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May 27, 2016

Wasser, Tod und Wanderschaft: “Bilder deiner großen Liebe” in Brixen

Nadja Röggla

Verrückt sein heißt ja auch nur, dass man verrückt ist, und nicht bescheuert. – So die erste Zeile des letzten Romans “Bilder deiner großen Liebe” von Wolfgang Herrndorf. Der Autor und bildende Künstler schreibt in seinen letzten Lebensmonaten die Geschichte von Isa. Ein 14-jähriges Mädchen, welches sich auf eine Reise begibt – orientierungslos – gen Norden, durch die ungezähmte Natur, vorbei an geisterhaften Gestalten und seltsamen Menschen. Dokumentiert und beschreibt dabei ihr wildes Innenleben und den schleichenden Verlust der Außenwelt in ihrem Tagebuch.

Das Theaterensemble VonPiderzuHeiss spinnt Herrndorfs ergreifendes Textfragment weiter und bringt es mit Jakob Oberschlick und Nora Pider auf die Bühne. Untermalt von den musikalischen Kreationen von Julian Angerer und dem Bühnenbild von Niklas Heiss gibt’s das Stück am 24., 26., 27. und 28. Mai um 20.30 H im Anreiterkeller der Gruppe Dekadenz in Brixen zu sehen. 
Bei der Regisseurin Anna Heiss haben wir nach Anlass und Hintergrund der Stückauswahl gefragt.                                       

Ich lese die drei Suchkriterien für den Text waren Wasser, Tod und Wanderschaft. Wieso?
 
Wasser, Tod und Wanderschaft sind Themen und Motive, die die Welt in den letzten Jahren begleitet haben. Ich wollte dazu arbeiten, ohne ein Flüchtlingsstück zu machen. Ich versuche mit den kleinkünstlerischen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, ein globales Gefühl widerzuspiegeln.
 
Was hat dich schlussendlich zur Stückauswahl bewegt? Wieso Wolfgang Herrndorf?
 
In Wolfgang Herrndorf bin ich einfach unsterblich verliebt, seit mir mein Vater die Buchausgabe von seinem Blog “Arbeit und Struktur” geschenkt hat. Darin dokumentiert er seine letzten Lebensjahre und beschreibt die Entstehung von “Bilder deiner großen Liebe”. Nachdem ich “Arbeit und Struktur” zu Ende gelesen hatte, habe ich mir gleich seine anderen Bücher besorgt. Die Inszenierung ermöglicht mir, das Buch weiterzuspinnen.
 
Isa, die Protagonistin, ist ein Mädchen auf der Suche, verloren in sich selbst und der Welt. Was fasziniert dich an der Figur?
 
In erster Linie fasziniert sie mich in Bezug auf ihren Autor: Ein sterbender Mann hat dieses Mädchen geschaffen. Durch seinen Gehirntumor hat Herrndorf seinen Orientierungssinn verloren und konnte sich nicht mehr frei bewegen. Isa kann, was Herrndorf nicht mehr konnte: Sie bewegt sich uneingeschränkt und frei. Zugleich ist ihre Wahrnehmung der Welt, wie die von Herrndorf, entfremdet. Es hat mich gereizt ein “verrücktes” Kind zu inszenieren. Das gibt theatral viel her und hat eine große Poesie. Zugleich ist sie das coolste und lustigste Mädchen, das man sich vorstellen kann. Die will man um sich haben!
 
Was nimmt das Publikum im besten Fall von dem Theaterabend mit? Was lässt es dort?
 
Ich würde das Publikum gerne mit einem warmen, goldenen und tröstenden Gefühl nach Hause schicken. Vielleicht kann es dunkle Gefühle ersetzen. Das wäre schön!

Infos zur Reservierung in Brixen: www.dekadenz.it/de/service/infos-karten.html. Weitere Aufführungen am 2. und 3. Juli 2016 beim tschumpus-Kultursommer im ehemaligen Gefängnis in Brixen. 

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