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April 5, 2018

Die Suche nach dem Anfang: “Die fünfte Himmelsrichtung” beim BFFB 2018

Christine Kofler

Titel: Die fünfte Himmelsrichtung

Regie: Martin Prinoth

Worum geht’s? Mitte der 80er-Jahre adoptiert ein Ehepaar aus St. Ulrich in Gröden drei Kinder aus Salvador in Brasilien. Georg, einer der Brüder, macht sich  zwanzig Jahre später nach Brasilien auf, um seine Mutter zu finden. Auf dem Rückflug nach Europa stürzt seine Air-France-Maschine über dem Atlantik ab; Georg stirbt. Einige Jahre später tut es Markus seinem großen Bruder gleich und versucht in Brasilien, die Umstände seiner Adoption zu erhellen. Der Regisseur Martin Prinoth begleitet seinen Cousin Markus auf dieser Suche nach seinen Wurzeln. Der Film verhandelt die Frage nach Identität, Zugehörigkeit und der Bedeutung des Ursprungs – für das einzelne Subjekt, aber auch für den Menschen im Allgemeinen. Mit nüchternen Bildern zeichnet „Die fünfte Himmelsrichtung“ die Geschichte einer Adoption nach und macht deutlich, was es heißt, fremd im eigenen Land zu sein und seine Herkunft nicht zu kennen.

Umwerfend: Diese kurzen Szenen, in denen greifbar wird, wie fremd sich Markus und seine Brüder in diesem kleinen Grödner Dorf gefühlt haben müssen: Beispielsweise als  Markus St. Ulrich besucht und der Gemischtwarenhändler überrascht ist, dass er noch immer Ladinisch sprechen kann (seine Muttersprache). Als der Adoptiv-Onkel meint, er würde sich in Afrika sicher auch nicht wohl fühlen. Oder als eine ältere Frau, die in dem Haus nach dem Rechten schaut, in dem einst Markus’ Familie wohnte, zuerst glaubt, Markus sei einer der Migranten aus dem Flüchtlingsheim.

Traurig schön: Die stillen, langen Einstellungen, in denen Markus auf sich selbst zurückgeworfen wird – etwa auf der Berghütte oder am Meer.

Must see für … alle, die sich der Frage nach Identität und Identitäten einmal von einer ganz anderen Perspektive nähern möchten. Wer bin ich? Und woher komme ich? Was haben mein Land, meine Stadt und meine Eltern damit zu tun?

Das Urteil: Der Film konzentriert sich auf das Wesentliche. Die Szene, in der eine ältere Frau darüber spricht, wie und warum sie ihr Kind zur Adoption freigegeben hat, ist herzzerreißend. Jene Szene, in denen Markus’ Angst und Unsicherheit sichtbar werden, ebenso. Beide sind notwendig. Am Ende des Films versteht man als Zuschauerin den Schmerz, der durch diesen weißen Fleck am Anfang der eigenen Biografie entstehen kann, besser. 

Zu sehen am: während des Filmfestivals Bozen am Mittwoch, 11.04. um H 19:45 sowie am Freitag, 13.04.2018 um H 14:30  im Filmclub Bozen, Capitol 2 – läuft im Wettbewerb Dokumentarfilm

Foto: Martin Prinoth

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