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December 20, 2016

Bretter im Kopf: “The NOX Story. Lebensphilosophie Skateboarding”

Nadja Röggla
Kunigunde Weissenegger

Anfang Dezember 2016 tauchen im Netz plötzlich die ersten Teaser auf: Ein knappes Jahr arbeiten Alexander Ebner und Philipp Klammsteiner an ihrem gemeinsamen Projekt „The NOX Story. Lebensphilosophie Skateboarding“ und drehen in Südtirol (Bozen, Ritten, Jenesien, Klausen), Innsbruck und auch London; die Idee des Grafikdesigners und Graffitikünstlers (sowie selbst auch Skateboarders) hat Ebner Film produziert. Am 22. Dezember 2016 wird der Film um 20:30 H seine Premiere im Filmclub in Bozen haben und am 12. Januar 2017 wird er um 20:30 H im Filmclub Ariston in Meran zum zweiten Mal zu sehen sein, am 20.2.2017 um 20.20 H auf Rai Südtirol

Mysterium. „Meine engsten Freunde haben es erst über Facebook erfahren,“ erzählt Philipp Klammsteiner. „Obwohl wir schon fast ein Jahr daran arbeiten, wusste außer dem Ebner-Film-Team und mir niemand davon.“ Auch beim Interview mit franz wird gekonnt wenig über die einstündige Produktion verraten. Vor Jahren Gedrehtes des NOX-Teams mischt sich mit aktuellem Videomaterial. „Es entstand ein komplett neues Format. So etwas hat es über’s Skaten, glaube ich, noch nie gegeben. Mehr wollen wir aber nicht verraten,“ meint Alexander Ebner. Fest steht nur, der Film ist nicht ausschließlich nur für Skater. „Jeder der Bock drauf hat, sich eine Geschichte anzuhören, soll es sehen.“

Nox, noctis. 2000 gründet Philipp Klammsteiner NOX (von der Grafik über Kommunikation bis Vertrieb ein One-man-Unternehmen).„NOX war kein Brand im herkömmlichen Sinn – es ging mir nicht darum, damit Geld zu verdienen. Die Basis sollte das Skaten selbst sein: Es ging um das Teamgefüge und das Verlangen, eigene Bretter fahren zu können.“ Neben Philipp Klammsteiner gehörten auch Mirko Obkircher, Christian Trocker, Marco Varrese, Matthias Vesco, Franco Simeoni, Valentin Widmann, David Messner und Joseph Gostner zur NOX-Familie. Es gab zwar ein Team, aber „keinen Druck, man musste zum Beispiel auch nicht unbedingt bei Contests mitfahren.“ Nach acht Jahren und zig unveröffentlichten Tapes endet das Projekt. „Die Zeit war nicht reif.“ …bis Ideator und Filmemacher eines Abends im Jänner 2016 ein ausführlicheres Gläschen miteinander tranken…

Konsequenz + Kontinuität. „Hier bleibst du dran. Auch wenn es dich fünf mal auf die Fresse haut, machst du weiter.” Vielleicht ist es auch diese Hartnäckigkeit, die letztendlich ‘hängen bleibt’ und auf andere Bereiche des Lebens abfärbt. „Essenziell ist beim Skaten auf jeden Fall, dass du fallen können musst,“ meint der Filmemacher. „Auch diesen Sommer haben sich im Skatepark Bozen einige verletzt. Genau erinnere ich mich dabei an einen 9-Jährigen, der sich den Oberarm gebrochen hat. Als er am Boden lag, war seine erste Frage: Glaubst du, ich kann trotzdem noch skaten?“, lacht der Philipp Klammsteiner.

Hype. So hochgejubelt, wie zum jetzigen Zeitpunkt, sei das Skaten nur in den 80ern und danach mit Tony Hawk und ProSkater in den 90ern geworden. Im Moment aber zögen alle mit – Adidas, Nike, Stars und Sternchen – in der Werbung wie in der Mode und Musik: Was früher als uncool oder nervig galt, ist nun Trend. „Zum Beispiel rennt jeder Zweite mit einem Thrasher-Aufdruck herum. Was die stylische Feuerschrift  bedeutet, wissen dabei die wenigsten. …ich war vor ein paar Monaten als Lois Lane in Basel, weil ich dort für eine Modeschau Musik gemacht habe. Im Koffer dabei hatte ich auch mein Thrasher-Shirt und eine Bomberjacke – ich zog es dann aber nicht an, denn im Raum trugen alle dasselbe – es wirkte fast wie eine Uniform,“ erzählt Alexander Ebner.  „…kaum ist der Hype vorbei, werden die großen Hersteller auch nichts mehr produzieren. Das nervt mich und deshalb kaufe ich bei bestimmten Marken auch nicht ein.“ NOX Skateboarding Philipp Klammsteiner

Fokus + Feuer. Ein Skateboard ist nicht einfach nur ein Spielzeug und das Skaten mehr als ein Sport – sehr viel mehr als reine körperliche Betätigung. Eine Philosophie, die jeder ein wenig anders interpretiert. Neben Ausdauer, Disziplin und Konzentration brauche es auch Kreativität. „Niemand kann dir sagen, wie du es genau machen sollst – seinen Stil muss man selbst herausfinden. Du probierst einen Trick einfach so lange, bis er funktioniert. Und wenn es dann plötzlich klappt und du landest, hast du dieses Gefühl: Mir kann niemand mehr etwas anhaben – alles andere wird irgendwie egal.“ Skateboarden als Kontrast zum äußerlichen Leistungsdruck und Ausdruck und Inbegriff von Freiheit? „Du und dein Brett, egal, wo, kannst tun, was du willst, kein Mensch sagt dir, wie und ob du es machen sollst. Es gibt kein Punktesystem, keinen Trainer, der dich anschreit. Du bist einzig auf dich gestellt,“ so Alexander. 
Trotzdem, allein sei man selten, denn die Szene halte den Zusammenhalt hoch. „Alle fiebern mit, hoffen, dass du den Trick schaffst.“ Dabei treffen grundverschiedene Charaktere aufeinander, Alter, Sprache und Kultur spielen keine Rolle. „Ich kenne keinen anderen Sport, bei dem ein 10-Jähriger mit einem 38-Jährigen auf dem Platz steht und einer vom anderen lernt. Es gibt keine Sprachbarrieren, keinen Rassismus. Man muss auch nicht unbedingt viel reden. Alles ist einfach und egal.“ …außer vielleicht der aufmerksame Tunnelblick, der Blick für’s Wesentliche. Architektur ist für Skater Material, sie nehmen urbane Stadtplanung anders wahr: Philipp Klammsteiner: „Du siehst die Welt mit anderen Augen, beispielsweise wenn du dich durch eine Stadt bewegst. Und das wird, denke ich, ein Leben lang ‘hängen bleiben’. …wenn ich als 70-Jähriger Stufen sehe, werde ich mir immer noch denken ‘geil’.“

The NOX Story. Lebensphilosophie Skateboarding
Idee / Autor / Grafik: Philipp Klammsteiner
Regie / Schnitt / Sound Design: Alexander Ebner
Kamera: Stephan Kofler, Miguel Romero Alonso (Ebner Film)
Produktion: Victoria Ebner
Animationen: Miguel Romero Alonso (Ebner Film)
Darsteller: Philipp Klammsteiner, Christian Trocker, Mirko Obkircher, Marco Varrese, Matthias Vesco, Franco Simeoni, Valentin Widmann, David Messner, Joseph Gostner

Foto: franzmagazine

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