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December 4, 2015

“Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte.” Ein Literaturfestival in Neustift

Maximilian Mayr
Das internationale Literaturfestival "WeinLesen" soll ab Juni 2016 alljährlich in Kloster Neustift stattfinden. Als Kuratorin wurde gemeinsam mit Michael Stiller die Südtiroler Autorin Sabine Gruber verpflichtet. Wir haben sie am Rande der Medienkonferenz und Präsentation des Festivals getroffen.

Kloster Neustift vor den Toren der Domstadt Brixen – seit jeher eines der Kulturzentren des südlichen Alpenraums. Neben der spätbarocken Stiftskirche, der Klosterbibliothek mit ihren über 98.000 Bänden und dem Bildungshaus, ist der Weinanbau das Aushängeschild der Augustiner Chorherren in Südtirol. Es verwundert also nicht, dass ab Juni 2016 jedes Jahr genau hier das internationale Literaturfestival WeinLesen stattfinden wird, welches sein Augenmerk nicht nur auf das geschriebene Wort sondern auch auf die guten Eisacktaler Tropfen aus der umliegenden Region legen wird.

Das Land Südtirol unterstütze dabei dieses Projekt von Anfang an, wie mir Landesrat Philipp Achhammer erklärt: “Bereits bestehende Kulturelemente, und zwar die Literatur und der Wein, die in Neustift Tradition haben, werden zusammengeführt. Der Bereich Literatur muss in Südtirol noch weiter gestärkt werden und als klar war, dass Sabine Gruber und Michael Stiller für das Projekt gewonnen werden konnten, hat das Land sofort seine Unterstützung zugesagt. Wir hoffen, dass die interdisziplinäre Verbindung von Wein und Lesen hilft, neue Zielgruppen zu erschließen. Ich glaube, dass das Festival zu Diskussionen anregen wird, dafür sorgen auch die Namen der TeilnehmerInnen, auf die ich mich sehr freue.” 
Sabine Gruber wurde nicht zufällig als Kuratorin ausgewählt. Die Autorin kann auf eine lange Liste von Veranstaltungen, wie dem Symposion Gerhard Kofler in Bozen, Zusammenarbeiten mit Anita Pichler und Veranstaltungen von Kaltern bis Wien, zurückgreifen und hat vor rund 30 Jahren die Kulturtage Lana mitkonzipiert. Das Literaturfestival in Neustift wird die Autorin von “Stillbach oder Die Sehnsucht” gemeinsam mit dem Österreicher Michael Stiller leiten sowie das Konzept erstellen und die Auswahl der Autorinnen und Autoren treffen.

Die eingeladenen AutorInnen stammen zum Teil aus unterschiedlichen Ländern“, so Gruber, “und haben georgische, bulgarische oder auch afrikanische Wurzeln. Die Sprache des Literaturfestivals wird dabei aber Deutsch sein – das ist einfach aus organisatorischen Gründen nicht anders gegangen. Man kann das im übernächsten Jahr oder auch später ändern, wenn wir das zweisprachig machen wollen. Das muss man überlegen. Im Moment haben wir einfach aus pragmatischen Gründen Deutsch gewählt.” 
Erfolgreiche Schriftsteller, wie der Autor von “Die Entdeckung der Currywurst” – Uwe Timm – oder der Leipziger Buchmesse-Preisträger von 2010, Ilija Trojanow, werden vom 09. bis 12. Juni 2016 in Neustift zu Gast sein und aus ihren Neuerscheinungen lesen.

Dass sich Gruber  neben ihrer Tätigkeit als Organisatorin und Kulturschaffende auch als Schriftstellerin über die Grenzen Tirols hinaus ausgezeichnet hat, sieht man an der üppigen Liste von Preisen, die ihr bislang verliehen wurden, wie zuletzt der Veza-Canetti-Preis der Stadt Wien, benannt nach der Lebensgefährtin von Nobelpreisträger Elias Canetti. Diese Auszeichnung, die 2015 erst zum zweiten Mal vergeben wurde, ist für Sabine Gruber besonders wichtig, weil sie freie Schriftstellerinnen in Österreich auszeichnet: “Dieser Preis wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen, um Frauen verstärkt zu unterstützen, weil es tatsächlich so ist, dass Frauen weniger Literaturpreise bekommen als Männer. Wir haben jetzt auch die Situation in Österreich, dass in der oberösterreichischen Landesregierung keine einzige Frau sitzt und ich glaube, es ist wieder die Zeit gekommen, wo man Frauen verstärkt ins Licht rücken muss”, so die Südtiroler Schriftstellerin. Auch sei ein weiterer Roman in Planung, für welchen sie eine besondere Ausbildung gemacht habe, fügt Gruber hinzu: “Ich bin an einem Roman dran, der zu großen Teilen fertig ist. Ich war gerade in Bayern und habe dort in der Bundeswehr eine Ausbildung für Journalisten in Krisenregionen gemacht – aus Recherchegründen. Und das war für mich eine der interessantesten Erlebnisse in meinem Leben. – Wie verhält man sich in Häuserkampfsituationen unter Scharfschützengefahr? Ich fand das höchst spannend und davon wird auch das ein oder andere noch in den Roman einfließen.” 

Für junge Autoren und Autorinnen sei es das Wichtigste zu schreiben, viel zu lesen und einfach am Ball zu bleiben, sagt mir Gruber am Ende unseres Interviews. Dabei dürfe man sich aber keine Illusionen machen: “Der Beruf des Schriftstellers ist keiner, durch den man reich wird, das muss man vorab einfach sehen. Es braucht eine Leidenschaft, und wenn man sich zu dieser bekennt, ist das Finanzielle nicht vordergründig. Ich organisiere auch dieses Festival, weil es mir wichtig ist auch andere Einkommensmöglichkeiten zu haben. Ich versuche stets mir das Geld auch da und dort zu beschaffen, es kommt nicht nur von meinen Texten alleine.” Sabine Gruber fing ihre Karriere klein an, veröffentlichte Texte in Literaturzeitschriften, gewann ihren ersten Preis in Brixen 1982 und zwei Jahre später den Rai-Kurzgeschichten-Preis. Brixen nimmt also eine wichtige Rolle in ihrer Biographie ein: “Man könnte abschließend fast sagen, ich kehre jetzt nach Brixen zurück und bringe der Stadt etwas, was man mir gegeben hat.”

* “Vergeblich klopft, wer ohne Wein ist, an der Musen Pforte” – Platon 

Foto: Sabine Gruber (c) Karl-Heinz Ströhle

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