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February 24, 2016

Diktatoren als Pubertätsakne der Menschheit: Gunkl in der Carambolage Bozen

Christine Kofler

Am vergangenen Wochenende fand sich junges und älteres, aber auch mittelaltes Publikum in der Carambolage in Bozen ein. Einige trugen Krawatten, andere nicht und als es um halb neun Uhr abends dunkel wurde und nur mehr ein einziger Lichtstrahl die Bühne beleuchtete, war bereits einiges an Bier und Wein, an kleinen Snacks mit Schinken oder auch Käse die anwesenden Speiseröhren hinuntergerutscht. Der Abend begann mit Blitz und Donner. Die Gäste erfuhren, dass im Wiener Gemeindebau der 80er-Jahre jeder eine Mitzi-Tante (Mitzi=Maria) hatte und so auch Gunkl, der österreichische Kabarettist, der eigentlich Günther Paal heißt, und der als Kind schon “ab Werk” passte und sich viele Gedanken machte. Zum Beispiel über das Kasperltheater, dass er immer dann im Fernsehen verfolgte, als er bei seiner Tante Mitzi war, und dass er, vor allem die obligatorische, wiederholt gestellte und unnötige Frage “Seit ihr schon alle da?”, – Pardon – schwachsinnig fand. 

Kasperltheater und Religion. Was den Kindern das Kasperltheater, sind den Erwachsenen Motivationsseminare oder die Religion. Das zugrunde liegende System, so Gunkl, ist dasselbe.  Der Gruppendruck hält all jene Personen, die Teil dieses Systems sind, davon ab, zu fragen, was sich jeder insgeheim denkt, nämlich ob das überhaupt stimmt, was behauptet wird. Je unglaublicher die Behauptungen sind, umso näher rücken alle zusammen und glauben. Gunkl verwandelt Religion nachvollziehbar zum “Stockholmsyndrom mit selbsterfundenem Geiselnehmer” und erklärt dies mit einem Teil unseres evolutionären Erbes – der Tatsache, dass der Mensch einst nur in der Gruppe Bestand hatte. Dieser Teil steht mit einem anderen Teil des evolutionären Erbes, die Lust an der Erkenntnis, die im Nucleus accumbens sitzt, in Widerstreit und so befindet sich die Menschheit weiterhin in einer sich ewig hinziehenden Pubertätsphase.

So Sachen – Ein Stapel Anmerkungen”. Wer noch mehr wissen möchte, zum Beispiel warum es 540 Millionen Möglichkeiten gibt, sich die Schuhe zu binden, außerdem hintergründigen, klugen Witz mit einer Prise schwarzen Humor mag, ist in Gunkls Kabarett bestens aufgehoben. Der “Experte für eh alles” tritt seit den 1990er-Jahren als Kabarettist und Musiker auf. Aktuell steht er mit seinem Soloprogramm “So Sachen – ein Stapel Anmerkungen” auf der Bühne. Nächste Termine unter webattack.izone.at/gunkl/gunkl_termine.php

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