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April 17, 2018

Tanzen hat viele Facetten: Sharon Booth

Katja Ebner

Auch in diesem Sommer wird in Bozen wieder getanzt. Zum 34. Mal findet heuer (vom 16. bis 28. Juli) das Festival Tanz Bozen Bolzano Danza statt. Wir können uns wieder auf zahlreiche Ensembles, Workshops und KünstlerInnen freuen. Welche Neuerungen und Highlights heuer auf uns warten verrät Sharon Booth, künstlerische Leiterin des Workshop-Programms, im Interview:

Du hast einen bemerkenswerten Werdegang hinter dir: Eine Ausbildung an der „National Ballet School of Canada”, anschließend hast du an der Juilliard School graduiert. Nach Engagements bei Savage Jazz, Company C Contemporary und dem Smuin Ballet in San Francisico, wurdest du Erste Solotänzerin bei Les Ballets Jazz de Montreal. In Wien erwarbst du dann eine Zertifizierung als Pilates-Trainerin und an der Ballettakademie der Wiener Staatsoper hast du die Fächer „Contemporary” und „Ballet” unterrichtet. Was hat dich immer wieder aufs Neue inspiriert?

Um ehrlich zu sein, es war der Ansporn, die Beste im Wettbewerb zu sein, der mich inspirierte. Was mein Training anging, war ich mit mir selbst unerbittlich. Bevor ich mich verletzte, übte ich ständig schwierige Choreografien und brachte meinen Körper an seine Grenzen. Perfektion war mir dabei immer sehr wichtig. Seit ich die Bühne verlassen habe, hat sich auch meine Inspiration für das Tanzen verändert. Ich arbeite zwar immer noch sehr diszipliniert, um beim Tanzen an der Spitze zu bleiben, aber ich habe gesehen, dass es auch noch andere Arten von Tanz gibt. Durch meine Ausbildung in ganzheitlicher Tanztherapie (Holistic Dance Therapy) konnte ich das Tanzen auf verschiedenen Ebenen kennenlernen und habe gesehen, wie unglaublich schön und positiv es sein kann. Ich hatte die Möglichkeit, mit Menschen zu arbeiten, die noch nie getanzt haben, ich konnte mit Kindern arbeiten und habe begonnen, Tanzstile miteinander zu vermischen. Genau das erfüllt mich jetzt mit Freude und ist zu meiner Inspiration geworden.Sharon Booth gesicht

Du bist nun schon das dritte Jahr bei Tanz Bozen Bolzano Danza dabei. Was fasziniert dich am meisten an dieser Veranstaltung?

Bevor ich zur künstlerischen Leiterin von Tanz Bozen Bolzano Danza wurde, habe ich dort sechs Jahre lang unterrichtet. Für mich war diese Veranstaltung immer das Highlight im Jahr. Ich habe bereits an vielen Programmen oder Veranstaltungen mitgewirkt, aber Tanz Bozen versprüht meiner Meinung nach eine Energie, die einzigartig ist. Die Kombination der lieblichen und gastfreundlichen Stadt Bozen und das Aufeinandertreffen zahlreicher hochkarätiger TänzerInnen und MusikerInnen schafft eine unverwechselbare Atmosphäre. Zugleich ist es immer wieder schön zu sehen, wie SchülerInnen und LehrerInnen mit sehr viel Respekt und Humor zusammenarbeiten. Und eine Inspiration für alle bieten die Abendstunden während des Festivals, wenn professionelle TänzerInneen mit ihren Performances beeindrucken.

Da sich die beiden Kurswochen im heurigen Jahr sehr stark voneinander unterscheiden, wird das sogenannte Meet & Greet ja gleich zweimal angeboten, am 15. und auch am 22. Juli. Wie werden diese zwei Wochen genau aussehen, bzw. wie unterscheiden sie sich voneinander?

In der ersten Woche werden sogenannte „DanceWorks“ angeboten, bei denen Performances, einmal Flamenco und heuer zum ersten Mal Community Dance, einstudiert werden. Dabei handelt es sich um einen sehr intensiven Workshop, der den TeilnehmerInnen viel abverlangt. Auch Unbeteiligte sehen die Bemühungen und Entwicklungen, die während des Kurses gemacht werden, da die Choreographie am Samstagabend auf der Theaterbühne aufgeführt wird. Damit so etwas überhaupt zustande kommt, ist Teamarbeit erforderlich. LehrerInnen, ChoreografInnen und TänzerInnen arbeiten zusammen und feuern sich gegenseitig an. Für mich ist es immer wieder spannend, sich das anzuschauen. Die zweite Woche startet mit vielen neuen LehrerInnen, aber auch mit neuen Workshops, wie zum Beispiel unser neues „I- Level“. Wir haben dieses „Inclusive Level“ entwickelt, damit sich jede Einzelperson, ob sie nun schon Tanzerfahrung hat oder nicht, bei uns willkommen fühlt. Denn wenn man in einem Studio mit anderen Menschen tanzt, dann schafft das ein neues und unbeschreibliches Bewusstsein für das Tanzen. Egal ob groß oder klein, jung oder alt, jeder ist willkommen, und ich bin mir sicher, dass diese Neuerung in unserem Programm ein Highlight wird.

Das Seminar für TanzpädagogInnen hat sich in den letzten Jahren bewährt und erfreut sich großer Beliebtheit. Welches Erfolgsgeheimnis steckt dahinter?

Das Geheimnis ist unsere geschätzte Kollegin Ulla Wenzel! Sie ist eine Göttin, was Kindertänze anbelangt. Sie ist nicht nur in der Lage, jedes noch so schüchterne Kind dazu zu bringen, sich selbstsicher und kreativ zu bewegen, sondern sie schafft es auch, ihre KollegInnen mit klaren Botschaften zu inspirieren.OLYMPUS DIGITAL CAMERADurch die Anregungen der TeilnehmerInnen in den vergangenen Jahren, habt ihr für dieses Jahr neue Tanz-Stile im Gepäck. Worauf dürfen wir uns freuen?

Im heurigen Jahr haben wir Benjamin Cook mit „Lindy Hop“ im Gepäck, was sicherlich sehr lustig wird. Für etwas mehr Würze wird Nina Kripas mit ihrer „Heels Klasse“ sorgen und für bereits geübte Tänzer und Tänzerinnen haben wir ein neues Programm. Dieses beinhaltet unter anderem das Repertoire von Ohad Naharin, der seit letztem Sommer dabei ist. Aber auch der legendäre Bob Fosse, den ich sehr ins Herz geschlossen habe und der kanadische Choreograph Crystel Pite, der die Welt im Sturm erobert, werden mit von der Partie sein. Das Programm für  Kinder wird mit „Creative Ballet“ und „Kids Ballet“  erweitert. Auf den Stundenplan der Kinder steht außerdem „Video Clip“, „Broadway Jazz“ und „Body Groove“ – die von unserem Lehrer Avalon Rathgeb als „body percussion class“ (Klangerzeugung mit dem eigenen Körper) geleitet werden.

In diesem Sommer kommt auch Edith Wolf Perez nach Bozen und wird ein Seminar zum Thema “Schreiben über Tanz” abhalten. Worum handelt es sich hierbei?

Das Tanzen kann in vielen unterschiedlichen Facetten wahrgenommen werden und das Seminar „Schreiben über Tanz“ ist  eine davon. Es gibt viele Menschen, die das Tanzen lieben, aber nicht auf einer Bühne stehen wollen oder können. So haben sie die Chance, ihre Leidenschaft trotzdem auszuleben und in die Welt des Tanzens mit einbezogen zu werden. Das Schreiben über Tanz ist eine Herausforderung, aber zugleich etwas Aufregendes. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die TeilnehmerInnn ihr Material und ihre Inspiration direkt vor Augen haben. Sie werden ganze Klassen, Proben und Performances beobachten und darüber schreiben … ich bin schon sehr gespannt, was dabei rauskommt.

In den zwei Kurswochen werden insgesamt etwa 80 Tanzkurse für Erwachsene und acht Kids-Pakete angeboten. Auf welchen Workshop freust du dich persönlich  am meisten?

Auf meine eigenen! Um ehrlich zu sein, es gibt für mich nichts Schöneres, als in einem Studio zu sein und die Möglichkeit zu haben, zu tanzen und zu unterrichten. Ich habe heuer zwei neue Kurse: „Intermediate Ballet“  und „ Modern“ für Kinder. Wenn ich in einem Tanzstudio unterrichte, bin ich weder Direktorin noch Mutter noch Mentorin, ich bin einfach wieder dort, wo alles begann.

Fotos: Sharon Booth

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