Music

May 12, 2016

“Wir sind alle verschieden, aber trotzdem Eins.” Color Colectif im Interview

Nadja Röggla

Color Colectif bezeichnen sich selbst als einen zusammengewürfelten Haufen, ein Gemisch verschiedener Charaktere, ein “insieme di colori”: Silvia, Ariel, Peter, Thomas, Riccardo und Markus. Jeder für sich, mit eigener Vorstellung  und Geschmack. Es sind jedoch genau diese Kontraste und Verschiedenheiten, die in der Band genutzt werden. Verflochten und komprimiert und das nicht nur in ihrer Musik. Neues entsteht so durch den Zusammenschluss von Unterschieden; aus dem Ich – ein Wir; aus dem Wir – ein Album: Am 13. Mai 2016 haben die Sechs mit “Hot Air Balloons” ihre erste Release auf den Markt geworfen. Auch beim Interview mit der Band merkt man sofort: Das, was die sechs Bandmitglieder verbindet, ist nicht nur die Musik…

Ist es die Leidenschaft zur Musik an sich, also der Prozess, der euch antreibt? Habt ihr eine Message? Was wollt ihr vermitteln, weitergeben?

Ariel: Wir sind eigentlich keine studierten Musiker, deshalb ist der Prozess für uns sehr wichtig, das gibt uns die Möglichkeit, uns ständig entwickeln zu können. Was wir sehen und lernen, auch unsere Freude an der Musik, geben wir weiter. 

Thomas: Unsere Texte sind vielfältig: Momentaufnahmen, persönliche Erfahrungen, Gesellschaftskritik, aber es geht uns auch darum aufzuzeigen, was im Leben schön ist. An erster Stelle steht auf jeden Fall die Freude am Musikmachen selbst. Dieses Zusammenspiel, diese Synergie innerhalb der Band, aber auch der Draht zum Publikum, schafft eine ganz eigene Atmosphäre, in der wir uns bewegen. Natürlich wollen wir auch erreichen, dass die Musik von so vielen Menschen wie möglich gehört wird und dass wir irgendwann davon leben können. Das Motto ist auf jeden Fall: Der Weg ist das Ziel. Es geht immer weiter, weiter nach vorne.

Peter: Was mir gefällt, ist dieser Moment, wenn wir auf der Bühne stehen und dem Publikum unsere Musik geben… Du spürst ganz genau, wenn es gelingt eine Situation zu schaffen, wo die Leute abschalten und genießen können. Die Message ist, wie Thomas gesagt hat, dieser Prozess, diese Freude und diese schönen Momente, die wir weitergeben wollen. Es ist schwierig, das in Worte zu fassen, man fühlt einfach etwas Magisches. Und dieses Magische, wollen wir weitergeben.

Zurück zum Anfang: Wie ist Color Colectif entstanden?

Peter: Ich glaube, jeder hat hier seine eigene Geschichte, die er erzählen kann. Für mich hat alles im Sudwerk im Winter 2013 angefangen. Nach einem Konzert dort mit den Pimpers Paradise, der Band, in der ich zusammen mit Ariel und Markus gespielt hatte. Dort hat Thomas, der im Publikum war, mich angesprochen und gefragt, ob wir mal etwas zusammen machen könnten…

Thomas: Ja, genau. Das hat natürlich auch seine kleine Vorgeschichte: Ich habe Peter angesprochen, weil Berti, ein Freund von uns und Rapper von Shanti Powa, für ein Konzert von Benjamin Yellowitz auf der Suche nach einer Vorband war. Da er auch Peter und Ariel kennt, hat er ein Treffen vorgeschlagen. Dieses Gespräch mit Berti hat auf einer Aftershow-Party von Shanti Powa im sogenannten Jacksonville in Sankt Jakob stattgefunden…

Ariel: Das Jacksonville war meine WG in Sankt Jakob, die manchmal zum Proberaum umfunktioniert wurde, aber auch einfach ein Treffpunkt für uns war; beispielsweise nach dem Cult.urnacht-Konzert von Shanti Powa 2013 im Stadttheater haben Fans und andere Menschen unsere Wohnung gestürmt, um dort noch zu feiern und Musik zu machen: Um vier Uhr Morgens ist in jener Nacht Thomas aufgetaucht und hat dann mit Markus und Berti eine Jamsession gestartet. Insgesamt waren vierzig Leute da, die zugehört haben. Alle waren ganz begeistert und haben gemeint, wir sollten unbedingt etwas zusammen machen.

Silvia: Ich bin schließlich als letzte zur Gruppe gestoßen. Thomas kannte ich, zwar nicht besonders gut, über verschiedene Schulprojekte. Nachdem er mich singen gehört hatte, hat er mir Peter und Ariel vorgestellt. Die beiden haben gleich bei unserem ersten Treffen angefangen zu singen und zu spielen. Ich war von Anfang an hin und weg. Zwei Wochen später hatten wir dann unser erstes Konzert im BunkerColor Colectif

Was hat sich seitdem verändert?

Peter: Anfang waren – auch weil alles sehr schnell gehen musste – alle Lieder und Songs von Thomas und mir. Mittlerweile kommt von jedem etwas, wir schreiben unsere Songs also alle zusammen. Auch wenn wir manchmal vielleicht ältere Songs verarbeiten oder die Grundidee eines einzelnen, verändern wir diese dann gemeinsam. Da haben wir uns definitiv weiter entwickelt.

Ariel: Wir sind nun auf einem anderen Niveau und alle 100% dabei.

Silvia: Ich denke, was sich noch verändert hat, ist unser Bewusstsein: Wir wissen, dass wir zusammen Musik machen können. Anfangs wollten wir es zunächst einmal versuchen. Jetzt wissen wir, dass wir etwas schaffen können, es ist etwas Konkretes entstanden, das wir weiterbringen wollen und werden.

Wieso seid ihr so überzeugt davon, dass ihr euren Weg machen werdet und wollt? Was unterscheidet euch von anderen Bands? 

Peter: Ich hatte eigentlich immer Schwierigkeiten damit, lange an einem Projekt zu arbeiten und dranzubleiben. Ich bin normalerweise jemand, der etwas macht und dann auch bald wieder will, dass es fertig ist. Thomas hat eine unglaubliche Geduld und Zeit in die Gruppe gebracht und war immer überzeugt davon, dass wir es schaffen können. Das ist sicher mit ein Grund, warum wir weiter gearbeitet haben. Ich will damit nicht sagen, dass uns dies von anderen Bands unterscheidet (Vergleiche finde ich sowieso nicht gut), aber dieses Dranbleiben zeichnet uns auf jeden Fall aus.

Thomas, wieso hast du so an das Projekt geglaubt?

Thomas: Ich habe nach der Oberschule für drei Jahre keine Musik gemacht. Nach dem Abend vor drei Jahren im Jacksonville habe ich diese Welt wieder entdeckt und gemerkt, dass es genau das ist, was ich machen möchte. Ich denke, was uns ausmacht, ist vor allem unsere Freundschaft zueinander, wir sehen uns fast jeden Tag. Wichtig ist auch die Kreativität innerhalb der Band, es ist überhaupt kein Problem neue Lieder zu schreiben, uns fehlt es niemals an Ideen.

Ariel: In meinen Augen ist es die Gemeinschaft, die uns auszeichnet. Nicht nur durch Color Colectif, aber auch durch die Shanti-Powa-Familie und die Gruppe, die sich rundherum gebildet hat, sind andere Projekte und konkrete Initiativen entstanden. Ich finde das macht uns stark, dieser ständige Austausch mit Neuem.

Silvia: Was ich sehr wichtig und auch sehr schön an Color Colectif finde, ist, dass wir alle sehr verschiedene Individuen sind. Und trotzdem finden wir unsere Harmonie, während wir spielen. Das hört man, denke ich. 

Thomas: Musiker lassen sich immer ungern in Schubladen stecken. Aber wenn wir doch in eine Schublade gesteckt werden würden, was wir eigentlich nicht wollen, ist es eine Mischung aus verschiedenen Genren wie Folk, Reggae, Pop, Rap. Ich denke, die Summe von all dem sind wir.  Und wieso eigentlich Color Colectif?

Thomas: Veronika Mayr, eine Freundin von mir, die übrigens zur Zeit auch bei unseren aktuellen Live-Konzerten mitspielt, hatte die Idee für unseren Namen. Übersetzt auf Italienisch “Insieme di colori” finde ich das sehr passend, weil wir eigentlich ein zusammen gewürfelter Haufen sind, aber trotzdem musikalisch zu einem großen Ganzen werden. Wir sind alle irgendwie verschieden, aber trotzdem Eins. 

Ihr seid mittlerweile, mit Riccardo am Klavier, zu sechst. Welche Rolle würdet ihr jedem einzelnen von euch geben? 

Peter: OK, zu Ariel: In meinen Augen hat er ein sehr sensibles, feines Gespür, man kann es auch einen erweiterten Horizont nennen. Er schafft es die äußeren Reize, alles, was er aufnimmt, in die Musik einzubauen. Damit macht er das Ganze runder.

Silvia: Markus ist ein sehr sozialer Mensch, er will, dass es allen in der Band gut geht und dass alle eine schöne Zeit haben. Er lebt in Bologna, es ist schade, dass er eher selten hier ist. Denn Markus ist sehr sensibel, hat ein großes Herz und das ist wichtig in der Gruppe. 

Ariel: Thomas ist der Konsequente in der Gruppe. Derjenige, der schaut, dass immer alles perfekt geplant ist. Das passt vielleicht nicht immer allen – dafür ist dann Markus zuständig. Thomas ist derjenige, der versucht das Ganze auf ein Top-Niveau zu heben.

Thomas: Ich würde gerne zu jedem kurz etwas sagen: Peter hat ein super Verständnis für Harmonien und Melodien. Und auch die Lieder, die er schreibt, haben mir immer schon gut gefallen. Bei Silvia ist es natürlich die Stimme, diese Klangfarbe, von der ich auch nach drei Jahren immer noch eine Gänsehaut bekomme. Bei Ariel fällt mir sofort seine Gitarrenkunst ein. Er ist technisch ein herausragender Gitarrist und schreibt mittlerweile auch echte gute Lieder. Markus ist ein wichtiger Teil der Band, vor allem durch seine Rap-Kunst; die Texte, die er schreibt finde ich echt cool und tiefgründig. Riccardo ist als Klavierspieler erst seit Kurzem dabei, hat sich aber sofort gut eingefügt. Er hat ein gutes Gefühl, wie man sich musikalisch einbauen kann.

In Kürze erscheint euer neues Album “Hot Air Balloons”. Bitte nennt uns einen guten Grund, wieso man sich euer Album kaufen oder zumindest anhören sollte?

Peter: Schon allein aufgrund des guten Namens “Hot Air Balloons”: Heißluftballone haben mit Hoffnung zu tun; Balloons, die aufsteigen, geben einem oft das Gefühl, dass man ganz klein ist in dieser Welt, und das bringt einen wieder ein bisschen auf den Boden zurück.

Thomas: Es sind auf alle Fälle 15 besonders arrangierte Lieder, schöne Harmonien und Texte. Alle selbst geschrieben, aufgenommen und gemischt. Das Mastering hat das Little Big Beat Studio in Liechtenstein gemacht. Der Tontechniker hat viel Wärme in die CD gebracht und nichts überkomprimiert, so wie es in der heutigen Zeit oft passiert. Es klingt für mich so, wie Musik klingen sollte. Für 50 Minuten kann man in eine eigene Welt eintauchen. Wir wollen die Menschen ein bisschen zum Träumen anregen – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – und sie dazu bringen zu vergessen, was sie in ihrem Leben machen oder noch alles zu tun haben.

Und? Wollt ihr noch etwas hinzufügen?

Peter: Ja, ganz wichtig: Wir hatten das Glück immer einen Platz zu haben, wo wir experimentieren und unser Album aufnehmen konnten. Bei Ariel Zuhause in Völser Aicha hat Florian Gamper, der uns außerdem bei unseren Live-Konzerten am Schlagzeug begleitet, in den Proberaum ein super Studio gebaut. Florian hat viel dazu beigetragen, dass wir diese CD verwirklichen konnten. An dieser Stelle auch ein Riesendanke an die Familie von Ariel: dafür dass wir immer dort schlafen und essen durften. Wir haben im Werdegang von “Hot Air Balloons” wunderschöne, gemeinsame Momente in Völs erlebt. Wie gesagt: Es ist diese Gemeinschaft, die Color Colectif ausmacht. Alleine hätten wir es nicht geschafft.

“Hot Air Balloons” Album Realease Shows:
13. Mai im Bunker in Klobenstein
14. Mai im Taka Tuka in Schlanders
26. Mai im Forum in Meran

+ Special Concert am 15. Mai im Schloss Maretsch in Bozen: Beginn 19 H, Aperitivo mit Streicherquartett aus Südtirol + Vorsängerin Mara Stirner. Tickets gibt’s auf Facebook oder per Email an colorcolectif@gmail.com. See you there!

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