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August 20, 2018

Peter Kaser: Kampf dem Kitsch und Kommerz

Nadine Pardatscher

Das Bild in sich muss stimmen, damit beim Betrachter etwas entsteht. „Schau’s dir an, lass einen Gedanken dazu entstehen und Tschüss.“ Die aktuelle Ausstellung in der Stadtgalerie Brixen (bis 5. August 2018) trägt keinen Titel, mensch muss sich mit dem Bild auseinandersetzen und Punkt. Peter Kaser  war Szenenbildner, ist Züchter von 58 Paradeiser-Sorten und wird sich noch lange Zeit der Malerei widmen.

Eine deiner bekannten Arbeiten war scaline84Stufen am Brenner. Wieso der Entschluss einer Auflösung und wird es eine Fortsetzung geben?

Ja, dies war eine Installation auf dem Brenner, ein gemeinsames Projekt mit dem Berliner Künstler Hans Winkler von 2000–2007.  Später entstanden darüber ein paar Folgearbeiten … dies waren aber Tagesgeschichten und nichts Längerfristiges. Mit dem Entschluss der Auflösung wurde der Bunker wieder der Natur überlassen und nein, es gibt keine Fortsetzung. Das, was die Natur daraus macht, ist die Fortsetzung, in der Hoffnung, dass sich niemand anderes sonst nachträglich einmischt. 

Deine Zeit in Berlin? Welchen Bezug hast du noch zur Stadt?

12 Jahre habe ich in Berlin gewohnt. Mit Mauer! Da war’s noch spannend! Wir waren eine Hand voll Leute, aus Südtirol, man hat sich gekannt. Somit bekam derjenige, der nach Südtirol fuhr, eine Liste mit Lebensmitteln, die er besorgen musste. Kiloweise Lavazza Kaffee und Nudeln aus Italien. Das kann sich zwar jetzt niemand mehr vorstellen, aber das war gang und gäbe. Mit Hans Winkler und einigen Leuten habe ich noch Kontakt, aber ehrlich gesagt, habe ich keinen Bock mehr auf die Stadt. In den 90ern war ich hin und wieder zu Besuch und Anfang 2000 das letzte Mal in Berlin, aber die Stadt ist immer weniger interessant für mich.

In Vergangenheit hast du mit (Dekor-)Mustern auf Papier oder Textilien gearbeitet – wieso nun diese Ausstellung? 

Es war eine Phase ab 2007. Mit Mustern habe ich deshalb gearbeitet, weil ich ein Problem mit „plattilaten“ (umgangsprachlich = platt/flachgedrückt) Farben habe. In der aktuellen Arbeit gibt es hingegen nichts Flächiges, sondern ich nehme als Struktur den Berg (in der Gegend rund um Pflersch). Der Berg ist also meine Form und da gebe ich Farbe drauf. Ich brauche Leuchtkraft! Auf die Felsen stecke ich dann zusätzlich Schnee drauf, der mir die Struktur des Berges verstärkt. Um die Farbe des Berges sowie des Schnees zur Geltung kommen zu lassen, verwende ich sehr komplementäre Kombinationen. Eine Farbe muss einem Gegensatz ausgesetzt werden, damit sie stärker wirkt.

peter kaser (c) nadine pardatscher franzmagazine

Erzähle mir bitte mehr über deine aktuelle Ausstellung in der Stadtgalerie Brixen!

In meinen Arbeiten ist der Kitsch, das Nichtsaussagende absolut präsent. Weil ich in meiner Arbeit nicht interpretieren möchte, habe ich die Bilder fotografisch aufgebaut. Wenn es eine Interpretation gibt, dann nur aufgrund der Farben. Die Farben sind absolute Malerei. Dadurch, dass ich alles in Öl gemalt habe, kann ich lasierende Farben verwenden, die diese typische Leuchtkraft haben. In meiner gesamten Geschichte mit der Kunst habe mich sehr um Farbe auf Material gekümmert, wie z. B. bei der Serie über die Bergwerke. Dabei ging es um Material, das ich im Bergwerk Schneeberg gefunden habe bzw. das dprt abgebaut wurde und was vorhanden war. Wie Rost eben! Im Kupferbergwerk Prettau war das hingegen ganz anders: Eine zentrale Rolle spielte dort das oxidierende Kupfer in seinen grün-türkis Tönen und der Abfall, der die Wände gelb gestaltet hat. Farbe in ihrer Eigenart als Material spielt eine wesentliche Rolle in meinen Arbeiten und dasselbe ist in der aktuellen Ausstellung wieder Thema. 

Frühere Landschaftsmalereien? 

Die Bilder, die in der Ausstellung zu sehen sind, habe ich letztes und dieses Jahr gemalt, wobei ich aber schon früher Landschaftsbilder angefertigt habe. Mit derartiger Landschaftsmalerei hatte ich aber immer ein Proble – sie war zu romantisch! Deshalb habe nach etwas Neuem gesucht, weg von dieser Romantik. Das Kunstprojekt am Brenner war eigentlich meine frühe Landschaftsmalerei – ein Wasserfall, eine Felswand, eine Treppe hinführend zu einem kleinen Bunker. Während die Gegend meine Landschaftsmalerei war, etablierte sich der Ort selbst als Kunstwerk. Damit diese Malerei funktioniert, habe ich Kolleginnen eingeladen, die vor Ort Interventionen gemacht haben. Etwas wurde aufgebaut, etwas anderes wieder abgebaut und dadurch ist diese Malerei entstanden.

Wie viel Kontakt hast du noch zur aktuellen Kunstszene? Besuchst du viele Ausstellungen?

Die Ausstellungen meiner KollegInnen, ja, sowieso! Da musst du hingehen, ja absolut! Man schaut, man stänkert und man fragt, was sich einer dabei gedacht hat.

Wie zufrieden bist du mit der Kunstlandschaft Südtirol, welche Veränderung wünscht du dir?

Nein! Nein, peinlich [lacht] … und das hat weniger mit der Szene zu tun. Zwischen „Beipackzettelkunst“ und Kuratoren. Der Künstler, der entmündigt wird. Wir sind mitten in einer Zeit, in der viel kommerzialisiert wird. Kunst ist Kommerz! Je teurer, desto besser ist die Kunst heutzutage. Dabei nimmt das Wissen über die Kunst ab und sie wird oberflächlich.

Was kommt?

Ich bin Züchter von 58 Tomatensorten und einer Sammlung von Wildtomaten in einem selbstgebauten Treibhaus in Gossensass – gleichzeitig ein Ort der Entspannung. Dazu gibt es, passend, Ende September 2018 zusammen mit weiteren KünstlerInnen des Vereins LURX das letzte Mal die „Tomatenausstellung“ auf dem Bauernmarkt in Sterzing.

Fotos: Nadine Pardatscher

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