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May 2, 2018

Tür auf, einsteigen, losfahren: „Knautschzone – Ein Autostück“ von Elke Hartmann

Katja Ebner

Am 9. Mai startet die Aufführung von Theater praesentKnautschzone – Ein Autostück“ in Innsbruck. In diesem interaktiven Stück, wird der übliche Verhaltenskodex, den man normalerweise im Theater beachtet, abgelegt und die ZuschauerInnen werden mit auf ein kleines Abenteuer genommen. Die Regisseurin Elke Hartmann hat sich auf dieses Experiment eingelassen und verrät im Interview Spannendes über sich selbst, sowie zu „Knautschzone – Ein Austostück“.

Du hast bereits an vielen Theaterstücken mitgewirkt. Was gefällt dir persönlich besser: Selbst auf der Bühne zu stehen, oder Regie führen?

Das kann ich so nicht sagen.  Das Spielen ist ein wenig wie mein langjähriger Partner, mit dem ich schon mein halbes Leben verbringe. Da gibt es Auf und Abs. Innige, glückliche Zeiten und manchmal bin ich auch leicht genervt. Wie das eben so ist, bei ewig langen Lieben. Ich habe in diesem Beruf eine gewisse Routine, im besten Sinn. Das bedeutet nicht, dass das Theater spielen keine leidenschaftliche Angelegenheit ist, im Gegenteil. Je länger ich diesen Beruf ausüben darf, umso mehr komme ich drauf, wie das funktioniert, sich selbst in eine Rolle zu begeben, ohne Privat zu werden. Man entwickelt sich mit jedem Jahr immer weiter. Auch ich wurde cooler, leichter und freier.
Das Inszenieren hat noch immer das Aufregende eines Abenteuers, dem ich mich sehr gerne stelle. Der Gestaltungsspielraum ist natürlich viel größer. Du kannst beim Inszenieren deine eigene Welt erfinden, inhaltliche Schwerpunkte setzen, und, wenn du frei arbeitest, sogar noch ganz grundsätzlich entscheiden, womit du dich gerade beschäftigen willst. Das ist natürlich großartig. “Knautschzone – ein Autostück” ist nun meine neunte Regiearbeit. Meine erste richtige Stückentwicklung, ich bin da auf einem Weg, meine eigene Handschrift zu finden. Das ist schön, fordernd und in gewissen Momenten auch überfordernd. Aber Gott sei Dank, richtig auf die Schnauze bin ich noch nicht gefallen. :·) Außerdem lerne ich beim einen für das andere. Durch das Inszenieren verstehe ich als Schauspielerin, RegisseurInnen besser und durch das Spielen, verstehe ich die Probleme von SchauspielerInnen in der Regiearbeit besser.elke hartmann

Woher schöpfst du die Inspiration für neue Theaterstücke?

Zu einem Großteil aus meinem Leben, was die Inhalte angeht: Was beschäftigt mich gerade? Privat, gesellschaftlich, politisch? Was vermisse ich gerade am Theater, was würde ich selbst gerne sehen? Und an welcher formalen Umsetzung will ich mich ausprobieren?

Am 9. Mai 2018 startet dein Stück: „Knautschzone – Ein Autostück“. Was genau wird uns erwarten? Das Publikum verlässt gemeinsam mit den DarstellerInnen das Theater und begibts sich mit ihnen auf eine Reise. Entweder zu Fuß oder mit Auto. Wie kann man sich das genau vorstellen? 

Vier Figuren, aus ganz unterschiedliche sozialen Schichten, die nachts auf Innsbrucks Straßen unterwegs sind, und die alle irgendetwas miteinander zu tun haben. Knautschzone ist ein überaus gewagtes Experiment. Es ist ein Versuch, die Geschichte nicht zum Publikum zu bringen, sondern das Publikum zur Geschichte. Eine Gruppe von Figuren, alle irgendwie miteinander verwoben, leben ihre Geschichte. In der Stadt, alle an verschiedenen Orten, immer in Bewegung, wie im wirklichen Leben. Egal, ob ihnen jemand zusieht oder nicht. A trifft B, die beiden erleben etwas, dann trennen sie sich wieder. Dann ist A eine Zeit alleine, bevor A auf C trifft. B trifft inzwischen auf D … usw. Als ZuschauerIn begleite ich eine Figur für eine Zeit lang, um dann mit einer anderen weiter zu ziehen. Meistens mit dem Auto, selten zu Fuß. Ich werde also weder die ganze Geschichte von A oder B oder C miterleben, immer bloß Fetzen. Das bringt, neben meinem eigenen Erlebnis, über das ich mich nach der Vorstellung mit anderen ZuschauerInnen austauschen kann, auch das Erlebnis, zu erfahren, was haben die anderen ZuschauerInnen erlebt. Wo waren die anderen? Wie hat es da ausgesehen und was habe ich verpasst? Wie in einem Episodenfilm, nur mit theatralen Mitteln. Dabei kommt das Publikum an durchaus sehr ungewöhnliche Orte und wenn es einsteigt, weiß es natürlich nicht, wo es hingeht. Auch das ist wohl eine eigene und neue Erfahrung. Zu viel will ich aber nicht verraten.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAEs handelt sich also um ein interaktives Theaterstück. Nicht nur die SchauspielerInnen treten mit den ZuschauerInnen in Kontakt, sondern auch die ZuschauerInnen untereinander. Glaubst du, dass die ZuschauerInnen das Theaterstück durch den Kontakt zu anderen Personen anders wahrnehmen?

Ich glaube, dieses Stück wird zur Gänze anders wahrgenommen als herkömmliche Theaterstücke. Es gibt überhaupt keinen Verhaltenskodex. In einem Theaterraum weiß ich, wenn das Saallicht eindunkelt, dann soll ich still sein, ich weiß, wo ich sitze, ich konsumiere etwas und ich weiß genau, was von mir erwartet wird. In Knautschzone ist das ganz anders. Erstens gibt es wenig Abstand zum Schauspieler oder zur Schauspielerin, ich erlebe ihn oder sie und seine oder ihre Geschichten auf Armeslänge entfernt. Ich bin in Bewegung, gehe ein Stück Leben einer Figur mit und dann mit einer anderen Figur weiter. Und wir sind großteils im öffentlichen Raum, da gibt es Vieles, was unvorhersehbar ist, wie PassantInnen, Wetter oder Straßenverkehr.

Was können wir in Zukunft von dir erwarten? Gibt es schon konkrete Pläne?

Im Herbst führen wir im Theater praesent das Stück „Und dann kam Mirna“ auf, ein großartiger Theatertext von Sibylle Berg zum Thema Mutterschaft. Anschließend werde ich als Schauspielerin in Bern arbeiten, in dem Stück „Hinter der Fassade“ von Florian Zeller. Und im Frühjahr darf ich Jura Soyfers „Astoria“ im Haus der Musik, den neuen Kammerspielen des Tiroler Landestheater, inszenieren. Es warten also schon wieder tolle Aufgaben auf mich.

Fotos: (1) Maria Markt; (2) Martina Jaider; (3) Michela Senn

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