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February 16, 2016

Der dritte Raum:
“Bombenjahre” bei den VBB

Christine Kofler
55 Jahre nach der Feuernacht bringt das aufwendige Dokumentartheaterstück "Bombenjahre" der VBB Historiker, Journalisten und ZeitzeugInnen zusammen und lädt BesucherInnen ein, ihre Sicht auf die Ereignisse der 1960er-Jahre zu hinterfragen.

An einem einzigen Abend Schützenkommandant Elmar Thaler und Ex-Alleanza-Abgeordneten Mauro Minniti, ehemaligen Mitgliedern der BAS und dem Digos-Beamten Vinicio Marcomeni, Historiker Rolf Steininger und Eva Klotz zu begegnen, passiert höchstens in einem sehr seltsamen, sehr verschrobenen Traum. Im echten Leben besetzen diese Personen einen abgegrenzten gesellschaftlichen Bereich. Im Dokumentartheaterprojekt “Bombenjahregehen diese sozialen Räume unter dem Dach der Vereinigten Bühnen Bozen auf. Während der erste und letzte Teil des Stücks auf der Hauptbühne spielen, verteilt sich der “Zweite Akt” auf das ganze Haus. Doch eins nach dem anderen. 

Teil 1: Viel- statt Einstimmigkeit
Schon der erste Teil des Theaterabends kündigt die Intention des Regisseurs Alexander Kratzer an: Fragmentierung anstelle von kohärentem Erzählen, Multi- statt Zentralperspektive, Viel- statt Einstimmigkeit. Die erste Stunde ist eine Collage aus persönlichen Meinungen – unter anderem von Eva Klotz, Rolf Steininger und Ubaldo Bacchiega, einem Opfer der Feuernacht  – den O-Tönen Magnagos, Videointerviews mit dem “Puschtra Bua” Siegfried Steger, mit Martha Ebner und dem Politikwissenschaftler Franz Eder. Dazwischen erklingen die Töne der Musicabanda Franui

Teil 2, # 1: Von Heldinnen und Historikern
Am Beginn des zweiten Teils stehen zwei Stimmen, die kaum weiter voneinander entfernt sein könnten. Während im Raum hinter der Bühne erst Herlinde Molling über ihre Rolle in der BAS spricht, referiert anschließend Rolf Steiniger, inzwischen emeritierter Professor für Zeitgeschichte an der Uni Innsbruck, über die Bombenjahre und ihre Folgen. Als die heute 81-jährige Nordtirolerin Herlinde Molling von den Sprengstoffschmuggel-Fahrten im Sportschlitten erzählt, schwingt Abenteuerlust mit. Für Zweifel am eigenen Tun lässt die romantische Verklärung der Vergangenheit keinen Platz. Dann legt Rolf Steininger, mit der einem Universitätsprofessor eigenen Autorität, die in der Geschichtswissenschaft inzwischen als gesichert geltende These dar, dass die Südtiroler Autonomie nicht wegen, sondern trotz der Bombenjahre zustande kam. Dass Herlinde Molling, wie Steininger meint, Märchen erzählt, mag stimmen. Trotzdem überrascht die Polemik. 

Teil 2, # 2: 14 Schauplätze und eine Live-Übertragung
Die beiden konträren Positionen zu den Bombenjahren bilden eine große Klammer für die vielen Stimmen, die TheaterbesucherInnen in der darauffolgenden Stunde entdecken  können. An jeweils 14 Schauplätzen, in kleinen Containern vor und im Theater, sprechen – unter anderem – Zeitzeugen wie Arnold Dibiasi und Siegmund Roner, die Journalisten Umberto Gandini und Christoph Franceschini, der ehemalige Tiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner, Schützenkommandant Elmar Thaler, Digos-Beamter Vinicio Marcomeni in gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre über ihre Sicht auf die Bombenjahre. Siegfried Steger ist über Skype zugeschaltet. Indem die Besucher auf einen Trip durch das Haus geschickt werden, loten die VBB die Grenzen des Mediums Theater aus. Der Besucher entscheidet sich selbst für eine Perspektive und lässt sich entweder in seiner vorgefertigten Meinung bestätigen oder versucht, diese gezielt durch einen anderen Zugang zu brechen. Schade nur, dass nicht mehr Zeit bleibt, die vielen Meinungen zu entdecken.

Teil 3: Drei Stunden Südtiroler Zeitgeschichte
Auch deshalb schade, weil der dritte und letzte Teil des Stücks,  gestaltet von Jugendlichen, zwar gut gemeint ist, aber die doch differenzierte und tiefe Betrachtung der Thematik wieder herunterbricht auf einige kaum überraschende Textsequenzen. Trotzdem liegt in dieser konsequenten Vielstimmigkeit die große Stärke dieses außergewöhnlichen und aufwendigen Dokumentartheaterstücks. Die vielen Wahrheiten bezüglich der Bombenjahre, die historische Wahrheit und die Wahrheit jener, die diese Geschichte geschrieben haben, dürfen ohne Hierarchisierung nebeneinander bestehen und ihren Platz im Diskurs einnehmen. Damit öffnet sich eine Art “third space”, in dem die Differenz als Voraussetzung für eine gemeinsame Erinnerungskultur anerkannt wird.

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There is one comment for this article.
  • Dag R Forner Dipl Ing · 

    Herr Historiker Rolf Steininger ║ tv ║ 07.02.2018 18:26:53
    Sehr, sehr geehrter Historiker Rolf Steininger; … Es macht wirklich nur sehr wenig Spaß die Dinge zu beobachten. Bei Ihrem wirklich starken Verlangen von u zu Gerechtigkeit! Gerechtigkeit ist nur eine Vorstellung im Bewußtsein!? Wie viele Bücher sind schon – im besonderen von Schweizer Journalisten – als völlig unmöglich zerrissen worden; als total an den Haaren herbeigezogen worden; als frei [z]erfunden worden? Die waren alle in Auschwitz, nur gerade dort waren sie nicht!
    Es ist eine Wahrheit die noch gefunden werden muß. Lügenpresse – Wahrheitspresse? Es ist erschreckend; wie der doofe HITLER zum Nazi wurde; zum Nazi werden konnte, zum Nazi werden mußte!? Daß man mal etwas erfährt, was geradezu mit Absicht verfälscht wurde. Aber kann uns das die Augen verdrehen über das eigene Land? Wenn alles so einfach wäre – da haben Sie unbedingt Recht. Nur, da ist noch eine Nuß zu knacken. Vielbeklagt von gewissen Leuten. Wie war das bei der Amtseinführung des Versagers Adolf? Ein Buch gibt darüber Auskunft: „Hitler war ein Britischer Agent!“ Das Buch wurde jetzt – man denkt es zu Recht eigenartig – zuletzt ins Deutsche übertragen. Wie kann man von einem Mann ein Wohlwollen gegenüber dem Deutschen Staat erwarten, der im Dienst einer fremden Macht stand? Um die Sache mehr zu verdeutlichen, warum sagt uns Niemand, daß der Großkopf Adolf perfekt sprach Englisch sprach und Französisch? Wo war Hitler in der Zeit zwischen 1911 und 1914? Er war in England und Irland. Eigenartig, da gibt es eine Lücke in dem Geschichtsbewußtsein gewisser Leute. Das Victorianische Zeitalter mit anderen Mitteln läßt grüßen. Da gibt es Leute, die einen perfekten Überläufer erzeugen.
    Da ist zu sagen; selbst Göbels war nur belogen‼ Man sieht das in seinen Tagebuchaussagen; die doch bestimmt nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Selbst der Göbels belogen. Der Trommler belogen!? Die Lüge Zieht sich durch alle Bereiche.
    Noch etwas zur Unwahrheit. Die Deutschen hatten die Atombombe. „Und sie hatten sie doch!“ von Edgar Mayer & Thomas Mehner Koop (ISBN 978-3-86445-296-3). [Spektakuläre neue Indizien bestätigen: Hitler verfügte über die Atombombe]. Wie sich zeigt wurde das Biest Hitler gefragt‚ ob er die A-Bombe einsetzen wollte? Die Antwort war ‚NEIN‘! Er wollte die A-Bombe nicht einsetzen. Man hatte dem Biest Hitler gesagt, daß 1oo.ooo Deutsche bei dem Abwurf sterben würden. Das ist aber nur ein Halm in der Vergangenheit. Warum dann marschierte der fiese Adolf in Polen ein? Das muß man sagen, daran ist Sir Winston Churchill schuld. Der Mann ging in der Zeit des bestehenden Hitler-Stalin Paktes nach Moskau und gab Generallismus Stalin die Genehmigung, in Polen, so viele polnische Offiziere zu morden, wie er es für richtig hielt – natürlich nach dem Einmarsch in Polen. Die polnischen Piloten kämpften in IHREN eigenen Flugzeugen (die sie aus Polen) gegen die Göring-Luftwaffe und gewannen so die Schlacht um England. Später, als die riesigen Haufen Leichen von Kathyn …
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    Die Horten Brüder hatten ein völlig neues Flugzeug entwickelt mit Genehmigung von Göring . Einen Nurflügel-Jäger. Ein Jäger der seiner Zeit um Jahrzehnte voraus war und England in einen Notstand bei Verteidigung und Radarabwehr gebracht hätte. Das sind Aussagen der Spezialisten, die die Maschine in den USA nachgebaut haben und getestet haben. Vor dem Einsatz verlangte Hitler; die Maschine in doppelter Größe zu erhalten, um den Kampf in die USA zu tragen. Er gab den letzten Kriegsentscheidenden Vorteil auf mit einer Ausrede – er wußte um die Kriegsentscheiden Auswahl – er wußte daß das Model sofort aus dem Abwehrkampf genommen werden mußte – das Modell hätte im letzten Moment den Krieg entscheidend gewendet. Das mit dem Krieg in die USA tragen – ein haltloser Einwand – es fehlte die Zeit. Der Krieg war zu in seinem Ende gekommen.
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    Bischof Galen-Predigt NS Euthanasie immerwährender protestierend gegen Nationalsozialismus und besonders gegen Hitler – was tat England? England zerstörte seinen Dom – die Kirche in der er predigte auf den Grund vollständig. Die Engländer äscherten total seine Stadt ein – obwohl sein Dom und seine Stadt keinerlei strategische Bedeutung besaßen.
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    Die beiden Bücher sind es bestimmt Wert gelesen zu werden.
    Mit herzlichem Gruß Dagobert R Forner
    Dag R Forner Dipl Ing 50169 Kerpen – forner@athenus.de
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    Greg Hallett Neuseeland. ˃ ISBN: 0-473-10453-9 “Hitler was a British Agent” ǂ 6oo Seiten
    Jetzt auch übersetzt ins Deutsche!!! → ‚Hitler war ein Britischer Agent‘ ISBN 978-0-9852278-1-4
    Edgar Mayer + Thomas Meyer ˃ „Und sie hatten sie doch“ / (die A-Bombe) ǁ CD von Coop
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    Viktor Suworow ˃ ISBN: 3-608-91511-7 „Der Eisbrecher – Hitler in Stalins Kalkül“ 450 Seiten
    P.S. Sir Winston Churchill bei Stalin in der Zeit ‚Hitler Stalin Paktes‘ Stalin empfing Hinweise …
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    Edwin Black ˃ ISBN 0-02-511130-2 „Theo Transfer Agreement“ The Untold Story