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October 2, 2018

11 years cool_schrank: Interview mit Fotografin Martina Jaider

Verena Spechtenhauser

Vor 11 Jahren, genau am 27. September 2007, begann in Bozen das ganze zwei Jahre anhaltende Abenteuer des unabhängigen, gedruckten Magazins cool_schrank – ein Creative Hub, das Mode, Design, Kunst und Zeitgeist in Südtirol – und darüber hinaus – zum Thema machte.

cool_schrank ist in gewisser Hinsicht der Vorgänger von franzmagazine, ein erster ausschlaggebender Treffpunkt, an dem sich kreative Locals und Nicht-Locals zusammenfanden, um sich – zuerst auf Papier und dann digital – auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln, weiterzuentwickeln und schlussendlich der kreativen Plattform, auf der ihr euch gerade befindet, Leben einzuhauchen. Genau deshalb nimmt unsere Redaktion dieses Jubiläum zum Anlass für eine Serie, weil es für uns ein Meilenstein war, nämlich der Beginn unserer redaktionellen Einheit, der Anfangspunkt einer Reise, auf der wir Schritt für Schritt nach dem Motto „learning by doing“ und jenseits von konventionellen Rastern und Schemata die Basis unserer Arbeit gelernt haben, einer Arbeit, der wir auch 11 Jahre später mit großer Leidenschaft nachgehen. Ein Grund zum Feiern, jetzt, 11 Jahre (nicht 10) später, weil es sich jetzt gut und rund und richtig anfühlt, und jenen kreativen, visionären und vor allem auch mutigen Personen, die sich mit uns zusammen auf diese wunderbar verrückte Reise namens cool_schrank begeben haben, 11 Fragen zu stellen, sie in eine Zeitmaschine zu setzen, die sie 11 Jahre in die Vergangenheit, in die Zukunft und wieder zurück katapultiert. Im Kopf die Erinnerung an diese für uns alle so wichtige Zeit, eine wertvolle Erinnerung, die uns hoffentlich noch mindestens 11 weitere Jahre begleiten wird.

Diesmal sprechen wir mit Martina Jaider, die für cool_schrank in Mailand damals das erste Fotoshooting machte.

Hallo Martina! Wer bist du? Was hast du vor 11 Jahren gemacht? Was verbindet dich mit cool_schrank? 

Ich bin Martina Jaider, freischaffende Fotografin, Mama und betreibe nebenher ein Guesthouse. Vor 11 Jahren habe ich in Mailand gewohnt und dort als Fotografin Erfahrungen gesammelt, unter anderem bei Zeitschriften wie Fit for Fun, Top Girl und Rollingstone Italia.
cool_schrank habe ich durch Zufall entdeckt. Eine Freundin hat mir das Magazine gezeigt. Ich war sofort begeistert und wusste, ich würde bei diesem Projekt gerne mitarbeiten. Also habe ich Anna Quinz angeschrieben, ob sie mit mir ein Shooting machen möchte. Unsere erste Zusammenarbeit war dann ein Fotoshooting in Mailand.

Und was machst du nun, 11 Jahre später?

Ich bin seit mehreren Jahren wieder zurück in Bozen, wo ich noch immer meiner großen Leidenschaft – dem Fotografieren – nachgehe. Portraits und Architekturfotos finden sich genauso in meinem Portfolio wie Mode- oder Werbefotos. Daneben drehe ich auch Videos und habe vor kurzem den Drohnenführerschein gemacht. Außerdem führe ich ein kleines Guesthouse in meinem Heimatdorf Seis am Schlern. Eine Arbeit, die mich erfüllt und mich mit der Tatsache versöhnt, dass ich in den letzten Jahren für meinen Geschmack zu sesshaft geworden bin.

Welches Projekt hast du im letzten Jahrzehnt besonders gut gefunden – ein eigenes und eines von jemand anderem, wo du dir wünschen würdest, es wäre auf deinem Mist gewachsen?

Seit einigen Jahren drehe ich Videos, eine für mich neue Art der visuellen Auseinandersetzung, die mir sehr gut gefällt. Besonders begeistern mich Videoclips, so zum Beispiel mein momentanes Lieblingsprojekt „estoy de mal humor“, der Band cinco guitarreros deluxe. Wir haben ein ganzes Jahr an dem Clip gearbeitet und sind sehr stolz auf das Resultat, auch weil wir viel positives Feedback erhalten haben.
Der Videoclip „Cordula Grün“ der österreichischen Band Josh ist ein Projekt, das mir aufgrund seiner coolen Ausführung extrem gut gefällt. Bemerkenswert dabei ist, dass es ein Low-Budget-Projekt ist, das würde man beim Anschauen nicht vermuten. Johann Sumpich, alias Josh, ist übrigens einer Meinung mit mir, wenn er sagt, es sei wichtiger, sich etwas zu trauen und nicht zu viel darüber nachzudenken, was andere sagen könnten. „Dadurch“, so Josh in einem Interview, „werden auch Kräfte frei, die man den Songs anmerkt“. Eine Aussage, die sich problemlos auf die verschiedensten Kunst(sp)arten anwenden lässt, wie ich finde. 

Und wo siehst du dich in 11 Jahren? Realistisch und idealerweise?

Einer meiner größten Träume wäre es, zusammen mit meiner Familie um die Welt zu reisen. Realistisch betrachtet glaube ich aber, dass ich auch in 11 Jahren noch hier in Südtirol leben und arbeiten werde.

Weiter in der Zeitreise, 11 Jahre vor cool_schrank: Was wolltest du werden? Hast du’s geschafft? Und wo würdest du dich heute sonst gut sehen? 

Als Kind wollte ich immer Archäologin werden, aber im Stile von Indiana Jones mit viel Action. Wäre ich keine Fotografin geworden, dann hätte mich der Bereich Interior Design oder Architektur gereizt. 

Was oder wer inspiriert dich und deine Arbeit?

Nicht stehen zu bleiben und dadurch immer wieder Neues zu entdecken, ist meine größte Inspiration. 

Dein Motto?

Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten. Als ich als Fotoassistentin in Mailand zu arbeiten begonnen hatte (mit Fotografen wie David Lachapelle oder Patrick Demarchelier im Studio von Fabrizio Ferri), waren meine Tage ausgefüllt mit Glücksmomenten. Ich konnte ständig nur denken: „Wie cool ist diese Arbeit, bitte. Das kann alles nicht war sein!“ Ein unbezahlbares Gefühl, das ich jedem wünsche. 

Wie lädst du deine Batterien auf?

Ganz klar mit Reisen. Ich liebe es, neue Orte und Kulturen zu entdecken, neue Denkweisen kennenzulernen und dadurch Inputs für neue Denkanstöße zu erhalten. 

Was hast du während der Zeit mit cool_schrank gelernt?

Besser kennengelernt habe ich vor allem Bozen, was für mich als Fotografin sehr hilfreich war und ist. Und die Menschen rund um cool_schrank, mit denen mich teilweise noch heute ein freundschaftliches und berufliches Verhältnis verbindet.

Welchen Tipp hast du für alle Abenteuerlustigen, die sich in die kreative Branche wagen?

Seid spontan, probiert viele verschiedene Dinge aus und überlegt nicht zu lange, ob eine Idee einen Sinn ergibt oder nicht. Spürt in euch hinein, ob ihr wirklich Passion für eure Arbeit empfindet, denn das ist in meinen Augen das Nonplusultra. Und gebt bitte nicht zu schnell auf, auch wenn es einmal Rückschläge geben sollte! Ansonsten fand ich es am Anfang sehr sinnvoll, sich ein zweites Standbein aufzubauen, um finanziell abgesichert zu sein.

Was findet sich immer in deinem Kühlschrank, was in deinem Kleiderschrank?

In meinem Kleiderschrank habe ich immer Basics, wie die klassische, schwarze Hosen. In meinem Kühlschrank gibt es immer Mozzarella.

Foto: Martina Jaider 

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