Music

March 5, 2016

Den Löffel fest in der Hand!
Shanti Powa – “Peaceful Warriors”

Maximilian Mayr
Die Band Shanti Powa im Interview mit franz über das neue Album "Peaceful Warriors", den Bandnamen und die Südtiroler Musikszene.

Sie sind nicht nur in Reggae-Kreisen ein Begriff, sondern weit darüber hinaus – die Rede ist von Shanti Powa aus Bozen. Die Band ist schon allein wegen der Anzahl ihrer Mitglieder von 13 fixen MusikerInnen ungewöhnlich, bei Konzerten treten sie sogar zu 15t auf. Gerade ist ihr zweites Album “Peaceful Warriors” auf den Markt gekommen, ein Mix aus Reggae und Rock, gesungen in bis zu vier Sprachen. Fünf der Bandmitglieder – Bertrand Risé, Alice Yeoue, Thomas Maniacco, Ariel Trettel  und Peter Burchia – haben sich mit uns zum Interview getroffen und am Ende war eines ganz klar: Die Jungs und das (einzige) Mädchen der Band sind nicht nur talentierte MusikerInnen, sondern auch durch und durch coole Leute. (Die weiteren Mitglieder sind: Michael Monteleone, Simone Codazzi, Florian Gamper, Lukas Pichler, Olavo Lachner, Markus Cappello, Sir Gulliver Jonathan Klauser, Josef Mayr.)

Shanti Powa bedeutet friedliche Stärke – warum habt ihr euch so genannt?

Bertrand: Wegen des Kontrastes – so wie bei Ying und Yang: “Shanti”, das Friedliche, und “Powa”, die Kraft und Stärke. Das haben wir beides in uns, auch in unserer Musik. Wir machen Reggae und Rock und behandeln sowohl die Liebe als auch politische Themen. Für mich ist das einfach der Kontrast, der in der Welt existiert. Als wir den Namen gewählt haben, war er einfach perfekt und das, was uns am besten repräsentiert, weil es uns eben widerspiegelt. Wir sind gemütliche Leute, aber zugleich auch durchwegs aufgedreht bei unseren Konzerten.

Ariel: Mir scheint auch, dass der Name nun jetzt seinen richtigen Sinn gefunden hat. Als wir anfingen, bestand die Band ja nur aus drei Personen und ist dann langsam zum Orchester angewachsen. Die Geschichte wurde eben immer komplexer und jeder ist daran beteiligt. Wir zeigen als Gruppe, dass wir da sind und irgendwie auch unabhängig sein können…

Peter: …und die Kraft einer Gruppe haben.

Shanti Powa (c) franzmagazine 01Wie viele seid ihr eigentlich genau?

Bertrand: Wir sind zu 13t, die gemeinsam die Lieder schreiben. Bei Konzerten sind wir aber zu 15t. Bis auf ein Mitglied aus Reggio Emilia sind wir alle aus Bozen und Umgebung.

Aber gestartet seid ihr zu dritt…

Bertrand: Ja, genau. Das waren die beiden Brüder Michael und Jonathan Monteleone – ein DJ und ein Sänger – und ich [auch Sänger, A.d.R.]

Wie seid ihr dann so viele geworden?

Bertrand: Ich war eine Zeit lang in London und Michael hat sich dann mit Ariel getroffen, der eine Punkband hatte, die “Denkfehler” hieß und gerade zusammen mit Michael ein Projekt gestartet hatte. Michael hat dann angefangen deren Texte mit unseren zu koordinieren. Beim Rock The Lahn Festival 2012 schließlich hatte unser DJ keine Zeit und so haben wir spontan beschlossen zusammen zu spielen. Ab da waren wir eigentlich als Band zusammen. Die jetzige Formation gibt es seit 2014.

Wie muss man sich das vorstellen 15 Leute zu koordinieren? Wie geht das genau vor sich?

Peter: Die Positionen waren von Anfang an klar definiert. Jeder hat seine Rolle. Es hat natürlich auch viel Zeit benötigt, bis wir das definiert hatten…

Thomas: Genau. Aber die Rollen sind jetzt klar verteilt. Wir haben vier Sänger, Peter ist auch manchmal Sänger und macht Background Vocals. Dann haben wir ein Schlagzeug, einen Bass, zwei Gitarren, einen DJ und ein Didgeridoo, drei Bläser und nun für das “Peaceful Warriors”-Album noch eine weitere Posaune und ein Altsaxophon. Lorenzo Scrinzi hat das Album coproduziert und arrangiert.

Bertrand: Beim Management ist dann wichtig, dass jeder motiviert ist und sich auch die Zeit nimmt.

Wie lange gibt es euch eigentlich?

Bertrand: Seit 2010. Aber als Band, so wie wir jetzt formiert sind, seit 2012.

Und passt die jetzige Band oder sucht ihr noch weitere Mitglieder?

Thomas: Nein, jetzt haben wir erst einmal genügend Mitglieder. Nur um das Album richtig wiederzugeben, haben wir eben bei Live-Auftritten zwei Gastmusiker: Patrick Zippl am Altsaxophon und Willy Melojer als Posaunist.Shanti Powa (c) franzmagazineWie oft probt ihr?

Bertrand: Zweimal pro Woche. Da hat nicht jeder immer Zeit. Aber wichtig ist, dass bei Konzerten alle motiviert sind und vor allem, dass alle die Lieder spielen können.

Thomas: Sollte mal einer bei den Proben fehlen, wird ihm gesagt, welche Noten er spielen kann. Unser Didgeridoo-Spieler beispielsweise lebt in München und kann nicht immer zu allen Proben kommen. Dafür ist er gleichzeitig unser Graphiker und gestaltet unsere Flyer, Alben und so weiter.

Warum betonst du “spielen KANN”?

Ariel: Das ist ein wichtiger Punkt: Um Musik zu machen, braucht es ein gewisses Freiheitsgefühl. Wenn man jetzt anfängt zu sagen, “du musst das und das spielen”, dann geht das gegen die gesamte Dynamik.

Peter: Wir haben auch nicht unbedingt ein Musikwissen wie jemand, der ein Konservatorium besucht hat.

Ariel: … aber jeder kann sich äußern und experimentieren.

Wie schaut das denn mit der Sprache eurer Texte aus?

Bertrand: Unsere Texte sind vor allem in Englisch gehalten, mit einigen Brocken Jamaikanisch, weil das einfach cooler klingt. Es gibt auch Patois-Einflüsse – beeinflusst von Reggae-Texten auf Patois. Einige Wörter kommen automatisch. Im neuen Album haben wir aber auch Texte auf Französisch, Südtirolerisch, Deutsch und Italienisch.Wie ist euer Album “Peaceful Warriors” entstanden?

Bertrand: Gewisse Texte des Albums habe ich bereits vor drei Jahren in London geschrieben. Unser erstes Album haben wir im September 2014 herausgebracht. Die Lieder auf dem neuen Album sind während eines zweijährigen Prozesses entstanden. 

Thomas: Unser Album ist jetzt kein Konzeptalbum, wie man das von den Pink Floyd kennt, und doch kommt es dem nahe. Sowohl Texte als auch Bilder auf dem Album ergeben gemeinsam einen tieferen Sinn.

Bertrand: Ich finde schon, dass es ein Konzeptalbum ist. Das Album möchte Lösungen für gesellschaftliche Probleme anbieten. Wenn wir jetzt “Peaceful Warriors”, also friedliche Krieger sind, ist das Album unser Statement.

Thomas: Die Musik ist unser Mittel, einen kleinen Beitrag zu leisten und die Welt etwas besser zu machen. 

Am Ende eures Videos “Peaceful Warriors” steht: “Mir geben in Löffel net o!” – was soll das bedeuten?

Ariel: In unseren Videos kommen immer Holzlöffel vor, was uns sehr wichtig ist. Das ist 2014 beim Miracle Hill Festival entstanden, als der Völser Bürgermeister das Festival abgesagt hatte. Daraufhin hat eine kleine Gruppe in Bozen eine Bewegung gestartet, die Widerstand leisten wollte. Das Symbol war der Holzlöffel – ein sehr starkes Symbol, da früher jeder Krieger seinen eigenen Löffel geschnitzt hat und diesen immer dabei hatte. – Der Löffel ist einfach ein Symbol dafür, dass wir selbstständig sind und uns vertrauen. Sobald man den Löffel abgibt, hat man das Vertrauen in sich verloren. Das soll jetzt keine Polemik gegen die Politik sein.

Bertrand: Die Politik ist ja nur eine Sparte auf der Welt, die es gibt.

Peter: Der Löffel soll kein Zeichen gegen etwas, sondern vielmehr ein Zeichen für etwas sein.

Was ist nun in den nächsten Monaten geplant?

Bertrand: Das Album “Peaceful Warriors” ist jetzt am 27. Februar 2016 herausgekommen und kann nur bei unseren Konzerten gekauft werden. Ab 5. März 2016 ist es digital auf iTunes, Amazon oder Spotify zu haben. In Deutschland, Österreich und der Schweiz geht die CD ab 25. März online und in die Geschäfte. Was die Band betrifft, haben wir in nächster Zeit massenhaft Konzerte: Bozen, Meran, Wien, Innsbruck, Bruneck, Reggio Emilia, Regensburg, London, Berlin, Imst, Rovereto, Bologna, München und viele weitere Orte mehr. Bis Juli spielen wir 26 Konzerte.

London sticht von dieser üppigen Liste natürlich besonders heraus, wo spielt ihr da?

Bertrand: Wir spielen im Passing Clouds, einem der geilsten Live-Lokale in London – das ist fantastisch! Das hat uns ein Kollege organisiert.

Welcher der Titel auf dem Album gefällt euch persönlich am besten? Wer möchte antworten?

Alice: “Tout le monde”. Da singen wir in vier verschiedenen Sprachen. Das ist ein ganz besonderer Titel.Was würdet ihr sagen, ist denn positiv und negativ an Südtirols Musikszene?

Bertrand: Positiv ist, dass es sehr viele Bands gibt und sehr viele gute Musiker. Ich habe eine Zeit lang in London gewohnt, aber ich sehe hier bei uns dasselbe Potenzial an Talenten. Es gibt auch viele Events und Festivals und ganz allgemein viele Leute, denen Musik sehr wichtig ist. Ich finde, dass Südtirol für eine Band eine sehr gute Homebase ist. Was meiner Meinung nach fehlt, sind die Institutionen, die dieses Talent fördern – es wird eher aufgehalten, wie beispielsweise beim bereits zitierten “Miracle Hill Festival”. Musik wird vom Land nicht wirklich anerkannt. Denken wir nur einmal an die BLS, die hierzulande Filme unterstützen – für die Musik gibt es eigentlich nichts. Des Weiteren gibt es auch so gut wie keine Labels oder Firmen, die Musik professionell in die Welt bringen. Das finde ich schade, weil ich überzeugt bin, dass wir dadurch auch viel mehr Musiker von außerhalb anziehen würden. Heute müssen junge Leute in die Großstadt gehen, um ein Label zu finden, was ich schlicht Scheiße finde. Dort gibt es keine frische Luft, kein gutes Essen und viel zu viel Konkurrenz.

Thomas: Ein paar Labels gibt es schon auch in Südtirol, aber die sind halt sehr klein…

Bertrand: Ja, aber ich rede von internationalen Sachen. – Und ein Problem, das wir nun mit unserem neuen Album hatten: Es gibt in Bozen keine Location für ein ordentliches Album-Release-Konzert. Wir spielen oft im Pippo, wo jedoch nur 130 Leute rein dürfen. Uns ist es schon passiert, dass vor der Tür weitere 100 Fans gewartet haben und nicht reingekommen sind. Das ist einfach ein sehr negativer Aspekt von Bozen, es gibt keinen größeren Platz, um eine CD-Release zu machen, damit mehrere Leute kommen können.

Thomas: Eine größere Halle für 300 oder 400 Leute würde es schon brauchen…

Bertrand: Wie das Treibhaus in Innsbruck oder das UFO in Bruneck. Da spielen Leute aus der ganzen Welt, aber gleichzeitig auch lokale kleinere Gruppen. In Bozen gibt es so etwas nicht. Da haben wir oft nicht einmal alle auf der Bühne Platz.

…und so etwas wie das Vereinshaus in Gries?

Bertrand: Da geh ich aber lieber ins Pippo, weil es ein Live-Lokal ist…

Thomas: Klar, gibt es das Waltherhaus, Schloss Maretsch oder das kleine Stadttheater. Aber wir sind ja keine Jazzband, bei der man während der Vorstellung sitzt. Bei Shanti Powa müssen die Leute die Möglichkeit haben zu stehen und zu tanzen.

Abschließend eine etwas direkte Frage: Könnt ihr eigentlich von den Alben, Touren oder Konzerten leben?

Peter: Ich glaube, unser primäres Ziel ist, es uns zu finanzieren.

Thomas: Im Moment können wir noch nicht davon leben, aber Ich finde es überhaupt schon geil, dass wir als Band die Möglichkeit haben, an so vielen tollen Orten wie London oder Berlin zu spielen. Mich persönlich würde es freuen, wenn das Projekt Shanti Powa stetig wachsen würde, damit wir eines Tages von der Musik leben können. Aber wir sind halt viele.

Bertrand: Ich bin überzeugt davon, dass wir viel erreichen können, wenn jede_r der dreizehn Mitglieder sein Talent voll ausschöpft und sich voll in die Band einbringt.

Ariel: Genau, im Endeffekt hängt es von uns selbst ab. Wir zeigen ja schon eine gewisse Unabhängigkeit mit diesem Album – wir haben einen eigenen Grafiker in der Band, einen Regisseur für das Video und so weiter.

Thomas: Ich glaube, wenn man wirklich will, kann man so einiges erreichen. Das hängt auch von der guten Konstellation der Leute ab. Klar sind wir ein Teil des Systems, wir möchten es aber auch verändern und schließlich etwas kleines Positives im großen Ganzen werden.

Ariel: Die Musik vereint uns. Ohne die Band würden wir uns ja eigentlich gar nicht kennen. Sogar beim ersten Konzert waren wir noch Fremde.

Thomas: Ich möchte noch abschließend sagen, dass wir mittlerweile wirklich enge Freunde geworden sind – wir telefonieren jeden Tag und arbeiten einfach eng zusammen. Für mich ist das hier nicht einfach eine Musikband, sondern eine zweite Familie.

Fotos: (1) Shanti Powa by WILD ZOO Entertainment; (2+3) franzmagazine

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