Franz TV

June 16, 2015

Vibrierende Sätze + pulsierende Wörter für alle: Morgenstern Poetry Slam Finale

Nadja Röggla

Beim Morgenstern-Finale 2015 im Sudwerk gewährten uns am Donnerstag, den 11. Juni, auch dieses Jahr wieder insgesamt 12 Poetry Slammer und -innen einen Blick in ihre Kopfkreationen. 
Wir lehnten uns  zurück, beobachteten vibrierende Wörter und pulsierende Sätze, die durch den Raum flogen, sich in unseren Gehörgängen verirrten, dann in den Köpfen Halt machten, um vielleicht sogar tiefer zu rutschen, und Herzen höher schlagen ließen. Sie hingegen standen schwitzend auf der Bühne, flüsterten, hauchten oder schrien ins Mikrofon.
Dabei schien es so, als ginge es um viel mehr als nur den ganz großen Auftritt vor Publikum. Kein Ego-Boost, keine großen Selbstinszenierungen: Die Texte wirkten sehr persönlich, die 12 Poeten und Poetinnen wollten etwas kommunizieren, weitergeben, loswerden. Für sich und andere, aber nicht wegen der anderen. Bei der diesjährige Finalrunde standen die 5 minutes of fame offensichtlich im Hintergrund. Düstere Themen und Texte über Mord, Pleite, Alkohol, Gewalt in der Familie – kritisch und unzensiert. Gewonnen haben dabei alle.Morgenstern Poetry Slam 2015Sieger ist Alex Giovanelli, auch oder meistens Giovi genannt. – Mit dem Slam-Text “Und ich?” im Video oben zog Giovi in die 2. Runde ein und holte sich dann mit 3 “Wohlfühltexten” den Sieg und die Teilnahme am Ö-Slam im Herbst 2015. Und Giovi haben wir anschließend interviewt: 

Ich ziehe mich gerne aus –  aber nicht aus Effekthascherei. Es ist nur so, wenn man es macht, geht‘s einem danach besser. Ich schreibe, weil mir etwas durch den Kopf geht. Dann schreibe ich es hin. Dabei ist es aber immer noch in meinem Schädel und auf dem Blatt vor mir – wenn ich es dann vor Publikum lese und es andere nachvollziehen können, dann ist es draußen. Für mich geht es darum: ums Raus-Lassen.
Es tut mir gut. Für mich hat das Slammen deshalb auch eine therapeutische Wirkung. Ich lese auch immer wieder gerne meine eigenen Texte, wenn ich unsicher bin. Deshalb auch die Wohlfühltexte, die mich motivieren und aufrichten. Und was die anderen betrifft: So wie ich Dinge empfinde, empfinden sie sicher auch andere. Die Medizin ist dann oft dieselbe, denke ich mir. Ich gebe etwas von mir her – das macht die Sache auch authentischer. Ich schreibe, was ich schreibe, weil ich bin, was ich bin. 
Farin Urlaub von den Ärzten, ein Autor, den ich sehr schätze, hat das mit einem Art Gärungsprozess verglichen: Um einen herum findet etwas statt und das gärt dann in einem innen drin, es bewegt sich etwas und der Abschluss des Prozesses ist dann das Vortragen vor Publikum. Das beschreibt es ziemlich gut, wie ich finde, was hier passiert und abgeht. 

Den frischgebackenen Landesmeister live und in action gibt’s am Samstag den 20. Juni hier.

 

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