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January 21, 2016

“Die treibende Kraft ist die Liebe…” Autorin Birgit Unterholzner im Interview

Maximilian Mayr

Als Autorin von Romanen, Erzählungen, Kinderbüchern und nicht zuletzt durch die gemeinsame Arbeit mit Herbert Rosendorfer für die “Literatur am Samstag”- Seite der Dolomiten, hat sich Birgit Unterholzner über Südtirols Grenzen hinaus  einen Namen gemacht. Am 25. Jänner 2016 erscheint nun ihr neues Kinderbuch “Auf meinem Rücken wächst ein Garten“. Über diese Neuerscheinung, ihre Inspirationsquellen und vieles mehr hat die Schriftstellerin mit uns gesprochen.

Birgit Unterholzner, was gefällt dir an Literatur?

Die schöne Sprache, die Psychologie der Geschichten, verschiedene Erzählperspektiven und Denkansätze.

Wer sind deine Literarischen Vorbilder? Wo oder bei wem findest du deine Inspiration?

Gegenwärtige Autorinnen und Autoren, die ich sehr schätze, sind die Israelin Zeruya Shalev, die Kanadierin Alice Munro, der Österreicher Arno Geiger, die Deutsche Judith Hermann, die Irin Anne Enright und die Italienerin Milena Agus.

In deinem 2013 erschienen Roman „Für euch, die ihr träumt“ geht es um Liebe, Familie und Selbstfindung. Themen, die auch in anderen Büchern von dir, wie etwa “Die Blechbüchse”, eine zentrale Rolle spielen. Was interessiert dich an diesem Thema?

Liebe, Familie und Selbstfindung sind die Konstanten, die uns ein Leben lang  begleiten. Die wirklich treibende Kraft für alles, was auf der Erde geschieht, ist wohl die Liebe. Manchmal kann Liebe verheerende Folgen haben. Wenn wir an die Gottesliebe islamischer Extremisten denken und sich Liebe in ihr Gegenteil verkehrt. Dann gibt es die Familie, sie beschenkt, behütet, umsorgt, begleitet uns und sie hat ihre Tücken, Familie konditioniert, belastet und schränkt ein. Die Suche nach dem Selbst, nach meiner Aufgabe in diesem Dasein, ist für mich eine wertvolle und auch schöpferische Herausforderung.

Gemeinsam mit Herbert Rosendorfer hast du über Jahre Geschichten für die Samstagsausgabe der Dolomiten aufgelesen – eine Arbeit, die du bis vor kurzem fortgeführt hast. Welche Bedeutung hatte Herbert Rosendorfer für dein Leben?

Er war ein älterer und väterlicher Freund. Ein- oder zweimal im Jahr trafen wir uns zum Mittagessen und unterhielten uns über Literatur.

Was nimmst du von deinen Bildungsreisen nach Indien, Thailand, Mexiko, Namibia oder in die Sahara mit?

Landschaften, Gesichter von Menschen und Begegnungen, Farben, Lärm oder die Stille, den Sternenhimmel, Hitze, Kälte, Düfte und Gestank, kulinarische Erlebnisse jeglicher Art. Birgit Unterholzner, Opa (c) birgit unterholzner

Neben Romanen und Erzählungen schreibst du auch Kinderbücher. Dein neustes Werk trägt den Titel “Auf meinem Rücken wächst ein Garten” und es erscheint am 25.1. 2016. Was kannst du uns darüber sagen?

In diesem Bilderbuch geht es um Erinnern und Vergessen, um die Beziehung zwischen Fido und seinem Großvater. Fido wächst, lernt und geht aufs Leben zu, der Großvater schrumpft, auf sein Gedächtnis ist wenig Verlass und er hat nicht mehr viel Zeit. Trotzdem gibt es viel, worüber die beiden lachen müssen. Das Buch erzählt von der unvergleichlichen Liebe zwischen einem Enkel und seinem Großvater.

Bist du im Moment an weiteren Projekten beteiligt?

Im nächsten Jahr erscheint voraussichtlich wieder ein Kinderbuch. 

Worüber schreibst du? Was bewegt dich?

Das Leben, die Menschen bewegen mich; und über das Leben schreibe ich.

Wie schätzt du das Klima in Südtirol für freischaffende AutorInnen ein? Was ist positiv, was könnte verbessert werden?

Es gibt sehr gute Literatur in Südtirol. Allerdings ist das Schreiben ein einsamer Prozess. Das führt dazu, dass Schreibende sich als Einzelkämpfer empfinden. Für die kreative Entwicklung kann der literarische Austausch mit anderen Autoren wichtig und hilfreich sein. Vielleicht würde ein gemeinsames Forum, beispielsweise ein Literaturhaus helfen, Literatur als gemeinsame Aufgabe zu empfinden und voranzubringen.   

Was würdest du jungen AutorInnen mit auf den Weg geben?  

Sich auf das Eigene und Wesentliche konzentrieren, nur beste Bücher lesen, den Literaturbetrieb und seine Eitelkeiten nicht zu wichtig nehmen.

Dein größter Traum für die Zukunft ist…

Das klingt banal, aber ich denke wirklich so: ein erfülltes und langes Leben, umgeben von Menschen, die ich liebe, Gesundheit und Frieden.

Birgit Unterholzner: geboren 1971 in Bozen in Südtirol; Studium der Germanistik mit Zeitgeschichte, Geografie und Medienkunde (Abschluss 1995), Studienaufenthalte in England; Bildungsreisen nach Indien, Namibia, Thailand, Mexiko und in die Sahara; mehrjährige Lehrgänge in den Bereichen Theaterpädagogik und Forumtheater; Mittelschullehrerin für literarische Fächer und Fachberaterin für Theaterpädagogik; literarische Veröffentlichungen in Kulturzeitschriften, Katalogen und Anthologien; lebt heute als freie Schriftstellerin in Bozen in Südtirol.

“Auf meinem Rücken wächst ein Garten”, Birgit Unterholzner (Text) + Leonora Leitl (Illustrationen), Picus Verlag Wien, 2016, ISBN: 978-3-85452-190-7: Opa ist ein bisschen aus dem Takt, sagt Fido. Opa hat Demenz, sagt Mama. Jedenfalls bringt Fidos Opa gehörig viele Sachen durcheinander. Nachts geht er einfach spazieren und vergisst, wo er wohnt, er sucht seine Schuhe im Backofen und wenn er in einen Apfel beißt, ruft er: Mmmh, was für eine leckere Kartoffel! Fido begleitet den Opa auf seinen Spaziergängen und erkundet mit ihm eine Welt, in der die Dinge ein wenig anders sind.

Buchvorstellung und Lesung: 11. April 2016 @ Carambolage, Bozen, 18h, begleitet von der Puppenspielerin Eva Sotriffer.

 Aufmacherfoto: Birgit Unterholzner (c) Manuela Tessaro; Bild  aus “Auf meinem Rücken wächst ein Garten”: (c) Birgit Unterholzner 

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Comments

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There is one comment for this article.
  • Franz Unterholzner · 

    Hallo liebe Birgit,
    dieser Roman würde mich Interessieren zu lesen.
    Denn ich stamme aus einer Arbeiter Familie in eimem kleine Dorf und da wahr statt dem Familien Glück mit Liebe die Arbeit im Vordergrund. Deshalb was ich von meinen Eltern nicht bekommen habe, versuchte ich in der Hoffnung es an meinen beiden Söhnen besser zu machen. Ist auch ziemlich gut gelungen denn ich liebe und drücke sie immer noch gerne. Aber trotzdem leiden Sie ein wenig, weil unsere Ehe bzw. Familien Glück mit Harmonie durch unsere Eigenständigkeit nicht richtig mit den Gefühlen ausgelebt wurde. Aber jetzt bin ich wieder in meine Heimat allein gezogen und meine Söhne besuchen mich ab und zu was mich auch Glücklich macht.
    Viel Grüße
    Franz aus dem Chiemgau!