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October 25, 2016

Zeitreisen mit „Die Räuber“ von Schiller in Bozen

Maximilian Lösch

Es war Freitag Abend, 19 Uhr. Ich hatte nichts geplant, doch wollte ich auch nicht zu Hause bleiben. Kurz ins Internet geschaut und da war es: An diesem Abend war die Premiere von „Die Räuber“ von Friedrich Schiller im Stadttheater Bozen. Beginn 20 Uhr. Schnell aus dem Haus, unterwegs noch ein Stück pizza al taglio gegessen und um 19:45 war ich beim Stadttheater angekommen. Es waren viele Leute im Eingangsbereich und nachdem ich mich bis zur Kasse durchgearbeitet hatte, erfuhr ich, dass es keine Karten mehr gab, sie mich aber auf eine Warteliste setzen könnten und falls um 20 Uhr nicht alle gekommen wären, die Karten vorgemerkt hatten, dürfte auch ich rein. Ich hatte Glück. Um 20:10 saß ich in der vierten Reihe. Es konnte losgehen: 

Die Räubergeschichte dreht sich um zwei Söhne und die Beziehung zu ihrem Vater. Es geht um Liebe, Verrat, Mord und Trauer. Was ich sehr interessant finde, ist, wie das Stück inszeniert ist. Geschrieben hat es Friedrich Schiller mit nur 18 Jahren im Jahr 1781. Die darin behandelten Themen werden aber mit einigen Akzenten an unsere Zeit geknüpft. Ich habe das Gefühl, in diesen Raum, dieses künstlerische Gewässer aus dem Jahr 1781 einzutauchen, auf dessen Oberfläche sich immer wieder Formen aus unserer Zeit oder der nahen Vergangenheit zeigen, die sich jedoch organisch in den Originaltext einfügen und mich, den Zuschauer, berühren und in diese Welt mit hinein führen. 

Es ist ein Erlebnis: Der Anfangsmonolog des jüngeren der beiden Brüder; eifersüchtig auf den älteren, schöneren, der die Gunst des Vaters auf seiner Seite hat, und von seinem Leid klagt, sich hässlich fühlt – dies auch ausspricht, sodass man den Schauspieler das ganze Stück hindurch so wahrnimmt. In seiner Klage bricht aus der Tiefe für einen Moment nur der Führer hervor, sieben Sekunden lang, um dann wieder zu verschwinden. Mir dreht es den Magen um – ein Moment des Schocks, der zeigt, wie tief zerrüttet dieser Geist ist, der dort seine Seele ausbreitet. 

Und so geht es weiter, auch die Gestaltung der Bühne – zum großen Teil ein Gerüst, das sich von Räumen in einen Wald oder ein Dorf verwandelt – gibt der Vorstellungskraft des Zuschauers viel Platz, um sich selbst ein Bühnenbild zu malen. So scheint es mir, immer wieder eingeladen zu werden, allen in diese Welt zu folgen.

Die Räuber, zu dessen Hauptmann sich der ältere Bruder wandelt, nachdem er durch Intrigen des jüngeren Bruders glaubt, die Liebe des Vaters verloren zu haben, werden zu Hackern, sprechen von unserer Zeit, um dann wieder zu Räubern zu werden und mit ihren Plünderungen fortzufahren. 

In diesem ganzen Trubel aus Testosteron bringt die Rolle der Geliebten bzw. Verlobten des älteren Bruders etwas Sanftheit und Schönheit auf die Bühne. Eine Frau, die sich wehrt und nicht unterkriegen lässt; sie erzählt von ihrer verloren geglaubten Liebe und der Treue und verzaubert das Theater mit ihrem Charme. Nun ja, jedenfalls kann ich es nur empfehlen – noch zu sehen am 28. und 28. Oktober 2016.  

Foto: Christoph Griesser, Jan Walter, Markus Weitschacher by VBB

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