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May 7, 2018

“Eau & Gaz”, die Vierte

Katja Ebner

In Eppan einen Treffpunkt für Künstlerinnen und Künstler, Kunst- und Kulturinteressierte und jene, die in diesem Kontext produktiv sind, zu schaffen, ist die Mission der 2014 ins Leben gerufenen KünstlerInnen-Residency Eau & Gaz. Die heurige Ausgabe der Residenz startete am Donnerstag, 3. Mai, und ist bis Sonntag, 27. Mai im Ansitz Lanserhaus in Eppan zu sehen. Bereits vor zwei Jahren sprachen wir mit den beiden Kuratorinnen Kathrin und Sarah Oberrauch über Eau & Gaz und sind nun gespannt, was sich in den letzten zwei Jahren so alles getan hat.

Gibt es irgendeine Neuerung in eurem Programm, auf die ihr besonders stolz seid oder auf die ihr selbst mit Spannung wartet?

Die Artist in Residency Eau & Gaz gibt es jetzt seit 2014. Mit jedem Jahr kommen neue Künstler und Künstlerinnen ins Haus und damit auch neue Projekte und Ideen. So ändern sich die Begebenheiten und Anforderung immer wieder aufs Neue. Die meisten Kunstwerke, die im Lanserhaus ausgestellt sind, werden in Eppan produziert, dadurch lernen wir mit jedem Teilnehmenden neue Arbeits- und Sichtweisen kennen. So nahe am Prozess mit dabei zu sein ist sehr spannend.

ElifErkan_LanserhausIn diesem Jahr geht es euch vor allem darum, der Verstricktheit von Biographie und Anekdote, von Beglaubigtem und wild Erfundenem auf den Grund zu gehen. Was können wir uns darunter vorstellen?

Welche kulturellen und ökonomischen Umstände tragen zur Bildung der eigenen Identität bei? Welche Voraussetzungen formen unsere Sprache, Verhalten und Meinungen? – Die einzelnen künstlerischen Positionen antworten auf sehr unterschiedlich Weise auf diese Fragestellungen. Als Beispiel möchten wir kurz die zwei Künstlerinnen Elif Erkan und Karin Ferrari anführen, mit denen wir am 7. Mai um 19:00 im Rahmen des Salto Talks ein Künstlerinnengespräch führen werden, um noch einmal genauer auf ihre Schaffensprozesse einzugehen; das Gespräch wird von Marco Russo moderiert. Die Titelarbeit zur Ausstellung “Does work love me?” von Elif Erkan dreht die Frage nach dem eigenen Verhältnis zur Arbeit um zur Frage: Wie sehr werde ich von meiner Arbeit geliebt? Mit Methoden, die der Wahrsagerei und Zahlenmystik entnommen sind, kommt sie zum Ergebnis 55 %. Diese Zahl, die einzig und allein durch die Anzahl der Buchstaben zustande kommt und dadurch von der benützten Sprache abhängt, ist willkürlich und sinnlos, und trotzdem dient sie als Denkanstoß den Imperativ in seiner Arbeit aufzugehen zu hinterfragen.31880633_10213734262584140_1977326157653082112_o

Im Gegenzug konzentriert sich Karin Ferraris künstlerische Forschung auf die Narrative der Internet-Subkultur, indem sie Verschwörungsvideos als Teil der Youtube-Kultur nachbildet. Sie interessiert der (paranoide) Imaginationsraum als ein Symptom unserer Gegenwart und ihrer opaken Machtstrukturen. In ihrem Video “Decoding Die Intros der ZIB – The Whole Truth”, das im Lanserhaus zum ersten Mal in Südtirol zu sehen ist, sucht sie versteckte Botschaften und Symbole im Vorspann des österreichischen Nachrichtensenders ZIB auf und entschlüsselt diese. 

Die KünstlerInnen, die an der vierten Edition der Residency teilnehmen sind Aslı Çavuşoğlus, Elif Erkan, Masatoshi Noguchi, Karin Ferrari, Helena Dietrich & Janneke Raaphorst und Rosalyn D’Mello. Wie wählt ihr eure KünstlerInnen aus, bzw. wie kommt ihr zu solch internationalen KünstlerInnen?

Seit Anfang an kann jeder der Teilnehmer und Teilnehmerinnen Empfehlungen geben. Dadurch erweitert sich unser Blickfeld enorm und trotzdem baut es auf bestehende Verbindungen auf. So hat beispielsweise die Künstlerin Asli Çavuşoğlus die Kunstkritikerin Rosalyn D‘Mello ins Boot geholt. Die beiden hatten sich letztes Jahr bei der Residency Khoj in Goa kennengelernt und konnten hier in Eppan ihre Zusammenarbeit fortführen. Seit einem Monat tourt nun die passionierte Autorin aus Indien kreuz und quer durch Europa, wobei Eppan ihr Rückzugsort geworden. Wöchentlich schreibt sie auf Midday ihre Kolumne. Hier die Links zum mitlesen:
Home Is Everywhere I Am, Apr 20, 2018 
A Road Trip To Remember, Apr 27, 2018 
Of Art And Male Chauvinism, May 04, 2018 RAHandbookformylover-1

Im Rahmen der Ausstellung bietet die interaktive Installation Elastic Habitat die Möglichkeit, den vertrauten Lebensraum der eigenen Identität intuitiv und sinnlich zu erkunden und erweitern. Könnt ihr das genauer erklären? Was können wir erwarten?

Die Künstlerinnen Helena Dietrich und Janneke Raaphorst beschäftigen sich damit, wie Körper wahrgenommen und bewohnt werden. Anhand individueller Sitzungen wurde der momentane physische, mentale und emotionale Zustand der Teilnehmenden aufgezeichnet und in textile, mobile Skulpturen übertragen, die anschließend buchstäblich getragen und erkundet werden können. Die interaktive Installation Elastic Habitat wird so zu einem Tempel, einem Spielplatz, einem Laboratorium von austauschbaren Körpererfahrungen. Darin soll der imaginäre, unsichtbare und spekulative Körper erforscht werden: Eine Einladung, das gewöhnliche Habitat des eigenen physischen und virtuellen Körpers zu dehnen und zu überschreiten. Für die Ausstellung in Eppan haben die Künstlerinnen Helena Dietrich und Janneke Raaphorst ihre immersive Installation in eine interaktive Shop-Erfahrung umgewandelt. In diesem Showroom sind die BesucherInnen eingeladen, die tragbaren Skulpturen oder Textil-Körper selbst auszuprobieren. Nach der Premiere beim Playground Festival 2017 in Belgien und weiteren Aufführungen in Belgien und der Niederlande freuen wir uns Elastic Habitat ab 23. Mai, 20:00 Uhr im Workshop-Raum der Künstlerresidenz zu hospitieren.Helena Dietrich and Janneke Raaphorst

Worauf freut ihr euch persönlich am meisten?

Es ist schön zu sehen, dass Eau & Gaz in der Südtiroler Kulturszene geschätzt wird und das Interesse stetig wächst. Wir freuen uns natürlich auch internationaler zu werden und unser Beitrag zu leisten, den Bergen etwas mondänes Flair einzuhauchen. Masatoshi Noguchi

Alle Fotos von Eau & Gaz: (1) Residency artists 2018; (2) Elif Erkan; (3) Karin Ferrari; (4) Rosalyn D’Mello; (5) Helena Dietrich and Janneke Raaphorst.
Foto (6) von franzmagazine: Masatoshi Noguchi 

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