Music

March 4, 2016

‘Mare’ + ‘Monti’ von Zolf & Saturn. Musik zum ‘Oarkemmen’ von einem Getriebenen

Kunigunde Weissenegger

Einerseits Mare, andererseits Monti. Extreme, die sich alternieren, komplettieren, faszinieren. Endlich ist es soweit, lange haben wir darauf gewartet und es bereits Ende 2015 als eines der besten Alben betitelt, wobei es noch nicht einmal erschienen war. Die Geduld hat sich gelohnt, die Neuerscheinung lässt in kühnste Köpfe Ehrfurcht fluten. EP Nummer eins, ‘Mare’, ist Mitte Februar 2016 erschienen, EP Nummer 2, ‘Monti’, erscheint im April 2016. “Musik für gutes Reisen”, umschreibt Manuel Oberkalmsteiner selbst die Neuerscheinungen. Das Experimentierfeld und Soloprojekt Zolf & Saturn, (“das ich nur mit mir allein ausmachen muss”,) gibt es schon ewig, “2006–07–08…” (?) – eigentlich auch nicht wichtig!

“Es begann alles in Berlin”, während eines “dreieinhalbjährigen Auslandssemesters” (verlängerte sich um Praktikum und Diplomarbeitschreiben), beim Experimentieren mit dem Musikprogramm Ableton Live. In dieser Zeit entstanden viele Skizzen, Cowboy Without a Horse, Zusammenarbeiten mit Peter Kompripiotr Holzknecht, Elektropunk-Zeug und unter anderem auch die 12 Tracks für ‘Mare’ und ‘Monti’. “Am Ende hatte ich 40–50 Stücke, mit denen ich nicht recht wusste, wohin. 2008 (zirka!) habe ich eine Woche in einem Schwefelbadgebiet bei Saturnia in der Toskana verbracht, dort alles sortiert und dabei ist Zolf & Saturn entstanden. “Das allererste Lied war übrigens ‘Almrauschen’ – das passte nun auch ganz gut auf ‘Monti’ rauf.”“Viaggio”. Ist eines seiner Lieblingswörter. Die perfekte Musik für unterwegs. (Vielleicht manchmal am besten allein (?) denke ich sofort im Gespräch mit ihm…) “Auf dem Fahrrad, im Kopf, am Meer”, meint Manuel Oberkalmsteiner. – Oder – überlege ich beim Hören von ‘Mare’ – hastig wie durch eine Steinwüste schwebend; der Gedanke schweift und du siehst dich auf einem Brett Dünen abreiten, der Blick schweift und du treibst dein Fahrrad im Galopp durch die City, der Tritt schweift und du gleitest einen Berg hinan. – Ich reise. Defintiv.

Treibsand. “Unterwegs bin ich gern, aber leider nicht immer (da ich auch einen Job habe)…” Viele Stücke entstehen – auch – auf Reisen. Töne, Klänge und Geräusche bilden den Unterbau für ‘Mare’ und ‘Monti’ und entstammen der Türkei, Griechenland, den Straßen von Burma, Menschen und Tieren (?), den Almwiesen am Rittner Horn oder einem Live-Set in Innsbruck. Zwei Stücke sind auf einem Campingplatz in der Toskana entstanden, andere im Zug oder im Flugzeug. Die beiden Alben erscheinen als Postkarte mit Download-Code: jeweils 5 Tracks plus ein Bonus und ein Auszug aus einem Liedtext: >>In love with these endless days, the summer keeps us warm, keeps us close, hear the ocean roar, the time has come again to be myself.<< – auf ‘Mare’. Download beider Alben direkt von Bandcamp geht auch: zolfsaturn.bandcamp.com Subtilität. Einzelne Rhythmen, Schläge, Flächen verbinden sich mit Stimme, elektronischen Instrumenten, türkischer Gitarre und Telecaster-Gitarre, bauen sich zu Klanglandschaften, Kondensstreifen. “Augen zu und reisen, diese Musik schickt dich gut weg,” meint der Musiker. Field Recordings sind auf beiden EPs subtil präsent. “Nicht so offensichtlich wie bei Knrrz“, einem anderen gemeinsamen Projekt von Manuel Oberkalmsteiner und Peter Kompripiotr Holzknecht. Experiment und viel Platz für Uneindeutigkeit und Phantasie. 

Kryptik. “Im Vordergrund steht für mich immer die Musik (außer bei Manni Mascarpone, wo der Text sehr, sehr wichtig ist). Für mich funktioniert zuerst die Musik, dann erst die Texte. Die Texte sind sehr unkonkret.” Zitat aus Black Horn auf Monti: >>Waiting for emptiness, silence is golden – black horn, you’ll see me soon, black horn, come to you.<< “Die Texte sind auch nicht ‘Mare’- oder ‘Monti’-spezifisch, es geht vielmehr um Befindlichkeiten, um stati d’animo.” – Seine Befindlichkeiten (vielleicht?), kryptisch, verborgen, schemenhaft, widerhallend. “Mein Ziel war es, die Stimme als Instrument zu benützen. Es muss nicht alles verstanden werden.” – Auch die Titel nicht. Zolf and Saturn 2016Wortfetzen. >>Hungry Wolves. Ventolin. Suntrail. The Last Time. Balik. Fahrrad Fahren.<< Diese sechs Tracks bedeuten für Manuel Oberkalmsteiner Meer. “Der Titel ist ein notwendiges Übel, ein Arbeitstitel.” Ventolin ist vollkommen unidyllisch ein Asthmagerät, erinnert aber an Wind und Meer. “Für mich geht es grundsätzlich um die Stimmung, die mit einem fertigen Stück vermittelt wird; ob ich eher an einem Meeresstrand liege oder auf einer Almwiese.” Inspiriert wird Zolf & Saturn bei der Titelgebung von der Umgebung, von Aussichten, Unmittelbarem. >>Almrauschen. Black Horn. Heart of Noise. Zuhause und Zurück. Oarkemmen.<< – die Titel auf ‘Monti’.  

Junkie. “Ich muss mich mit Musik beschäftigen. Wenn ich im Urlaub an einem Strand bin, mit Freunden, Freundin, ich die Ruhe höre, die Augen schließe, das Wellenrauschen und Zirpen höre, dann ist das für mich Musik und immens entspannend. Und ich muss mich mit dem Gehörten auseinandersetzen und es verarbeiten.” Das meint Manuel Oberkalmsteiner mit “abhängig sein”. “Ich habe entweder den Laptop mit oder den Fieldrecorder und immer mein Notizbuch.” Letzteres ist voll mit Einträgen und Ideen, wie etwas umgesetzt werden könnte, auch Konzepten, wie beispielsweise für ‘Mare’ und ‘Monti’, die im Sommer 2015 auf Sardinien Form angenommen haben.

Field Recording in Feinstform. Laos, Flughafengeräusche, Grillen, 50 verschiedene Arten von Meeresrauschen, Menschenstimmen auf Märkten, Traktoren in Burma. Sein Archiv von Audioaufnahmen ist immens. Überall, wo er war, nimmt er sich die Klänge mit nach Hause. Die Länge variiert zwischen 1 Sekunde und kurzen Schlägen bis zu 1–2 Minuten und längeren Sequenzen. “Nach ‘Mare’ und ‘Monti’ möchte ich wieder etwas mehr Richtung Ambient gehen und intensiv mit Field Recordings arbeiten.” Als ob er unablässig auf der Suche wäre, getrieben, unruhig, bewegt.Manuel Oberkalmsteiner - Zolf & Saturn

Manuel Oberkalmsteiner - Zolf & Saturn

Fotos: (1) Zolf & Saturn performing @ Jump Eppan (c) franzmagazine; (2) Zolf & Saturn, (3+4) Zolf & Saturn auf dem Weg (c) franzmagazine

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