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May 6, 2015

Frage-Antwort-Spiel mit der Heimatsendung + letzte Worte

Kunigunde Weissenegger

Quer durch’s schöne Südtiroler Landl sind sie in den letzten 5 Jahren gezogen, haben an den möglichsten und unmöglichsten Orten in Südtirol kolossal unartig ihr Studio aufgebaut, gesellschafts-, kultur- und politische Themen ins Visier genommen und menschliche, weniger menschliche und unmenschliche Personen vor ihr Mikro gepflanzt: Die Heimatsendung, in den eigenen Worten der Crew ”eine politisch unabhängige Sendung für junge und junggebliebene Südtiroler und Südtirol-Interessierte”, hat Klausen, Vinschgau, Leifers, Brixen, Meran, Bruneck, Bozen und zuletzt Sterzing unter ihre analytisch satirische Lupe genommen und ist zu einem infrastrukturlichen Investigativformat der Gegenwart angewachsen. Sie haben 2013 für ihr Engagement übrigens von den Artbrothers Kraxentrouga den Alternativen Bürgerpreis Südtirol “Silberne Kraxe” überreicht bekommen.

Nun soll der Spaß Ernst ein Ende haben, Heimatsendung 1.8 ist die letzte: Dieses Mal haben die investigativen Querfrager in der nördlichsten Stadt Italiens, nämlich Sterzing, mit Mikro + Kamera gefuggert. Das heikle Thema Migration ist Thema und die beiden Moderatoren Alexander Pancheri (angehender Geograph) und Matthias Keitsch (angehender Historie- + Theologie-Oberlehrer) sind fragend und ihr Mikro unter die Nase haltend anscheinend gar einigen Leuten (auch Menschen) auf die Zehen gestiegen. Musik-Rubrik-Gast ist, wie könnte es anders sein, der Sterzinger Urgesteinsrapper Mc Rotzbua il Moccioso. 

Eine klitzekleine Hoffnung besteht allerdings vielleicht, magari, maybe… – denn in der Ankündigung der finalen Folge heißt es “Die Heimatsendung ist wieder da und das zum letzten Mal, zumindest in dieser Form” – bedeutet also vielleicht, magari, maybe…, dass es weiter geht, nur eben anders… Wir sind gespannt und haben mit der Heimatsendung-Kumpelrasselbande (Alexander Pancheri + Matthias Keitsch an den Mikros, Sebastian Longariva + Daniel Gallmetzer an den Kameras, Schneide- + Fotomaschinen, Willy Theil verantwortlich für die Musik, Philipp Comarella für die Animation und das Design) Frage-Antwort gespielt.  

Heimatsendung, ein Resümee bitte nach 8 Sendungen

Es war für uns eine sehr bewegte und spannende Zeit. Die Erfahrungen und Bekanntschaften, welche wir gemacht haben, sind unbezahlbar. Wir hatten die Möglichkeit, in Eigenregie eine Sendung zu machen und wir mussten uns bei niemandem rechtfertigen. Dies ist in der Filmbranche eine außergewöhnliche Situation und wir konnten aus dem Vollen schöpfen. Extrem wichtig war auch, dass wir auf ein Umfeld zurückgreifen konnten, welches uns kreativ und mental sehr unterstützt hat. Besonders bewegend war die Arbeit im Team und wie wir dadurch zusammengewachsen sind, obwohl (oder gerade deshalb) wir alle komplett unterschiedliche Charaktere sind. Neben den acht Sendungen haben wir noch kleinere Projekte als Heimatsendung gemacht. Besonders positiv in Erinnerung bleibt uns das Weihnachtsspecial zu den Christkindlmärkten, der AVS-Imagefilm, die Rock-im-Ring-Reportage oder die Videoclips gegen die Privatisierung des Wassers. Einzig die Erkenntnis, dass noch mehr Projekte drin gewesen wären, schmerzt etwas.   

…und wie viele InterviewpartnerInnen hattet ihr, wie viel Benzingeld habt ihr verprasst und wie viele GB Filmmaterial habt ihr gesammelt?

Wie viele InterviewpartnerInnen wir für die Sendung gewonnen haben, ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen, da wir bei jeder Sendung auch immer viele Menschen aus der Bevölkerung interviewt haben. Es waren viele, sehr viele und an dieser Stelle ein großes DANKE an all jene, die mit uns gesprochen haben. All jenen, die sich bewusst geweigert haben mit uns zu sprechen, das hat es auch gegeben, sagen wir: “lieb sein, vielleicht beim nächsten Mal”. Gefahrene Kilometer: Keine Ahnung, einmal kreuz und quer durchs Land und wieder zurück. Filmmaterial: 5 Terabyte.

Zur letzten Sendung 1.8: Was war das “Krasseste”, das ihr bei deren Erarbeitung + Produktion erlebt habt? 

Die Interviewabsagen von der italienischen Exekutive und jene von Caritas und von Volontarius. Krass waren auch gewisse Aussagen unserer Landsleute, für die man sich nur schämen kann.  

 …und was habt ihr MC Rotzbua il Moccioso vor dem Interview verabreicht…?

Er hat auf uns eigentlich ganz nüchtern gewirkt und hatte die ganze Zeit denselben Gesichtsausdruck.Warum ist dies nun die letzte Sendung? Warum macht ihr nicht weiter? 

Oje, da müssen wir etwas weit ausholen, um diese Frage zu beantworten. Als wir 2010 auf die Idee kamen eine eigene freche und satirische Sendung über Südtirol zu produzieren, haben wir uns über die Zukunft der Heimatsendung noch wenig Gedanken gemacht. Eine Sendung pro Südtiroler Stadt war irgendwie die grobe Marschroute, aber uns ging es prinzipiell darum, die Südtiroler Medienlandschaft etwas aufzumischen und zu schauen, ob wir dazu überhaupt in der Lage sind. Ganz ohne Unterstützung in Sachen technischem Material konnten wir die Sache jedoch nicht in Angriff nehmen. Starthilfe bekamen wir damals von Thomas Vonmetz, einem Bekannten von uns, der in jener Zeit beim SDF arbeitete. Wir liehen uns vom Sender eine Kamera und ein paar Mikros. Irgendwie haben wir es dann geschafft, ohne große Erfahrungswerte, die erste Heimatsendung auf die Füße zu stellen. Es war ein Sprung ins kalte Wasser und keiner von uns wusste genau, wie es weiter gehen würde – nur dass es weiter geht, das wussten wir. 
Das Feedback der Menschen, welche die erste Sendung sahen, in erster Linie waren es Freunde und Bekannte, war durchwegs positiv. Nun hatten wir aber Blut geleckt und Spaß an der Sache gewonnen. Wir waren uns einig, dass unser Format nur dann funktionieren würde, wenn wir unabhängig bleiben und uns von niemandem drein reden lassen. Also haben wir uns für die zweite Heimatsendung selbst das technische Material bei Freunden ausgeborgt. Zu dieser Zeit hatten wir noch nicht einmal Mikros und haben alles mit einem geliehenen Aufnahmegerät aufgezeichnet. An Sponsoren waren wir nicht interessiert, brauchten aber zwangsläufig Geld, um unsere Ausrüstung zu verbessern. Alle vom Team waren noch Studenten und keiner hatte Kohle. So begannen wir nebenher einige Werbevideos zu machen, um etwas Geld zu verdienen. Ganz nach dem Motto, wir verkaufen unsere Arbeitszeit, aber nicht die Heimatsendung. Die Zeit verflog und neben Uni-Alltag, Studentenjob und Party waren wir in der Lage zwei Sendungen pro Jahr auf die Füße zu stellen. 
Wir hatten und haben den Anspruch uns mit jeder Sendung kontinuierlich zu steigern und besser zu werden. Dies fordert aber mehr Zeit. Als Vergleich: Die erste Sendung war von der Planung bis zum Upload ins Netz in zehn Tagen fertig. Die letzte Sendung in einem Zeitraum von ungefähr fünf Wochen! Einige von unserem Team sind in der Zwischenzeit voll in die Arbeitswelt integriert, andere stehen in der Endphase ihres Studiums und da kann Zeit zu einem wichtigen Faktor werden. Und zu guter Letzt arbeitet kein Mensch gerne ewig unentgeltlich, da auch wir unsere Rechnungen bezahlen müssen. Wir haben das Ende der Heimatsendung in dieser Form ausgerufen und, was die Zukunft bringt, wissen wir nicht. In den nächsten Wochen werden wir darüber nachdenken ob und wie es weitergehen kann. Wenn wir entscheiden, dass das Projekt abgeschlossen wird, so hatten wir eine großartige Zeit, die uns niemand mehr nehmen kann. Wenn es in einer anderen Form weitergeht, werdet ihr sicher noch von uns hören. 

Was gibt es zum Abschied noch zu sagen? …außer leise Servus…

Hinterfragt alles, vor allem die Heimatsendung. Helft den Menschen, die eure Hilfe nötig haben. Feiert die Feste, wie sie fallen. Lasst die Sonne in eure Herzen. Man sieht sich immer zweimal. Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut. 

Foto: Die Heimatsendung

Hier geht’s zum Interview mit franzmagazine 2012.

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