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June 6, 2018

#10YearsOn Museion: Interview mit Mario Tauber, Aufsicht im Museion

Verena Spechtenhauser

Exakt am Donnerstag, 24. Mai 2018, feierte das Bozner Museum für Moderne Kunst  Museion, geplant vom Studio KVS, sein zehnjähriges Jubiläum. Mit der Veranstaltungsreihe #10YearsOn möchte Direktorin Letizia Ragalia darauf aufmerksam machen, dass das Museion die wertvolle Eigenschaft besitzt „On“, zu sein. Das Museum ist – ähnlich einem Schmiedeofen – immer „in Betrieb“. Ein Ort, an dem das Leben pulsiert, wo Ausstellungen, Debatten, Vorträge und kulturelle Events stattfinden. #10YearsOn steht für eine Offenheit, die sich im leuchtenden Museion-Gebäude widerspiegelt.

Wir von franzmagazine befinden uns seit Jahren mit dem Museion in einem fruchtbaren und bereichernden Dialog rund um die lokale und internationale Kunstszene und haben es uns nun zur Aufgabe gemacht, über diesen wichtigen Moment zu reflektieren. Darum möchte unsere Redaktion dieses Jubiläum zum Anlass nehmen, um sich mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten auseinanderzusetzen, deren Wege sich in den letzten 10 Jahren aus den verschiedensten Gründen mit dem Museion gekreuzt und verbunden haben. Sei es auf beruflicher als auch privater Ebene, aus pragmatischen Gründen oder aus Liebe zu Kunst und Kultur.

Diesmal sprechen wir mit Mario Tauber. Der Bozner ist von Beginn an als Museumsaufsicht im Museion tätig, wo er täglich BesucherInnen zählt, auf Kunstwerke aufpasst und auf Wunsch jede Menge interessante Informationen zu Kunst und KünstlerInnen an das Publikum weitergibt.

#10YearsOn Museion – was verbindest du damit? Welche Gefühle löst es in dir aus? Was kommt dir alles in den Sinn? 

Ich war noch nie so lange an ein und demselben Arbeitsplatz tätig. Das spricht schon sehr für diese Institution. Ich bin dem Museion auch aus persönlichen Gründen sehr dankbar, denn obwohl ich damals Probleme privater Natur hatte, wurde mir die Chance gegeben, hier zu arbeiten und das ist nicht selbstverständlich. Außerdem muss ich sagen, dass ich in diesen zehn Jahren, in denen ich nun beim Museion bin, sehr viel über Moderne Kunst gelernt habe.

Rückblickend, welche Ausstellung bzw. welche_r Künstler_in oder welches Happening im Museion hat dich am meisten beeindruckt? Was genau daran?

Ganz eindeutig die Performance “Figures of Speech, or The Dream Machine” des Wiener Künstlerduos Krüger & Pardeller anlässlich der Eröffnung zur Ausstellung “Sammlung in Aktion” 2012. Damals führten Krüger & Pardeller zusammen mit einem mitwirkenden Musiker ein Stück auf, für das sie eine Bühne konstruierten, einen Mechanismus entwickelten und ein Drehbuch schrieben. Das Künstlerpaar war hinter einer halbtransparenten Wand verborgen und bewegte dort Aluminiumpaneele nach einem Schema, welches durch einen speziellen Code erzeugt wurde. Die daraus entstandene Komposition wurde vom Pianisten nachgespielt. Die Zuschauer – und auch ich selbst – waren davon so begeistert, dass wir gerne eine Zugabe gesehen hätten. Noch lange nach der Performance habe ich den Leuten davon erzählt, eben weil es mich so beeindruckt hat.

Welcher „Museion-Moment“ zählt für dich zu den mondänsten, wichtigsten, internationalsten und warum?

Für mich persönlich war die wichtigste Erfahrung, die Reaktion des Publikums auf Kippenbergers gekreuzigten Frosch aus der Reihe “Zuerst die Füße”. Ich habe damals an der Kassa gearbeitet und hautnah miterlebt, wie die Menschen vor dem Museion gebetet haben, oder auch den Aufmarsch der Schützen, die mich sogar bedroht haben. Ich würde diese Erfahrung jedoch weder als mondän noch als international bewerten.

Verbindest du auch negative Erfahrungen mit dem Museion? Welche denn? Würdest du gerne etwas verändern? 

Die Arbeit mit Menschen ist nicht immer einfach. Manchmal braucht es wirklich gute Nerven, denn es gibt auch BesucherInnen, die uns MitarbeiterInnen nicht mit dem nötigen Respekt behandeln. Das stört mich wirklich, kommt – Gott sei Dank – aber nicht all zu häufig vor.

Welcher Ort gefällt dir im Museion am besten? Verbindest du damit irgendwelche bestimmten Anekdoten, Erfahrungen oder Geschichten?

Der Bookshop ist für mich als Bücherwurm der schönste Ort im Museion. Meine Wohnung ist voll mit den Büchern von hier, die Auswahl ist einfach toll. Ein gutes Feedback bekommen wir auch von den BesucherInnenn und auch von den BoznerInnenn selbst. Vor allem Mütter loben die Auswahl unserer Kinderbücher, die man nicht überall findet.

Welches Geräusch oder welche Musik verbindest du mit dem Museion und warum? Und was löst es in dir aus?

Das Museion hat so viele Musikrichtungen und nicht nur eine bestimmte Linie. Etwa ein bisschen wie Pink Floyd. Von dieser Band sagen Musikkritiker auch, sie seien von allem etwas: ein bisschen Rock, ein bisschen Blues und auch Jazz und Underground. Und genau so ist es hier mit dem Museion: Je nachdem welche Installation wir gerade zeigen oder auch wie der Besucher sich im Moment fühlt, in dem er das Museion  betritt … Es gibt auch Momente hier im Museion, wo keine BesucherInnen im Gebäude sind, und dann merke ich, dass ich immer eine Musik im Kopf habe, die aus dem Unterbewusstsein kommt, beeinflusst eben durch eine bestimmte Installation oder ein Bild.

Mit wem würdest du gerne einmal zusammen das Museion besuchen? Warum ist es dir wichtig, gerade dieser Person das Museion zu zeigen?

Ich würde mich über den Besuch des italienischen Kunstkritikers Vittorio Sgarbi freuen. Er hat das Museion schon öfters scharf kritisiert. Ich würde gerne mit ihm durch die Ausstellung gehen und mir seine Meinung und Kritik anhören. Ich weiss zwar, dass er kein großer Fan von Moderner Kunst ist, aber ich glaube doch, dass er viel von Kunst versteht.

Gibt es KünstlerInnen oder Ausstellungen, die du gerne in Zukunft im Museion sehen würdest? Oder auch eine Musikgruppe oder eine bestimmte Art von Publikum? Was vermisst du?

Auf alle Fälle mehr einheimisches Publikum. Es hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, aber ein großer Teil unserer BesucherInnen sind noch immer TouristInnen. Ich glaube, viele SüdtirolerInnen verstehen die Moderne Kunst nicht, sie hängen mehr an jener Kunst aus der Vergangenheit, die man sich zu Hause aufhängen kann. Und wenn ich mir eine Band aussuchen darf, dann gerne Pink Floyd.

Was wünscht du dem Museion? Was nicht? Wo soll das Museion hin, wovon weg?

Ich würde mir für die Zukunft eine_n Nachfolger_in für unsere Direktorin wünschen, die uns genau so gut und respektvoll behandelt, wie es Letizia Ragaglia bis jetzt gemacht hat.

 

Foto: Fanni Fazekas

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