dem Motto „learning by doing“ und jenseits von konventionellen Rastern und Schemata die Basis unserer Arbeit gelernt haben, einer Arbeit, der wir auch 11 Jahre später mit großer Leidenschaft nachgehen. Ein Grund zum Feiern, jetzt, 11 (nicht 10) Jahre später, weil es sich jetzt gut und rund und richtig anfühlt, und jenen kreativen, visionären und vor allem auch mutigen Personen, die sich mit uns zusammen auf diese wunderbar verrückte Reise namens cool_schrank begeben haben, 11 Fragen zu stellen, sie in eine Zeitmaschine zu setzen, die sie 11 Jahre in die Vergangenheit, in die Zukunft und wieder zurück katapultiert. Im Kopf die Erinnerung an diese für uns alle so wichtige Zeit, eine wertvolle Erinnerung, die uns hoffentlich noch mindestens 11 weitere Jahre begleiten wird.

Diesmal sprechen wir mit Tiberio Sorvillo, der für cool_schrank mehr als eine bekannte Persönlichkeit abgelichtet hat.

Hallo Tiberio! Wer bist du? Was hast du vor elf Jahren gemacht? Was verbindet dich mit cool_schrank? 

Ich bin Tiberio Sorvillo, lebe und arbeite in Bozen als freischaffender Fotograf. Vor meinem Fotografiestudium in Hall in Tirol habe ich eine Ausbildung zum Grafiker gemacht. Eine Arbeit, die für mich aber schnell langweilig geworden ist, im Gegensatz zu meiner Arbeit in einem Bozner Fotogeschäft, wo ich parallel zu meinem Studium gejobbt und eine Menge an Erfahrung gesammelt habe. Die analoge Fotografie, das Entwickeln der Bilder fand ich immer schon spannend. 
Zu cool_schrank bin ich durch Jenny Friso gekommen, die sich dort damals um das Styling der Models kümmerte. Für cool_schrank durfte ich unter anderem die amerikanische Rockband Sonic Youth bei ihrem Auftritt während des Transart-Festivals in Bozen fotografieren oder auch  Natalia Bonifacci shooten, die mittlerweile als Model auch international große Erfolge feiert. 

Und nun, elf Jahre danach, was machst du?

Ich bin meiner Passion treu geblieben und arbeite als freiberuflicher Fotograf. Mein Fokus liegt bei Kultur- und Konzertfotografie, immer öfter aber auch bei Architektur und Interior. Beides Sparten, die mich sehr interessieren. Darüber hinaus mache ich auch Fotos im Tourismusbereich, was sich in Südtirol natürlich anbietet, und arbeite eng mit dem Kreativstudio Peppis zusammen.

Welches Projekt hast du im letzten Jahrzehnt besonders gut gefunden – ein eigenes und eines von jemand anderem, wo du dir wünschen würdest, es wäre auf deinem Mist gewachsen?

Meine enge Zusammenarbeit mit dem Fotografen und Grafikdesigner Luca Guadagnini ist mein persönliches Erfolgsprojekt. Seit 10 Jahren, also quasi seit cool_schrank-Zeiten, arbeiten wir zusammen an Projekten, vor kurzem haben wir gemeinsam ein Studio in der Bozner Bindergasse eröffnet. Luca und ich haben uns zusammen weiterentwickelt und sind sozusagen vom Wohnzimmer ins Studio umgezogen. Wir  arbeiten als Fotografen auf vielen Konzerten und bei Kultur-Events, liefern die Fotos für Ausstellungskataloge oder Bilder für einen zeitgemäßen Internetauftritt von Hotels. Im Sommer hatten wir außerdem eine gemeinsame Ausstellung mit dem Titel „Gimme a ride“ in der Galleria Graffonara in Riva del Garda. 
Vielleicht ist “auf meinem Mist gewachsen” nicht unbedingt der richtige Ausdruck, aber die Ästhetik in den Fotos von William Eggelstone oder auch die szenenbildhafte Darstellung der Arbeiten von Gregory Crewdson finde ich schon sehr spannend.

Phetogo - South African youth_Tiberio Sorvillo_cool_schrank

Und wo siehst du dich in elf Jahren? Realistisch und idealerweise?

Schwierige Frage! Vielleicht in London, der Heimatstadt meiner Lebensgefährtin, vielleicht auch immer noch in Bozen. In geografischer Hinsicht bin ich definitiv für alles offen. Ich glaube aber schon, dass ich noch fotografieren werde.

Weiter in der Zeitreise, elf Jahre vor cool_schrank: Was wolltest du werden? Hast du’s geschafft? Und wo würdest du dich heute sonst gut sehen? 

11 Jahre vor cool_schrank war ich sehr jung und sehr planlos. Ich bin viel Skateboard gefahren, kann mich aber erinnern, dass mich Landschaftsarchitektur immer gereizt hat.

Was oder wer inspiriert dich und deine Arbeit?

Da gibt es so Vieles, das mich und meine Arbeit inspiriert. Zum Beispiel die Essay-Sammlung On Photography von Susan Sontag oder der tschechische Fotograf und Maler Miroslav Tichy, der mit seiner selbst gebauten Kamera beeindruckende Fotos geschossen hat. Aber auch meine Arbeit als Konzertfotograf inspiriert mich immer wieder aufs Neue. Die Bands, die ich dort kennenlerne, der Sound, die Location, das Publikum, die Stimmung … das alles inspiriert mich ungemein.

Dein Motto?

Ich glaube, dass es immer irgendwie weiter geht. Und dass es auf jeden Fall besser ist nach Vorne zu schauen als zurück. Mit diesen Mottos bin ich im Leben bisher ganz gut gefahren.

 Wie lädst du deine Batterien auf?

Ich entspanne am Besten, wenn ich keine Pläne schmiede. Dann passieren meistens richtig gute Dinge.

Was hast du während der Zeit mit cool_schrank gelernt?

Ich denke, vor allem wie es ist, mit kreativen Menschen zusammen zu arbeiten. Vor meiner Arbeit mit cool_schrank hatte ich eigentlich keine Arbeitskontakte in die kreative Szene der Stadt. 

Welchen Tipp hast du für alle Abenteuerlustigen, die sich in die kreative Branche wagen?

In meinen Augen ist es wichtig sich immer wieder neu auszuprobieren und nicht bei der erstbesten Arbeit hängen zu bleiben. Sich nicht nur auf eine Sache zu spezialisieren ist fundamental. Nur wer viele unterschiedliche Dinge kennenlernt, kann auch dazulernen.

Was findet sich immer in deinem Kühlschrank und was in deinem Kleiderschrank?

Eindeutig Sneakers und Müsli.

Fotos: Tiberio Sorvillo

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