Fashion + Design > Fashion
July 21, 2016
GrenzGang: Fashion-Design-Gang mit Glokal-Philosophie-Garantie
Claudia Gelati
“GrenzGang bedeutet für uns alte Strukturen in Frage zu stellen und neue Wege zu gehen.” Das Designer-Team Galina Stefanova, Heike Steinbauer, Thomas Steiner und Malthe Thies Wöhler, ursprünglich aus Deutschland und nun in Südtirol verwurzelt, wollte mit GrenzGang eine neue Modemarke mit Stil und “Glokal”-Philosophie kreieren. In Eppan an der schönen Weinstraße wird kreiert, in Verona und auf der Schwäbischen Alb produziert, die Garne aus Griechenland, andere Materialien aus Österreich und Bayern. – Bestimmt #morethanapplesandcows, meine ich, weil klassisch und minimalistisch, das gewisse Etwas inklusive: the twist, wie der einzigartige Herr Paul Smith sagen würde. Und sehr bald wird auch der Online-Shop on air gehen, also dranbleiben! In diesem kurzen, dynamischen Talk lassen wir uns ihre Geschichte, ihre Werte, den Herstellungsprozess und natürlich die Pfeiler der GrenzGang-Philosophie erzählen.
Was bedeutet GrenzGang?
Thomas: GrenzGang bedeutet für uns, alte Strukturen in Frage zu stellen und neue Wege zu gehen. Dabei ist GrenzGang ein „Low Kilometer“-Label, bei dem die Philosophie „glokal – global orientiert & lokal“ wertgeschöpft im Vordergrund steht…
Galina: …und leitet sich von unserem geografischen Hintergrund ab. Wir wagen einen Grenzgang in Design und Philosophie zwischen unserem zentralen Lebensmittelpunkt in Südtirol und über die Grenze hinaus bis in unsere Heimat Bayern.
Wann, wo und warum hattet ihr die Idee für eine Kollektion umweltfreundlicher Kleidung?
Thomas: Unsere langjährige Erfahrung in der Textilbranche und die Erkenntnis, dass nicht jedes Produkt hält, was es verspricht, hat uns stark zum Nachdenken gebracht: Jedes Gut scheint sofort und unbegrenzt verfügbar zu sein, über die Herkunft machen wir uns als KonsumentInnen keine Gedanken.
Heike: Hinzu kommt eine Mentalität der schnellen Mode, die uns drängt immer aktuell und im „Trend“ zu bleiben – gute Dinge werden achtlos weggeworfen und ersetzt. Wir wollten etwas Wertiges und Bleibendes schaffen, mit dem wir uns identifizieren können.
Thomas: 2014 war es schließlich soweit: Aus andauernden Gedanken und Diskussionen wurden Taten und GrenzGang wurde gegründet. Dabei haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, nachhaltige und zeitlose Produkte mit hohem Qualitätsstandard zu entwickeln. So soll ein Beitrag geleistet werden, der unsere Mitmenschen für ihre direkte Umwelt sensibilisiert und ihnen die Möglichkeit bietet, aktiv das Thema Nachhaltigkeit zu unterstützen.
Was ist eure Philosophie dahinter? Welche Werte versucht ihr mit eurer Linie zu vermitteln?
Thomas: Regionalität, Nachhaltigkeit und Authentizität sind die Grundpfeiler der GrenzGang-Philosophie. Mit dem uns zur Verfügung stehenden Knowhow schaffen wir eine Bekleidungskollektion, welche neben hohem Qualitätsanspruch auch wieder das Bewusstsein für regional gefertigte Produkte schafft. Um Transparenz in der Wertschöpfung gewährleisten zu können, beschränkt sich der Aktionsradius für die Erstellung und Produktion der GrenzGang-Kollektion auf die Alpenregionen. Infolgedessen kann aufgrund der verhältnismäßig kurzen Lieferwege und weitgehend lokalen Rohstoffschöpfung ökologisch unbedenklich produziert und vertrieben werden. Kleine, regional ansässige Handwerksbetriebe produzieren dabei unsere Kollektionen auf Grundlage ihrer althergebrachten Verarbeitungstechniken.
Erzählt uns einen typischen GrenzGang-Tag.
Heike: Einen typischen GrenzGang-Tag gibt es nicht. Die Entwicklung einer Kollektion dauert etwa zehn Monate und jeden Tag werden wir mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Ob das Kollektionskonzept, das Design, die Produktentwicklung oder die Qualitätsüberwachung, alle Teilbereiche sind sehr facettenreich. Nichtsdestotrotz ist es uns wichtig, dass wir uns den täglichen Aufgaben und Problemen stellen, welche mit der Erstellung einer kompromisslos nachhaltigen Kollektion einhergehen.
Die klaren Qualitätsunterschiede unserer Produkte im Gegenzug zu „nicht nachhaltiger“ Bekleidung vor Augen bestärkt uns jeden Tag aufs Neue mit viel Leidenschaft und Engagement zur Tat zu schreiten.
Galina: Da wir von A–Z in der vollständigen Entwicklung involviert sind und nicht nur einen Teilbereich abarbeiten, haben wir das Glück, jeden Tag individuell zu erleben. Abgesehen von unserer täglichen Tasse Kaffee ist die Arbeit sehr vielfältig und Routine kommt da kaum auf.
Wie viele Menschen arbeiten in eurem Team und wie sind die Aufgaben verteilt?
Thomas: Das Produktteam von GrenzGang besteht aus einem Designer, Schneider und Produktentwickler. Von der Idee, über das Design und den Schnitt, bis hin zum serienreifen Produkt, werden alle GrenzGang-Kollektionsteile ausschließlich intern in der Eppaner Produktschmiede entworfen und entwickelt. Für den Marketingauftritt und Verkauf, sind drei weitere Personen zuständig. Mit viel Organisationstalent und Allroundgeschick werden Fotoshootings durchgeführt, Messeauftritte geplant, Händler und der Online-Shop betreut.
Wie entschiedet ihr, welche Modelle ihr zeichnet und produziert?
Heike: Das Kollektionskonzept stellt den Startpunkt der Kollektionsentwicklung dar. Hier werden bevorstehende Mode- und Gesellschaftstrends analysiert und mit der GrenzGang-Philosophie in Einklang gebracht. Für uns ist es eine Zeit des steten Abwägens und Diskutierens, um aus einem anfänglichen Konzept authentische GrenzGang-Kleidung zu entwickeln. Im Nachgang findet der Designprozess statt. Über Wochen hinweg ist nun ein hohes Maß an Kreativleistung gefordert. Alle von Galina gezeichneten Designlinien müssen wohl überlegt sein, damit sie als Prototyp auch umsetzbar sind und zudem die gewünschte Optik erzielen.
Sobald dann die Designs final sind und alle dazugehörigen Materialen und Zutaten pro Artikel definiert wurden, wird mit der eigentlichen Produktentwicklung begonnen. Für jedes Kleidungsstück muss zu Beginn ein sogenannter Schnitt erstellt werden. Was für den Schuster der Leisten, ist für den Schneider der Schnitt. Er ist verantwortlich für die Passform. Um sicher zu stellen, dass die Designsprache – die Seele des Produkts – optimal umgesetzt wird, muss für jedes GrenzGang-Teil ein individueller Schnitt erstellt werden. Designer und Schneiderin, machen sich dann gemeinsam ans Werk und kreieren die Prototypen. Im Laufe der mehrfachen Prototypen-Tests wird dann ersichtlich, ob die anfängliche Designidee umsetzbar ist und das Produkt den Status der Serienreife besitzt.
Galina: Wir wollen unseren KundInnen natürlich eine runde Kollektion bieten und schauen, dass wir eine ausgewogene Produktpalette spielen. Doch am Ende entscheiden auch unsere verfügbaren Möglichkeiten darüber, welche Teile in Produktion gehen können, und wir wägen ab, welche Produkte unsere Philosophie entsprechend unterstützen.
Wie würdet ihr euren Stil beschreiben? – Laut Lookbook scheint euch ein klassischer Stil wichtig zu sein, gebunden an die Liebe zur Natur und Analogie.
Thomas: Reduziert und ehrlich, bodenständig und zeitlos – und gleichzeitig immer mit dem gewissen Etwas – das charakterisiert die Designsprache. Die Wurzeln der Marke spiegeln sich in einzelnen Detaillösungen wider, welche der alpenländischen Textilhistorie entstammen ohne jedoch „trachtig“ zu wirken. Die Wertigkeit der GrenzGang-Kollektion liegt in der Liebe zum Produkt und der Hingabe zum Detail, sowie einer intensiven und aufwendigen Schnitterstellung. Kurz gesagt: Jedes Teil ist puristisch und individuell!
Warum fiel eure Wahl bezüglich Hauptquartier auf Südtirol und nicht beispielsweise auf euren Geburtsort Deutschland? Glaubt ihr, dass euch die Südtiroler Werte bei eurer Produktion inspirieren können?
Thomas: Südtirol stellt geographisch eine sehr zentrale Position dar. Die Tatsache, dass die Region von zwei Kulturkreisen geprägt ist, geht einher mit einem hohen Grad an Bodenständigkeit auf der einen Seite sowie einer internationalen Offenheit auf der anderen Seite. Der direkte Zugang zur Natur und zu den Bergen ist für alle im Team ein wichtiger Bestandteil des Alltags. Die GrenzGang-Saat ist bayrischen Ursprungs, aber die Wurzeln der Marke sind stark im Südtiroler Boden verwurzelt. Und auch wenn sich die beiden Gründer der Marke Heike und Thomas auf bayrisch/allgäuerisch unterhalten, die Kinder der beiden Familien sind hier geboren und sprechen daher südtirolerisch. Also GrenzGang!
Woher kommen die Rohstoffe? Wie wichtig ist euch Qualität und Handwerk? Wie sind die Produktionswege?
Thomas: Unsere Produktionsstätten sowie unserer Materiallieferanten lassen sich in einem Fünf-Autostunden-Radius von unserem zentralen Schaffungsraum definieren. Das ermöglicht uns ein hohes Maß an Flexibilität und einen garantierten und stetigen Einblick in die Fertigungsabläufe. Unsere Partner in der Produktion sind meist kleine familiengeführte Unternehmen, welche sich die hohe Kunst des textilen Handwerks nach wie vor bewahrt haben. Ob die nostalgische Fabrik auf der Schwäbischen Alb, die Schneidermanufaktur bei Verona oder die Materiallieferanten aus Bayern und Österreich, alle stehen mit ihrem Namen ein, wenn es um die Güte ihrer Waren geht. Daneben nutzen wir auch vermehrt recycelte Materialien: Unsere Lederlabels beispielsweise fertigen wir seit der letzten Kollektion aus nachhaltigen, recycelten Quellen.
Galina: Unsere Rohstoffe können klarerweise noch nicht alle in einem Fünf-Stunden-Auto-Radius beschaffen werden. Dennoch versuchen wir auch hier den Kilometeraufwand gering zu halten. Derzeit kommen Beispielsweise die Garne unserer in Albstadt gestrickten T-Shirts noch aus Griechenland. Wir arbeiten aber stets daran, unsere Kollektion mit alternativen und regionalen Rohstoffen zu bereichern.
Ihr habt eine Website und seid auch auf Instagram und Facebook präsent. Wie wichtig sind euch die Social Media?
Galina: Social Media ist für uns als Kontaktmedium wichtig: Ob der Austausch mit KundInnen und ProduzentInnen, die Bekanntmachung von Neuigkeiten, oder das Teilen von Impressionen aus unserem Tagesgeschäft – stets haben wir Freude daran, GrenzGang zu kommunizieren. – Hier wird sich in nächster Zeit auch viel tun, ihr könnt also gespannt sein.
Und wo können wir eure Produkte kaufen?
Galina: Im Einzelhandel sind wir aktuell im Rupp in Immenstadt und Fischen/Allgäu vertreten. Ab Mitte August 2016 könnt ihr unsere Produkte dann auch in unserem Online-Shop (shop.grenz-gang.com) kaufen. Wer uns in Österreich besuchen möchte, kann uns im September und Oktober 2016 im Pop-Up Store in Linz finden oder Ende Oktober auf der Gustav-Messe in Dornbirn. Für die Zukunft sind noch weitere Verkaufsflächen im Alpenraum angedacht.
Abgesehen davon, was kommt als nächstes?
Galina: Wir stehen gerade erst am Anfang und Ideen gibt es noch unendlich viele. Im Augenblick konzentrieren wir uns neben unseren Kollektionen darauf, regionale Kooperationen in Bezug auf Rohstoff- und Materialbeschaffung weiter zu stärken.
Richtet bitte einen Gruß an die LeserInnen von franzmagazine!
Heike: Wir freuen uns, wenn es uns gelingt mit unserem Schaffen ein Zeichen zu setzen. GrenzGang möchte den LeserInnen nicht nur zeigen, wer hinter der Marke arbeitet, sondern auch welche Idee und Leidenschaft hinter unseren Produkten steht. Letztendlich ist uns die Transparenz unserer Kollektion wichtig: Wer diese gefertigt hat, woraus sie besteht und wo sie entstanden ist. Für Fragen stehen wir euch jederzeit zur Verfügung.
Alle Fotos: GrenzGang
Comments