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April 29, 2015

Horst Moser: “Etwas bleibt immer” – “in mir und mit mir”

Nadja Röggla

Der Klassiker: sobald einer etwas besonders gut kann, ob schreiben, tanzen oder singen, werden sofort Erinnerungskartons mit den Kinderkritzeleien hervorgeholt – Fotos vom Sänger + Kochlöffel vor dem Garderobenspiegel, bis hin zu wirren Kindergedichten. “Wir wussten es schon immer. Der wird einmal ein ganz Großer!”,  flüstern dann die stolzen Eltern und Bekannten in die Mikros. Und das ganze Talent zieht sich dann wie ein kleiner roter Faden weiter durch den Lebenslauf.
Bei Horst Moser ist das nicht so. Der Schriftsteller aus Bruneck hat das Schreiben eigentlich auf Umwegen für sich entdeckt. Es ist langsam mit ihm gewachsen. 2012 veröffentlichte er seinen ersten Roman und führt seitdem den Blog ”Innensicht”. Vor kurzem ist sein neuestes Werk erschienen: “Etwas bleibt immer”, heißt der Krimi. Dazu und zu noch mehr haben wir Horst Moser in einem Interview gefragt.

Vom Tennislehrer in die Baufirma und dann an den Schreibtisch. Wieso hast du das Schreiben erst so spät für dich entdeckt? Oder war genau das die richtige Mischung an Erfahrungen, die es brauchte, um ein gutes Buch zu schreiben?

Was wir erleben, macht uns zu dem, der wir sind. Und so ist auch mein Lebensweg eine Ansammlung an Erfahrungen, Begegnungen, die mich dorthin geführt haben, wo ich jetzt bin. Das Schreiben ist gewachsen, würde ich sagen, in mir und mit mir. Und heute ist es für mich unvorstellbar, ohne zu sein, ich beobachte schreibend, wenn ich blogge oder an einer Geschichte schreibe. 

Wir wollen nicht zu viel verraten, doch bitte ganz kurz ein paar Sätze zum Inhalt deines neuen Buches “Etwas bleibt immer”!

Vera und die Brüder Stefan und Johannes verbringen scheinbar unbeschwerte Tage in Innsbruck, bis sich ihre Wege verzweigen. Vera macht Karriere in der Bank, Stefan etabliert sich als Anwalt, nur Johannes, Stefans älterer Bruder, kommt mit dem Leben nicht zurecht. Johannes flieht nach Mexiko und findet sich in einer Welt wieder, in der ein Menschenleben nicht viel zählt. Erzählt wird hierbei auch das Elend der Flüchtlinge, die von Guatemala und Nicaragua über Mexiko in die Staaten wollen, von unendlichem Leid, aber auch von Profitgier, weil es immer auch solche gibt, die selbst die schlimmste Situation noch für sich auszubeuten versuchen, und dies auf Kosten der Schwächsten. Alles im Leben hinterlässt Spuren. Das weiß auch Svensson, Journalist und bei der Recherche im Zusammenhang mit einer sinnlosen Gewalttat mit der Geschichte der drei konfrontiert und mit seiner Vergangenheit, und plötzlich führen alle Handlungsstränge zusammen. 

Ist es dir wichtig, etwas Bestimmtes zu kommunizieren? Was und Wieso?

In erster Linie möchte ich die Leser unterhalten, bestenfalls sie mit Spannung bis zum Schluss an die Ereignisse im Buch binden. Wenn man sich darauf einlässt, so bieten die Lebensgeschichten der Figuren genug Spielraum, um sich wieder zu finden, eigene Erlebnisse oder Gedanken zu entdecken, oder solche, die man von Erzählungen anderer kennt. Es geht ums Scheitern und ums Standhalten und darum, dass ein und dieselbe Situation ganz unterschiedlich erlebt und verarbeitet wird. Ein Punkt war mir wichtig, nämlich über das Elend der Flüchtlinge in Mexiko zu berichten, stellvertretend für all jene Menschen, die ihre Heimat verlassen, in der Hoffnung anderswo ist es besser.

Mit welcher der Figuren im Buch kannst du dich am besten identifizieren und wieso?

In jeder Figur steckt irgend etwas vom Schreiber, also von mir. Ob im negativen oder positiven Sinne. Und sei es, dass man an jemanden denkt, den man kennt, während man eine Figur umschreibt. Der Journalist Svensson, der viel erlebt und irgendwann gelernt hat, Dinge mit einer gewissen Distanz zu betrachten, Erfahrungen aber auch abzulegen, zu verarbeiten, seine Lässigkeit, dabei aber nicht oberflächlich werdend, mit dieser Figur habe ich mich beim Schreiben angefreundet. Es gibt immer Platz für Neues, auch für das Gute, diese Botschaft schwingt bei ihm irgendwie mit. 

Du schreibst auch über Alltag und Ausbruch. Was bedeutet für dich Sicherheit? Woran hältst du dich fest?

Wir versichern uns krankhaft gegen alles, als wollten wir uns gegen das Leben versichern. Was ist Sicherheit? Ein Irrglaube vielleicht, denn die absolute Sicherheit gibt es nicht. Es gibt das Leben und alles, was dazu gehört. Manchmal ist mir einfach nach inkonsequent leben, nach Fallenlassen, auch das ist Freiheit, das ist schön. Das Schreiben ist für mich das Ausbrechen aus diesem Korsett, das mir manchmal die Luft abschnürt. Viele Menschen funktionieren und entsprechen nur mehr, werden fremd gesteuert, nehmen andere Meinungen als die ihren auf. Ich halte mich am Gedanken fest, dass wir unser Leben selbst gestalten können, dass da noch so viel ist, das wir entdecken, bereisen, lernen können und auch sollen. Klingt alles einfach, ist aber schwer umzusetzen. Trotzdem, die Möglichkeiten sind da und das ist wunderbar.

Horst Moser liest am 29. April um 19 Uhr in der Buchhandlung Steinbauer im Cyta Völs bei Innsbruck und 
am 14. Mai um 20 Uhr im Theater in der Altstadt Meran.

Foto: Horst Moser

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