Music

February 3, 2015

Arno Raffeiner, Kulturjournalist
und Spex-Redakteur

Kunigunde Weissenegger
Der gebürtige Bozner + nunmehr Berliner über skurrile und nicht ungeile Interviewsituationen, Juhu's + Buh's des Jahres 2014.

Euch sagt hoffentlich Spex etwas? Schon mal für tot erklärt und von Köln nach Berlin umgezogen, erscheint das Magazin für Popkultur gedruckt und 8 mal pro Jahr seit 1980. 

Über die Redaktionssessel und Blattseiten sind schon so manch illustre Popos und Namen gehuscht: Jutta Koether, Künstlerin; Dietmar Dath, ehemaliger Chefredakteur, Schriftsteller und FAZ-Redakteur; Clara Drechsler war Mitgründerin und ist heute Übersetzerin. Der Schriftsteller Rainald Goetz  hat in den alten Zeiten ab und zu etwas geschrieben, ebenso Joachim Lottmann und Thomas Meinecke, auch beide Schriftsteller. Diedrich Diederichsen, Professor an der Bildenden in Wien und sozusagen der Popkritikpapst Deutschlands, war einmal Chefredakteur und Herausgeber und schreibt immer noch regelmässig für Spex. Christoph Gurk war auch einmal Chefredakteur, heute ist er Autor und arbeitet am Theater Hebbel am Ufer in Berlin. Ted Gaier, Musiker bei den Goldenen Zitronen, füllte ebenso die Seiten des Szenemagazins wie der Kulturwissenschaftler, Kulturtheoretiker und Schriftsteller Klaus Theweleit, der Musiker Arto Lindsay, Spiegel-Redakteur Tobias Rapp sowieder Schriftsteller und Dandy Tino Hanekamp oder der Fotograf Wolfgang Tillmans – auch immer noch für Spex unterwegs. 

Seit 2012 sitzt Torsten Groß in der Berliner Chefredaktion. Und seit jenem Jahr ist auch der Bozner Arno Raffeiner wichtiger Teil der Redaktion. Wie es dazu kam, was er dort und sonst noch so im Leben macht, haben wir direkt und exklusiv von ihm erfragt. 

Wer ist Arno Raffeiner? Was macht er so im Leben? 

Das würde ich auch gerne wissen. Wir sollten wohl einen Coach oder Therapeuten fragen. Was das Geldverdienen betrifft: Ich lebe in Berlin als Kulturjournalist, schreibe vor allem über Musik und Film und bin Redakteur bei Spex. In meiner Freizeit veranstalte ich regelmäßig einen Musikabend, bei dem auch Kunst gezeigt wird: Kookoo, findet aktuell alle zwei Monate in der Ohm Gallery in Berlin statt. 

Wie bist du zu Spex gekommen?

Durch die Tür hinter mir. Spaß beiseite, ich habe zeitweise für das Magazin Groove gearbeitet, das seine Redaktionsräume direkt neben denen von Spex hat. Irgendwann bin ich sozusagen einen Raum weitergerutscht.  

Was war denn die “geilste” Geschichte, die du für das Magazin für Popkultur geschrieben hast?

Ah, die Selbstlob-stinkt-Frage! Nun gut, nicht ungeil würden es einige vermutlich finden, mit Peter Doherty bei einem Festival Backstage in einem Metallcontainer rumzuhocken, während er oben ohne Zigarre raucht. Das Gespräch, das sich dabei ergeben hat, war übrigens auch ganz geil.Spex - Arno RaffeinerAn welche skurrile Interviewsituation erinnerst du dich während deiner Karriere als Journalist? 

Da erzähle ich immer gern die Geschichte mit Hollywood-Regisseur John Singleton. Die Hälfte der 15 Minuten Interviewzeit verbrachte er damit, schweigend auf seinem Blackberry herumzutippen und sich um seine nächste Filmproduktion zu kümmern. Nach einem wunderbar belanglosen Nicht-Gespräch drückte er zum Abschied seine Faust gegen meine und meinte: »Cool stuff!« Noch kürzer war ein Interview mit dem englischen Rapper Dizzee Rascal. Immerhin hat er dabei die Zeit gefunden, mir Prügel anzudrohen. Ein weiterer Höhepunkt war mein Treffen mit Giorgio Moroder in Paris. Der schaute nach eineinhalb Stunden auf die Uhr und war ganz erstaunt, er hätte noch nie ein so langes Interview gegeben. Zum Abschied diesmal keine Faust, dafür hat Moroder mir einen Mini-Panettone geschenkt. Und leider auch erklärt, dass er gerade keinen Ghostwriter für seine Autobiografie sucht. Aber das ist jetzt über zwei Jahre her, wer weiß, vielleicht hat er sich das noch mal überlegt? Herr Moroder, bitte melden!

Ein Rückblick auf 2014: Was waren deiner Meinung nach die großen und kleinen “Juhu’s” und “Buh’s” in der Musikszene?

Großes Juhu für Richard Dawson und seine Platte »Nothing Important«. Gefällt zwar scheinbar niemandem außer ein paar Freaks in England und mir, trotzdem: anhören! Toll fand ich auch die Spex-Jahrescharts 2014, angeführt von fünf Frauen: Fatima Al Qadiri, Angel Olsen, Neneh Cherry, St. Vincent und FKA Twigs. Mit schlechter Musik muss ich mich oft genug beschäftigen, die vergesse ich aber zum Glück immer sofort. Aber mal abgesehen von der Popkultur war der Rest des Jahres ja alles andere als erfreulich.

Nach Südtirol kommst du hin und wieder zurück? Warum? – Was waren von Außen betrachtet so die Südtiroler “Juhu’s” und “Buh’s” 2014?

Eher selten. Ich war an Weihnachten zum ersten Mal nach längerer Zeit wieder ein paar Tage da. Buh: keine Ahnung. Wenn man von weiter weg auf etwas schaut, wirkt plötzlich alles so sonnig und putzig. Juhu: das neue Dokumentationszentrum unter dem Siegesdenkmal. Wie lange war das eigentlich überfällig? Dafür finde ich die Umsetzung jetzt wirklich gelungen.

Foto oben: Arno Raffeiner by Michael Mann

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