Kostümbildnerin Frida Parmeggiani: von der Kunst, Gefühle in Hüllen zu fassen

Theater und Oper waren ihre Welt. Als Kostümbildnerin war sie weltweit tätig, heute lebt Frida Parmeggiani zurückgezogen in ihrem Geburtsort Meran. An einem windigen Sommerabend sitzen wir im Freien eines Restaurants zwischen den Weinbergen. Mit ruhigem, aber kritischem Blick und leiser, fester Stimme erinnert sie sich an das intensive Leben als Kostümbildnerin für verschiedene Theater- und Opernhäuser unter anderem in Berlin, Hamburg, Zürich und Los Angeles. Frida Parmeggiani trägt schwarz, in der Künstlerbranche keine ungewöhnliche Farbe für Kleidung, nur ihr roter Lippenstift und das beinahe schwarze, kurze Haar mit dunkelrotem Schimmer sticht heraus.
Können Sie sich an den Moment erinnern, in dem Sie sich entschieden haben, Kostümbildnerin zu werden?
Ja, natürlich, das war im Schauspielhaus von Zürich: Ich sah eine hervorragende Aufführung des Stückes “The Changeling” der Schaubühne Berlin mit Regisseur Peter Stein und dem damaligen Starbühnenbildner Wilfried Minks. Ich war fasziniert. Es stand für mich fest, dieser Theatergruppe aus Berlin nachzureisen – nichts ahnend, dass sie zu dieser Zeit der Musentempel des deutschsprachigen Theaters war. Da in Westberlin noch die Mauer stand, war es keine Stadt, in die es viele hinzog. Ich verließ meinen Freund in Zürich und startete in Berlin mit einem Praktikum an der Schaubühne. Es folgte ein weiteres Praktikum an der Deutschen Oper, da auch das Musiktheater wie ein Sog auf mich wirkte. Durch die darauf folgende zweijährige Assistenz am Schillertheater lernte ich mehrere Regisseure und Ausstatter kennen, da dies ein Dreispartenhaus war, zusammengesetzt aus dem Schillertheater, dem Schlossparktheater und der Werkstatt – einem Experimentiertheater.
Diese Jahre sind mir als äußerst intensiv und arbeitsreich in Erinnerung. Bald fand mein Schaffen die Aufmerksamkeit eines Bühnenbildners des Hamburger Schauspielhauses, der mich als Kostümbildnerin engagierte. Nach wiederum zwei Jahren wagte ich den Schritt zur freiberuflichen Kostümbildnerin, da ich es vorzog mit keinem fixen Ensemble zu arbeiten. So entkam ich den Intrigen der immer gleichen Leute im Haus.
Was steht am Anfang eines jeden Kostüms?
Am Anfang steht der Entwurf. Bei der Oper beginnt das Entwerfen mit der Musik, ich gehe der Musik nach und frage mich, welche Farben sie mir vermittelt. Nicht jede Musik hat strahlende, kräftige Farben, es können genauso Grautöne sein, die an Mauern oder Fresken erinnern. Das Kostümbild hat etwas mit der Malerei gemeinsam, beide versuchen sie durch Farben und Formen Emotionen auszulösen.
Wie knüpft die Opernwelt an die Realität an? Was will eine Oper dem Publikum vermitteln?
Erstmal lebt die Opernwelt von der Musik. Und die Musik – der wichtigste Part einer Oper – nimmt jeder Zuschauer anders auf. Die Inszenierung, also der restliche Teil, hängt natürlich vom Regisseur ab. Vor ihm liegt die Entscheidung, ob eine klassische Oper visuell mit historischen Kostümen in die Moderne transportiert wird oder nicht. Andere Varianten sind die zeitgenössische oder abstrakte Inszenierung. Mit dem Regisseur Robert Wilson habe ich in unserer 20-jährigen Zusammenarbeit vor allem abstrakte Kostüme entworfen, welche einen zeitlosen Charakter haben. Bei historischen Kostümen gibt es Fotografien und Malereien als Vorlagen. Ein abstraktes Kostüm hingegen ist an keine Zeit gebunden, es drückt viel mehr die einzelnen Figuren eines Stückes aus. Meine Aufgabe war es, die Figuren psychologisch zu erfassen und in Farbe, Form und Stoff auszudrücken. Die Wahl der Kostüme wird auch von der Musik beeinflusst, etwas Leichtes, Luftiges lässt an andere Töne denken als etwas Schweres, Dunkles und Düsteres.
Haben Sie jemals eine Premiere Ihrer Stücke ausgelassen?
Nein, das gehört einfach dazu. Die Premiere ist für eine Kostümbildnerin der Abschluss der Arbeit. Ich war nicht immer im Zuschauerraum und hab’s manchmal per Video in der Kantine verfolgt, weil ich Angst hatte, dass es nicht so läuft, wie erwünscht.
Frida Parmeggiani, geboren 1946 in Meran, zog als junge Frau nach abgeschlossener Schneiderlehre nach Zürich und arbeitete dort als Modezeichnerin. Nach dem Besuch einer Vorstellung der Schaubühne Berlin zog sie dieser Schauspielgruppe nach um bei ihnen ein Praktikum zu absolvieren. Darauf folgte eine Assistenz an der Deutschen Oper Berlin. 1976 war zum ersten Mal ihre eigenständige Arbeit am Schillertheater Berlin zu sehen. Von 1976 bis 1978 arbeitete sie am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Als freie Kostümbildnerin war sie danach unter anderem in Bremen, Düsseldorf und Berlin tätig. 1987 begann ihre Zusammenarbeit mit Robert Wilson. Mehrmals stattete sie den Ring des Nibelungen aus, beispielsweise für die Bayerische Staatsoper 1987. Eine andere wichtige Inszenierung war Black Rider [Uraufführung 31. März 1990, Thalia Theater Hamburg], für welche sie im Jahr 1990 von der Zeitschrift “Theater heute” zur besten Kostümdesignerin des Jahres ernannt wurde. Während der Jahre 1989 bis 2000 lehrte sie an der Hochschule für Angewandte Kunst Wien und ab 2002 am Mozarteum Salzburg Kostümdesign. Aus der Arbeitswelt zurück gezogen lebt Frida Parmeggiani nun in Meran in Südtirol.
Foto: Frida Parmeggiani