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April 6, 2018

Trotzdem da! “I was quiet but not blind” von Anuschka Prossliner

Katja Ebner

Seit 28. März 2018 (bis 14. Juni) kann man im Palais Mamming Museum in Meran die erste Einzelausstellung von Anuschka Prossliner bestaunen (in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Eurocenter Lana). Unter dem Motto „I was quiet but not blind“ werden zahlreiche Zeichnungen der Künstlerin ausgestellt, die jede Menge Platz für Interpretationen und Inspirationen bieten. Eine Kunstausstellung zu besuchen ist immer etwas Schönes. Eine Kunstausstellung mit der Künstlerin zu besuchen ist aufregend schön. Ich hatte das Glück, die Ausstellung zusammen mit der Künstlerin sehen zu können, und sie stand mir Rede und Antwort.   

Wie ist es dazu gekommen, dass du angefangen hast zu zeichnen? Gab es irgendwelche besonderen Beweggründe, die dich inspiriert haben?

Ich habe die Kunstschule in Gröden besucht und anschließend in Bologna Malerei studiert. Das heißt, dass ich eigentlich Malerin bin. Wenige Tage nach meinem Abschluss habe ich dann begonnen, als Kunstlehrerin zu arbeiten, und bin auch heute noch in diesem Beruf tätig. Ich arbeite, habe kein eigenes Atelier und eine relativ kleine Wohnung, somit war es schwierig, an größeren Projekten durchgehend zu arbeiten und diese abzuwickeln. So bin ich dann zu den Zeichnungen gekommen. Mir war es wichtig, etwas zu haben, das ich am Abend rausholen, an dem ich arbeiten und nach getaner Arbeit auch wieder wegräumen kann. Zunächst hatte ich noch die verrückte Idee, die Zeichnungen als Comic zu veröffentlichen, also eine Art von Buch herauszubringen, das eine Geschichte erzählt. Aber ich merkte schnell, dass die Zeichnungen, so wie sie sind, auch schon eine Geschichte erzählen. Deshalb habe ich beschlossen, sie als Einzelbilder bestehen zu lassen.Anuschka Prossliner (1)

Du warst in Vergangenheit bereits an vielen Gruppenausstellungen beteiligt, kannst du mir darüber etwas erzählen?

Viele ist vielleicht etwas übertrieben. Nach meinem Abschluss in Bologna habe ich drei Jahre ein Forschungsdoktorat absolviert, ein Jahr in Sevilla und zwei Jahre in Madrid. Dort habe ich jedoch nicht praktisch gearbeitet, sondern an meiner Forschungsarbeit geschrieben, die ich leider noch nicht beendet habe. In Bologna aber habe ich damals an einigen Gruppenausstellungen mitgewirkt und mich sowohl mit fotografischen als auch mit malerischen Arbeiten auseinander gesetzt. Und ich habe unter anderem den Zucchelli Preis gewonnen, was dazu führte, dass ich wieder an anderen Ausstellungen beteiligt war. Eigentlich hat sich das alles von alleine ergeben. Es ist natürlich immer ein Vorteil, an einer Akademie zu sein, dort befindet man sich in einem geschützten Raum, in welchem man ständig auf Menschen trifft, die sich für Kunst interessieren. Somit ist der Austausch und die Diskussion gewährleistet. Wenn man diese Akademie, also den geschützten Raum, dann verlässt, wird es schwieriger, gesehen und gehört zu werden. Ich musste erst lernen, mich in dieser Welt selbst zu bewegen.  

Die Ausstellung im Palais Mamming steht unter dem Motto „I was quiet but not blind“; was möchtest du damit ausdrücken?

„I was quiet but not blind“ ist ein Zitat von Jane Austen, auf das ich bereits vor einigen Jahren gestoßen bin. Als mir die Ausstellung im Palais Mamming angeboten wurde, sollte ich mir einen Titel zu meinen Zeichnungen überlegen, und da wusste ich, dass dieses Zitat perfekt ist. Es passt gut zu meinen Zeichnungen, aber es passt auch gut zu mir als Person. Ich bin selbst eine eher schweigsame und zurückgezogene Person und genau das wird oft falsch verstanden. Denn nur weil manche Personen ruhiger sind als andere, sind sie trotzdem da und nehmen auch alles auf. Und genau solche Menschen werden oft unterschätzt, denn meist steckt mehr in ihnen, als die meisten vermuten. Ich finde, dass die Arbeiten zusammen mit diesem Titel bereits sehr viel erzählen. Was genau erzählt wird, das ist jedem selbst überlassen.  Anuschka Prossliner QNB#7

Wie gehst du vor, damit ein solches Punktebild entsteht?

Ich habe ein Bild im Kopf, das ich beginne zu zeichnen. Wie bei fast jedem Künstler, wird es öfters verändert oder gar verworfen. Wenn ich mit meiner Zeichnung zufrieden bin, dann nehme ich einfach ein Blatt Papier, lege es über die Zeichnung und führe es mit Punkten aus. Zum Schluss habe ich zwei Bilder, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Obwohl immer dasselbe Motiv zu sehen ist, verändern die Punkte die Wahrnehmung komplett. Diese Technik macht die Poetik meiner Bilder aus und hilft mir zugleich, eine gewisse Distanz zu meinen Zeichnungen aufzubauen.  

Wie bereits erwähnt, bist du berufstätig. Wann und wie schaffst du es, dir Zeit für deine Zeichnungen zu nehmen?

Ich habe selbst bemerkt, dass es sehr schwierig ist, sich die Zeit zu nehmen und konzentriert zu bleiben. Da musste ich auch erst ein System finden, das für mich gut funktioniert. Mir war es sehr wichtig, Zeit in diese Arbeit zu investieren. Ich habe einmal einen Satz von José Saramago gelesen, der lautet: „Hab keine Eile und verlier keine Zeit.“ Im realen Leben macht man ja meistens genau das Gegenteil. Bei diesen Arbeiten aber ist es mir, glaube ich, gut gelungen. Klar, meine Zeichnungen brauchen durch die vielen Punkte natürlich viel Zeit, aber ich verliere keine Zeit und genau das gefällt mir so gut. So schaffe ich es, mich von der diffusen Realität zu entfernen, um mich voll und ganz auf nur eine Sache zu konzentrieren.  

Was können wir in Zukunft von dir erwarten? Gibt es vielleicht schon konkrete Pläne?

Meine ursprüngliche Idee war es ja, die Bilder in Buchform zu veröffentlichen, und diese Idee gibt es immer noch. Mein Plan wäre es, alle Zeichnungen zu fotografieren und jede Zeichnung mit einem kurzen Satz zu verbinden. 

Fotos: Anuschka Prossliner

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