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May 14, 2018

Auf den Spuren von Franz Messner

Katja Ebner

Am 11.05.2018 startete in der Galerie Prisma in Bozen die von Sabine Gamper kuratierte Ausstellung „Spuren/Tracce“, die sich mit den Werken des Meisters der Metallgestaltung und Künstlers Franz Messner auseinandersetzt (zu sehen bis 01.06.2018). Zu sehen sind seine Werke aus unterschiedlichen Jahrzehnten, welche die verschiedenen Facetten darlegen, die ihn als Künstler ausgemacht haben. Zur Ausstellung ist auch ein Buch erschienen. Im Interview lassen seine Kinder Verena und David Messner in die Arbeitsweisen, Werke und Vorstellungen ihres Vaters blicken.

„Das Eisen im Griff, der Blick im auflodernden Feuer – Unbewegtes, Starres verwandelt sich und erwacht zu neuem Leben. Ein mystisches Ereignis.“ Was wollt ihr mit diesem Zitat genau ausdrücken?

Dieses Zitat hat eigentlich unsere Mutter (Erika Messner) geschrieben. Wenn sie früher in die Werkstatt ging und meinen Vater beim Schmieden am Feuer sah, dann war das ein Moment, wo sie nie gewagt hätte ihn zu stören. Inmitten von Feuer, Hitze und Rauch. Beim Schmieden geht es ganz viel um richtige Zeiten und Momente, den richtige Augenblick zu finden, wann das Eisen schmiedbar ist. Zugleich ist es ein Erlebnis, wo es ganz viel um Gerüche und Geräusche geht. Wie es unsere Mutter so schön ausgedrückt hat: „Etwas Unbewegtes, Starres verwandelt sich und erwacht zu neuem Leben. Ein mystisches Ereignis.“ Es gibt verschiedene Hammer, mit denen man das erhitzte Eisen bearbeitet, dann das Zischen, wenn man das heiße Eisen ins Wasser gibt. Eisen ist eigentlich etwas Starres, etwas Hartes, aber plötzlich wird es weich und man kann dem Eisen eine neue Form geben.Messner

Wie habt ihr den künstlerischen Zugang eures Vaters in eurer Kindheit erlebt?

Wir haben seinen künstlerischen Zugang immer als ganz natürlich erlebt. Als Kinder haben wir sehr viel Zeit in der Werkstatt verbracht. Wenn wir etwas gezeichnet haben, dann sagte er uns stets, wir sollen in einer Linie durchgezogen arbeiten. Nicht immer wieder absetzen, sondern die Linie in einem Mal durchziehen. Und auf keinen Fall einen Radiergummi verwenden. Das zögerliche Arbeiten hat ihm nicht zugesagt. Am Ritten gab es Ende der 80er und Anfang der 90er keine anderen Kinder von Künstlern. Unser Zuhause war eine Art Insel-Situation: Daheim, auf der Insel, wundert man sich über gar nichts, aber sobald man die Insel verlässt, merkt man erst, dass man eigentlich nicht zum Rest gehört und dass man auf einer Insel lebt. Aber wir fühlten uns auf unserer Insel stets wohl. Wir sind in einem ganz besonderen Umfeld aufgewachsen.

Inwiefern beeinflussen die Arbeiten eures Vaters eure heutigen Arbeiten?

Was die Arbeiten in der Landschaft betrifft, die wir ja teilweise in unserem Job auch machen, oder auch Arbeiten im historischen Kontext, wie z. B. Umbauten, hat unser Vater immer versucht, die Werke von einer etwas anderen Warte aus zu sehen. Genau das hat uns wichtige Inputs gegeben. Wir konnten von ihm sehr viel lernen, vor allem bei Dingen, die sich auf die Landschaft beziehen. Zum Beispiel wie Objekte zum Kontext stehen; dies lernte er in der Bildhauerei und konnte diesen wichtigen Aspekt somit gekonnt auf die Architektur übertragen. Er beschäftigte sich auch mit der Frage, was ein Objekt mit dem Kontext oder mit den Menschen macht. Dies sieht man sehr gut an seiner Kugel. Die Kugel ist ein Werk, das bei vielen Menschen Fragen aufwirft. Aber es ging ihm vielleicht nie darum, diese Fragen zu beantworten. Die Kugel ist etwas, das jede/r für sich selbst interpretieren kann und auch soll. Sie macht etwas mit den Menschen und mit dem Kontext, und genau darum ist es unserem Vater immer gegangen. Die richtige Position, Größe oder das richtige Material waren eigentlich immer Gefühlssache. Etwas ansehen und es dann spüren, dann merkt man, ob es gut so ist, oder ob man etwas verändern muss. Und genau dies machen wir heute auch noch.Kugel

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, über euren Vater ein Buch zu schreiben? Was soll die Hauptaussage des Buches sein? Wer bringt das Buch raus?

Auf die Idee des Buches sind gar nicht so sehr wir gekommen. Der Südtiroler Künstlerbund veröffentlicht eine Reihe von Biographien von Künstlern und war an unserem Vater interessiert. Wir waren bei diesem Buch Leihgeber, Werkkenner, Co-KuratorInnen und RedakteurInnen. Vor allem in den letzten fünf Jahren haben wir sehr viel mit unserem Vater zusammengearbeitet und konnten dementsprechend auch viel Archivmaterial zum Buch beisteuern. Uns freut es auch sehr, dass Sabine Gamper, die selbst auch vom Ritten kommt und unseren Vater besser gekannt hat, das Buch kuratiert hat und jetzt auch die Herausgeberin ist. Das Buch erscheint beim Raetia Verlag und Sabine ist die Herausgeberin im Auftrag des Südtiroler Künstlerbundes. Es ist schwer zu sagen, was nun die Hauptaussage des Buches sein soll. Schön treffen tut es eigentlich der Titel „Spuren“. Das Buch jetzt in den Händen zu halten ist für uns etwas sehr Schönes, da es uns viel Energie gekostet hat, auch von der emotionalen Warte aus betrachtet. Auch unsere Mutter hat am Buch sehr stark mitgewirkt, vor allem was das Archivmaterial betrifft, wie beispielsweise analoge Fotos. Auch die Werke unseres Vaters, die in den 80er und 90er Jahren entstanden sind, hat unsere Mutter wie aus dem Nichts wieder hervorgezaubert. Dadurch war es uns allen erst möglich, sein Lebenswerk komplett aufzuarbeiten. Jetzt haben wir dieses Buch in der Hand und wissen, dass es bleibt, dass es uns Kraft gibt und dass wir es mit vielen anderen Menschen teilen können.

AmeisenbärGibt es für euch ein Lieblingswerk von Franz Messner, das in der aktuellen Ausstellung zu sehen ist, bzw. gibt es ein Werk, zu welchem ihr einen besonderen Bezug habt?

Viele Arbeiten unseres Vaters sind jetzt über 30 Jahre alt. Als sie damals entstanden sind, waren sie bereits sehr ansprechend, aber heute sind sie noch wertvoller. Vielleicht liegt es daran, dass die Menschen für eine derartige Ästhetik heutzutage affiner sind als damals, denn Trends ändern sich ständig. Wenn man jetzt in die Galerie kommt und seine Werke sieht, dann sind die einfach cool. Zum Beispiel der Ameisenbär: Der eigentliche Titel ist „Suchender“; er stand lange bei uns zu Hause im Garten, inzwischen sehen wir ihn in völlig neuen Kontexten, in ganz anderem Licht: in der Ausstellung in der Hofburg in historischem Kontext und jetzt hier in künstlerischem in der Prisma. Genau das ist schön. Der Ameisenbär ist ein Werk, das in vielen unterschiedlichen Kontexten funktioniert und uns immer wieder neue Facetten von sich zeigt. 
So wie für diese Ausstellung, in dieser Konstellation wurden die Werke unseres Vaters noch nie vereint. So lernen wir über jedes einzelne Werk wieder etwas Neues und sehen, wie anders es in einem neuen Umfeld wirkt. Wir denken, unserem Vater hätte das so sicher gut gefallen.

Fotos: (1) Oliver Jaist; (2) franzmagazine; (3) Davide Perbellini; (4) franzmagazine

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