People + Views > Portraits
April 22, 2016
“Theater kann so vieles, wenn man’s richtig macht!” – Viktoria Obermarzoner
Nadja Röggla
Mit ihrem nur scheinbar unscheinbaren Gesicht ist Viktoria Obermarzoner doch sehr wohl bekannt in Südtirols Theaterlandschaft: Seit 1999 ist die 28jährige Vahrnerin als Regisseurin, Theaterpädagogin und nicht zuletzt Schauspielerin vor, hinter und auf der Bühne unterwegs. Als einer der konstanten Teile des Rotierenden Theaters, (das 2016 übrigens sein 5jähriges Bestehen feiert), aber auch in Eigenproduktionen (wie beispielsweise zur Zeit als Frida Kahlo) verleiht sie dabei ihrer Leidenschaft zum Theater Ausdruck. Grund genug für uns Viktoria vor’s franz-Mikro zu holen.
Wer ist Viktoria Obermarzoner?
Eine Frau, die jünger aussieht als sie ist, eine bei Projekten meist sehr geplante, in sich aber chaotische Persönlichkeit, die gerne unter Leuten ist, ihre Schlüssel oft verliert, gern was Süßes hat, es liebt zu verreisen, aber auch gern mal einen Tag im Trainingsanzug auf der Couch verbringt.
Wer wird sie werden?
Zukunftsdenken bereitet mir oft Angst, deshalb: jeden Tag nehmen und diesen leben.
Was macht für dich eine_n gute_n SchauspielerIn aus?
Da wird es 1000 Antworten darauf geben, weil jede_r ein als Zuschauer_in anderes Empfinden hat. Für mich sind das Menschen, die mich mit Echtheit überzeugen, klar und offen sind, deren Blicke mehr als der Text sagen und mir dadurch Gänsehaut-Momente schaffen und mich für den einen Theaterabend in ihre Welt holen.
Hast du ein Lieblingsthema? Eine Lieblingsrolle? Wieso?
Nein, hab ich nicht! Die Verschiedenheit an Genres, Interpretationen und Möglichkeiten, die “gutscheln”. Natürlich sind “starke” Frauen, die gegen den Strom schwimmen, immer reizvoll – wie eine Johanna von Orleans oder eine Ulrike Meinhof oder eine Frida Kahlo. Wobei das Schwierige daran ist, nicht den Hype um die Person zu spielen, sondern den Menschen zu finden – wie ich und du –, der ihr zugrunde liegt. – Ganz abgesehen davon, dass auf mich Männerrollen immer schon attraktiver gewirkt haben… Deshalb habe ich mich gefreut, bei der ersten Produktion des Rotierenden Theaters der weibliche Hamlet, die Telmah, sein zu dürfen. Viktoria Obermarzoner als Frida Kahlo (c) Lorenzo Colombi
Als Theaterpädagogin arbeitest du mit jungen Menschen und bewegst sie zum Schauspiel. Worin siehst du (für dich, aber auch ganz allgemein) die Möglichkeiten des Theaters?
Gefühle zuzulassen, zu verstehen und zu spüren. Sich selber besser kennenlernen und davon zu schöpfen, als Spieler_in und als Publikum und vor allem als Mensch. Theater kann fragen in Köpfe werfen, die nachhallen, einen fahlen Geschmack im Mund hinterlassen, weil einem das Gesehene klar macht, was Realität sein kann, Phantasien reizen, Bilder in Gedächtnisse prägen, die berühren, und auch in 10 Jahren noch positive Gefühle hervorrufen; Theater kann Themen Bedeutung schenken und die Lupe für die Gesellschaft sein, Theater kann mich in andere Welten holen und unterhalten. Es kann so vieles, wenn man’s richtig macht…
In deinem aktuellen Theaterstück spielst du die mexikanische Künstlerin Frida Kahlo. Inwiefern kannst du dich mit ihr identifizieren? Welche neuen Seiten hast du durch die Interpretation an dir entdeckt?
Stefanie Nagler, die Regisseurin, und ich dachten uns am Anfang, das Schwierigste wird wohl werden, ihre wahnwitzige Liebe zu Diego Rivera zu verstehen. Lustigerweise war das am Ende der Probenzeit das Einfachste. Dieses bedingungslose Lieben erinnert mich ein wenig an mich. Für die rüde, harte, etwas männliche Art mussten wir dann schon etwas mehr graben, um sie aus mir herauszuholen.
Du lebst und arbeitest vor allem hier in Südtirol. Was hält dich hier? Was hingegen zieht dich weg?
Ich bin gern hier, ich bin hier aufgewachsen, ich mag mein Umfeld, meine Familie, die Landschaft und das Jodeln, das Wetter, die Sprachen und das Essen! Weg zieht mich meine Neugierde und Begeisterungsfähigkeit für fremde Orte. Kleine Abenteuer. Und wenn es “nur” 4 Tage in Budapest sind. Mich faszinieren Landschaften, Leute und ihre persönlichen Geschichten. In Erinnerung bleiben mir meist auch Bilder, Gerüche und das Gefühl auf meiner Haut. Und weg zieht’s mich auch deshalb, weil ich diese Unterbrechungen brauche zum Luftholen, zum Weiterarbeiten und für mein Wohlbefinden.
Titelfoto: Viktoria Obermarzoner © MOLOgraphy, Alex Moling
Auf der Bühne zu erleben ist Viktoria Obermarzoner am 23. April 2016 um 20h im Kapuzinerkeller in Klausen sowie am 29. und 30. April 2016 um 20h im Spektaktel in Wien.
Comments