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May 16, 2016

Love is the Drug – Shakespeares Sommernachtstraum bei den VBB

Christine Kofler
400 Jahre und kein bisschen leise: Regisseur Georg Schmiedleitner inszeniert für die Vereinigten Bühnen Bozen Shakespeares Sommernachtstraum als punkig-schwarze Komödie und setzt auf derbe Gesten statt auf zartes Liebesgeflüster.

Liebe und Sex. Ein rachsüchtiger Elfenkönig, ein rätselhaftes Fürstenkind, ein fieser Kobold, wunderliche Liebesblumen, verzauberte Handwerker. Ja, ähnlich wie Game of Thrones, aber ohne Drachen und mit besseren Dialogen und komplexem Text. Shakespeares “Midsummers Night’s Dream” ist nicht Fantasy, sondern Fantasie, ein Stück, dessen Sprache mehr als 400 Jahre nach seiner Uraufführung noch immer fesselt. Der große Dramatiker war Kind seiner Zeit, die von Glaubenskriege und Gewalt, Pest, Gottesfurcht und Magie geprägt war. Und trotzdem, oder gerade deshalb, bieten Shakespeares Werke jeder Generation auf’s Neue Anknüpfungspunkte. VBB - Ein Sommernachtstraum - Foto_Christoph-Sebastian 18.jpg Tanz, Musik, Schauspiel. Zu Shakespeares 400. Todestag werden seine Stücke noch öfter aufgeführt als sonst, nun auch auf den Vereinigten Bühnen Bozen. Die Inszenierung von Regisseur Georg Schmiedleitner vereint 95 KünstlerInnen auf der Großen Bühne. Wunderbare TänzerInnen, starke SchauspielerInnen, eindrucksvolle SängerInnen und MusikerInnen. Doch irgendwie wirkt jede Disziplin für sich: Die berauschenden Elfentänze im glitzernden 80ies Kostüm, die hochkarätigen Klänge des Haydn Orchesters von Bozen und Trient nach der Musik von Felix Mendelssohn Bartholdy, die tolle Darstellung von Erwin Belakowitsch als Puck und von Christoph Krutzler als Zettel. Die einzelnen Elemente sind tadellos, doch fügen sie sich nicht zum großen Ganzen zusammen, in dem der Zuschauer versinken könnte. Vielleicht ein Bruch oder ein Element zu viel. VBB - Ein Sommernachtstraum - Foto_Christoph-Sebastian 22 Triebe statt Liebe. Schmiedlbauer inszeniert den Sommernachtstraum nicht als leicht-luftige, sondern als punkig-schwarze Komödie, in dessen Zentrum nicht die Liebe, sondern die Triebe stehen. Puck, eine Art Trash-Transe im weißen Tütü und in Stöckelschuhen, singt Amy Winehouse und befriedigt sich zwischendurch selbst. Oberon steckt im schwarzen Pelzmantel und in schweren Lederstiefeln, Lysander ist auch mal ganz nackt. Zur Schau gestellte Fleischeslust macht klar, dass dieses Stück alles andere als harmlos ist. Damit holt sich die Darbietung über die Körperlichkeit jene Derbheit wieder zurück, die in der romantischen Fassung von August Wilhelm von Schlegels Text verloren ging. Im graffitibesprühten Zauberwald geht es grob zu, außer dann, wenn die glitzernden Elfen Königin Titania sanft in den Schlaf wiegen. Das erotische Durcheinander steigert sich bis hin zur Raserei. Wenn “Love the Drug” ist, wie es auf der Bühne steht, dann ist Puck, dieser dunkel-listige Zeremonienmeister des Herzens, der Dealer. Am Schluss wird dann doch noch geheiratet. Was am Ende übrig bleibt, ist die Frage nach der Wahrhaftigkeit der Liebe. Ein bisschen wie im echten Leben. 

Fotos: VBB/Christoph Sebastian

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