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April 8, 2015

Nico Feiden, Wanderpoet: “Lyrik soll erstarren lassen”

Kunigunde Weissenegger

“Tagsüber band ich meine Lyrikbände in einer Unterkunft für Obdachlose “La Sosta“ und ging zum Marktplatz, wo das Denkmal von Walther von der Vogelweide auf mich hinabschaute, während ich mit einem Schild “Deutsche Lyrik“ auf dem Boden saß und meine Bücher unters Volk zu bringen versuchte … Es funktionierte so gut, dass wir am Abend genug Geld für Bier, Gras und etwas Anständiges zu essen hatten.

Das ein Ausschnitt aus “Auf den Straßen – Aufzeichnungen eines Reisenden” von Nico Feiden und genau so habe ich ihn im Oktober 2013 auch kennen gelernt: Ich war mit dem Fahrrad Richtung Redaktion unterwegs – in Eile, wie oft – wollte ich eben vom Walther-Platz in die Raingasse einbiegen, als das ungewohnte Bild oben meine Blicke auf sich zog. “Ich bin einfach ein ästhetischer Reisender. Lyriker oder Poet sind so große Worte,” ist ein Satz, der mir von ihm in Erinnerung geblieben ist.  

Nico Feiden wurde am 05. Februar 1993 in Zell an der Mosel geboren. Wenn er nicht gerade in Hannover lebt, arbeitet und die Schule für kreatives Schreiben in Hildesheim besucht, zieht er mit Rucksack und Zelt durch Europa, lebt mit Obdachlosen zusammen und verkauft seine selbstgebundenen Bücher auf der Straße. Seine autobiographischen Texte erzählen von den Abgründen des Lebens, von Situationen, wie sie schöner und trauriger kaum sein könnten, mit einer Sprachgewalt, wie sie an die Beat-Generation erinnert. Er ist schnell, rastlos und immer in Bewegung. Nico Feiden by Giacomo 6.3.15

Am 2. Dezember 2014 ist sein neues Buch “Auf den Straßen – Aufzeichnungen eines Reisenden” erschienen, das sich besonders auf seine Zeit in Südtirol und Bozen im Herbst 2013 bezieht. In etwa war er insgesamt sechs Monate unterwegs (“vielleicht sogar etwas mehr”, fügt er hinzu). Die Reiseroute ging die Atlantikküste hinunter, dann nach Spanien, Costa Brava, Richtung Frankreich, Cote Azur, dann Italien und Toscana und zurück, über Bozen, nochmal ein Abstecher nach Paris, dann Amsterdam und dann Heim. Geplant habe er relativ wenig, er habe sich von seinen Empfindungen treiben lassen, verrät er mir. Rückblickend meint er: “Die Reise war wohl eine der besten Entscheidungen meines Lebens; es ist so wichtig, alles was man kennt und liebt, für einige Zeit hinter sich zu lassen, um erstmal zu erkennen, wer man eigentlich ist…”  

Die Kapitel im Buch nennen sich “Sterben. Geboren werden. Leben.” Warum er beim Ende beginne, frage ich…? – Nico Feiden: “Für mich ist das Leben, ein immer wieder kehrender Kreislauf aus Tod und Geburt. (Im Buddhismus auch Samsara genannt.)  Es geht darum, diesen Kreislauf zu zerbrechen und zu erkennen, dass nur das Jetzt wirklich ist, keine Vergangenheit, keine Zukunft, nur der ewige Augenblick.” (Hier stellt er es zum kostenlosen Download zur Verfügung.)Auf den Strassen - Nico FeidenEben erschienen, im April 2015, ist “Die Engel der Straßen“, ein Kurzgeschichtenband, den “ich über all die wunderbaren Menschen (die meisten von ihnen Obdachlose) geschrieben habe, die ich auf meinen Reisen kennengelernt habe. Deshalb auch dieser Titel”. 

Abschließend werfe ich ihm noch folgende Stichworte hin: Literatur zwischen Poetry Slams, Schaulesungen und elitären Lesekreisen… Wozu “verkommt sie? Und was mag kommen? Er antwortet mir: “Ja, das ist eine schwierige Frage, alles ist ständig in Bewegung, alles entwickelt sich weiter oder auch zurück. Ich glaube, wir müssen uns von dem Bild eines elitären Schriftstellers der Oberschicht befreien, denn schreiben macht nicht reich. Ich weiß nicht, was kommen wird, aber solange mir jemand zuhört, werde ich meine Visionen unter die Menschen bringen und hoffen, dass ich vielleicht etwas verändern kann.”

“…wenn im Frühjahr die Sonne wieder unheimlich jung und wild auf mich hinab scheint, bleibt mir keine Wahl… Dann wandere ich, mit meinem Rucksack auf dem Rücken durch diese schöne Welt,” schreibt er mir in einem Mail. Nun, im Frühjahr 2015, ist er wieder ein paar Wochen in Südtirol unterwegs, liest an einigen Orten und verkauft seine Bücher auf den Straßen… Haltet die Augen + Ohren offen. 

Nico Feiden: Geboren in Zell (Mosel). 2012 – Beginn der schriftstellerischen Tätigkeit. 2012–2013 – Rucksackreise durch Europa. 2013 – Erste Lesungen in Köln und Bozen  + Veröffentlichungen in diversen Anthologien. 2014 – Veröffentlichung des Lyrikbandes “Die Tragik der Existenz” ISBN : 978-3-7309-6260-2 + Veröffentlichung des Lyrikbandes “Das Geheul der nackten Welt” ISBN : 978-3-7309-9244-9 + Veröffentlichung der Reiseerzählung “Auf den Straßen – Aufzeichnungen eines Reisenden” ISBN : 978-3-7368-6065-0. 2015 – “Die Engel der Straßen”. Wohnhaft in Hannover. Nico Feiden auf Facebook und in Autorenwelt.de.

Von 6. bis 17. April ist er in Südtirol anzutreffen –  programmiert hier
8.4.2015: Fahrt mit dem Tschenglser Zug  (Infos: Tel. 3200829165)
8.4.2015 H 20:00: Tschenglsburg, Tschengls
10.4. H 19:00: Bar Vinoteque Divino, Klausen, Kunst boden_nah
11.4. H 11:00: Werkbank Lana, Lana
11.4. untertags: Bäuerliche Genussmeile, Fußgängerzone, Lana
12.4. H 10:00: tON/NOt SonntagsCaféBäckerei, Innsbruck
14.04 H 16:00: Straßenlesung, Walterplatz/Bozen
16.4. 21:00: Bersaglio, Meran

Foto (1) (c) franzmagazine; Illus (2) Giacomo; Foto (3) Nico Feiden

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