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April 14, 2016

QueerdenkerInnen: Umbrella Innsbrucker Queer Filmtage

Barbara Unterthurner

Innsbruck hat wieder einmal ein Filmfestival auf dem Plan, diesmal aber keines der einfachen Sorte. Mit den Umbrella Innsbrucker Queer Filmtagen [14.–17.4.2016] wagen die InitiatorInnen einen Schritt in Richtung Weltoffenheit, und das mit bestimmtem Schritt. Neben den Filmen gibt es auch einen QueerBrunch sowie Konzerte und Performances; am Freitag, 15.5. treten um 22:30h die Grausamen Töchter in der PMK auf. franz hat mit der Initiatorin Vanessa Roseline Siegl über Themen und Vorurteile in der queeren Welt gesprochen. 

Welches Signal möchtet ihr mit dem queeren Festival setzen?

Zeigen, dass es ganz wunderbare queere Filme gibt, die es verdienen, im Kino gezeigt zu werden. Und weil es immer noch ein wichtiges Thema ist, das in den Vordergrund gestellt gehört.

Wer ist im Festival involviert? 

Hauptsächlich Marian Wilhelm und ich. Und in der Hemma Übelhör haben wir eine ganz wunderbare Grafikerin gefunden, die uns bei der Außenwirkung sehr geholfen hat.

Woher kommt die Idee dazu?

Es stand eigenltich schon länger im Raum, die Ausschreibung der TKI Open war letztendlich der Impuls, da wir so einen finanziellen Puffer haben, und recht gut planen können, was sich ausgeht und was nicht. 

Und der Name? 

Der Name war eigentlich ein Working Title, mir gefiel dieser zu dem Zeitpunkt ganz gut. Einfach ein Schirm, der alles unter sich vereint. Ein besserer ist uns nicht eingefallen. 

Was unterscheidet ein queeres Festival von anderen? 

Es gibt verschiedene Schwerpunkte. Und einen mehr oder weniger “strengen” Zugang – ein Film wie The Danish Girl würde bei Umbrella nicht laufen – die Darstellung von Lili Elbe durch einen Cisgender-Mann finde ich ein absolutes No-Go. Natürlich wählen unterschiedliche Kurator_innen unterschiedliche Filme aus dem doch breiten Angebot aus.

Gibt es ein Grundthema oder Motto, nach dem Filme und RegisseurInnen ausgesucht wurden? 

Ja, zunächst ging es uns darum FLIT (Frauen, Lesben, Intersex, Transgender) in den Vordergrund zu stellen – etwas, das mir persönlich sehr wichtig ist. Ferner haben wir darauf geachtet, dass Geschichten von den Personen erzählt werden, die auch direkt betroffen sind – also keine Transgender-Personen, die von Cisgender dargestellt oder erzählt werden. Julia oder Something Must Break sind hierfür ein gutes Beispiel. Wichtig war auch die Mischung – also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Dokumentationen und Spielfilmen, Humor und Ernsthaftigkeit, sowie die filmische Ästhetik. Wir wollten außerdem viele verschiedene Blickwinkel zeigen, also nicht nur die weiße, anglo-europäische Perspektive einnehmen.  Und wie geht’s weiter?

Nächstes Jahr wird es paritätischer und auch dem schwulen Kino (mehr) Raum geben – der queerfeministische Ansatz bleibt aber erhalten.

“Braucht” es deiner Meinung nach ein explizit queeres Festival? 

Ja! Gerade wenn im Editorial des 6020 vom Jänner 2016 solche Aussagen drinnen stehen: ”Für 2016 wünsche ich mir… …dass wieder einmal eine neue Serie oder ein neuer Film gedreht wird, bei dem weder ein homosexuelles Paar vorkommt, noch jemand gerade kurz vor oder nach der Geschlechtsumwandlung steht.”, während selbst im Programmkino meistens die kommerzielleren, geglätteten Filme Marke Hollywood gespielt werden, die ein ganz anderes Narrativ verfolgen als “unsere” Filme. Bei unserer Einreichung schrieben wir etwa: “Ginge es nach uns, würden Filme von FLIT regelmäßig in das laufende Programm eingebunden, ohne besonders hervorgehoben werden zu müssen. Und auch wenn Filme wie Blau ist eine warme Farbe, The Weekend, Freeheld, The Kids are allright, oder L’Inconnu du lac im alternativen Mainstream reüssieren konnten, sind Sichtbarkeit und Inklusion immer noch wichtig. Ähnlich wie die Kinovi(sie)on, die immer wieder wunderbare Filme von Frauen nach Innsbruck bringt, die sonst keinen Raum hätten, wollen wir noch einen Schritt weitergehen und zeigen, dass es abseits des cis-heteronormativen Mainstreams phantastische Filme gibt, die Aufmerksamkeit verdienen.” 

Ich ziehe mal den Vergleich mit queeren KünstlerInnen heran, die oft bewusst ihre Sexualität thematisieren. Ist das bei queeren RegisseurInnen auch so? Warum glaubst du, dass das so wichtig ist?

Natürlich ist die Sexualität in vielen dieser Filme “Thema”, einfach weil es wichtig ist, diese sichtbar zu machen, und diese oft auf der Lebensrealität der Macher_innen fußen. Das machen RegisseurInnen vom 100. x-beliebigen Indiehipsterbefindlichkeitsfilm letztendlich ja auch, nur wird das weniger gesehen, da diese ja im sexuellen und kulturellen Mainstream stattfinden – deren Sexualität und Geschlecht quasi “default” ist, und deswegen nicht als “thematisiert” gesehen wird. In den von uns gezeigten Filmen sind die Protagonist_innen queer, erzählen aber manchmal auch “einfach” eine Geschichte, zum Beispiel im Film S&M Sally, in dem queere Protagonist_innen Beziehungsmodelle und sexuelle Spielarten aushandeln. Was sich natürlich sehr stark durch viele Filme zieht, ist die Inszenierung von Körperlichkeit und das Bedürfnis, Schönheit auch abseits vom Mainstream zu zeigen. Generell sind es aber sehr vielschichtige und unterschiedliche Werke, die ich nicht einfach über einen Kamm scheren kann und will. 

Wie steht es für dich um die queere Kultur aktuell? 

Ich bin sehr froh, dass es inzwischen zumindest in vielen “westlichen” Ländern möglich ist, solche Filme zu drehen und zu zeigen, während die Macher_innen von Stories of Our Lives den Film in ihrem Land nicht zeigen durften und deswegen auch verfolgt wurden – damit will ich jeodoch nicht sagen, dass hier schon alles völlig easy ist. 

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