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January 28, 2015

Anna Magdalena Wenter, Location Manager – auch bei “Kripo Bozen”

Kunigunde Weissenegger
Donnerstag, 29.1.2015 ist Krimi-Abend-Zeit mit viel Südtirol: Im Ersten läuft um 20.15 erstmals "Kripo Bozen – Wer ohne Spuren geht". Die Südtirolerin Anna Magdalena Wenter war bei den Dreharbeiten als Location Manager dabei.

Was macht eine diplomierte Musikwissenschaftlerin und ausgebildete Tontechnikerin an einem Tatort? Anna Magdalena Wenter ist Location Manager und vor, während und nach dem Dreh für Organisation und Problemlösung am Set verantwortlich. Was dieser Job genau bedeutet und was sie bereits alles gemanagt hat, verrät sie uns im Interview. 

Anna Magdalena Wenter, wie kamst du zum Film und was machst du sonst so im Leben?

Eigentlich bin ich diplomierte Musikwissenschaftlerin und ausgebildete Tontechnikerin. Während meines Studiums in Wien habe ich als Produktionsassistentin und Mitarbeiterin im KBB (Künstlerischen Betriebsbüro) bei Musikfestivals wie den Bregenzer Festspielen oder im Theater an der Wien gearbeitet. Danach, 2009, kam ich nach einem kurzen Aufenthalt in Bologna wieder nach Südtirol zurück und arbeitete mehrere Jahre als Produzentin/Tontechnikerin beim Radio. Da man es als Akademikerin in Südtirol nicht gerade leicht hat einen interessanten Job zu finden, hatte ich das Glück zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein und konnte an der Filmschule Zelig den Kurzlehrgang Mov[i]e it besuchen und sogleich ins Berufsleben eines Location Scouts und -managers einzusteigen. Es war ein Sprung ins kalte Wasser. – Soviel zu meinen beruflichen Werdegang. 

Ansonsten gehe ich in die Berge, sommers wie winters, liebe die Natur und versuche so viel wie möglich von der Welt zu sehen. Letzteres gelingt mir, seitdem ich selbständig bin, besonders gut ; ) Im Winter war ich in den letzten Jahren immer 1–2 Monate in der Welt unterwegs.Du hast bei mehr als einem Dutzend größerer Filmproduktionen im Hintergrund (als Location Scout, Location Manager oder Produktionsassistenz) mitgewirkt – unter anderem auch bei “Turist – Höhere Gewalt” (der vor Kurzem in die Kinos kam) oder bei ”Elser” (der voraussichtlich bei den Bozner Filmtagen 2015 Premiere haben wird) oder bei “Kripo Bozen” (am 29.1. um 20.15 im ARD) und diversen anderen (welche denn?). Was war denn die spannendste Produktion? Und von welchen kannst du uns ein paar Anekdoten erzählen?

Ein Dutzend Filmproduktionen geht sich in 2,5 Jahren Berufserfahrung nicht aus. Eine Filmproduktion dauert für mich schon mal 2–3 Monate. Ich versuche 2 Kinoprojekte und einige kleinere Sachen zur Abwechslung im Laufe eines Jahres zu machen, wie zum Beispiel Imagefilme oder Werbespots. 
Hauptsächlich arbeitete ich bis jetzt als Location Manager bei größeren Filmproduktionen. So auch bei der schwedischen Komödie “Sune on roadtrip” oder beim deutschen Märchenfilm “Prinzessin”. Was die spannendste Produktion war, ist schwer zu sagen, da zum Beispiel schwedische ganz anders arbeiten als deutsche oder italienische Produktionen. Gelangweilt habe ich mich noch nie und das bedeutet doch, dass alle Produktionen bis jetzt aufregend und anders waren. 

Kripo Bozen war ein Fernsehfilm mit wahnsinnig vielen Locations, welche teils im Veneto und teils in Südtirol lagen. Mit einer deutschen Produktion an italienischsprachigen Orten zu drehen, ist besonders herausfordernd. Man versucht lokale Leute als KomparsInnen oder Blocker ins Projekt zu integrieren. Schwierig wird es, wenn zum Beispiel der Straßenblocker und der Set-Aufnahmeleiter nicht die gleiche Sprache sprechen. – Also ging es darum, schnell allen Beteiligten die wichtigsten Begriffe beizubringen und für den Notfall einen Übersetzer zu organisieren, da ich ja nicht immer am Set sein kann. So war es in Danta di Cadore, als wir Stunt-Szenen auf diversen Straßen drehten. 

“Turist” spielte sich gänzlich auf der Stilfser Joch Straße ab. Wir standen mit unserem SAD-Bus den ganzen Tag auf der Straße, mal stundenweise in einer Kurve, mal fuhren wir den ganzen Tag die Strecke rauf und runter. Zur gleichen Zeit war auch das Opel-Test-Team vor Ort, welches für ihre Testfahrten so wenig wie möglich bremsen sollte (48 Kehren!). Um eine Kollision zu vermeiden, mussten die Sperren so organisiert werden, dass die Sperre genau beim ersten Testauto aufging…

Besonders lustig wird es, wenn man über mehrere Tage in Südtiroler Dörfern dreht. Schnell lernt man viele Leute kennen, die immer schnell und gern aus der Patsche helfen. Ein Beispiel: Die Film-Ausstattung benötigt diese alten, großen Milchkannen, die heute aber kaum noch verwendet werden. In der Dorfbar von St. Magdalena in Gsies fanden sich innerhalb von 5 Minuten mehrere Bauern, die innerhalb weiterer 10 Minuten 10 Milchkannen ans Set brachten. 
Das schönste am Beruf des Location Managers ist es, das Sprachrohr von Motivgebern, lokaler Bevölkerung und dem Filmteam zu sein. Oft ist es für alle Beteiligten ein Erlebnis, sodass man von den Erinnerungen noch lange zehren kann.

Worin besteht die Aufgabe einer Location Managerin? Was macht ein Location Scout?  

Ich arbeite die meiste Zeit als Location Manager, sofern die Locations des Films schon gefunden wurden, manchmal auch als Location Scout. Als Location Manager gibt es im deutschen und italienischen Sprachraum 3 Phasen: Vor dem Dreh, beim Dreh und nach dem Dreh. 
Vor dem Dreh: Organisation der Motivtour mit Regie, Kamera und Ausstattung, Räume für diverse Departments checken, Motivverträge vorbereiten, Genehmigungen besorgen, Stromanschlüsse checken, Anfahrtsbeschreibungen.
Beim Dreh: Motiv aufsperren, Autos abschleppen, Fuhrpark einparken, Motiv kontrollieren und schließen.
Nach dem Dreh: bürokratische Dinge abschließen, Danke an die Motivgeber.
Ein Location Manager sollte Stress und Druck standhalten; Organisationsfähigkeiten und Genauigkeit haben. Was aber genauso wichtig ist – falls nicht noch wichtiger, ist der Umgang mit den Motivgebern: Sympathie und gutes Allgemeinwissen für Gespräche aller Art sind essentiell. Auch Durchsetzungsvermögen und Problemlösung, ebenso wie Einfallsreichtum, diplomatisches Geschick und Menschenkenntnis. Anna Magdalena Wenter Loc Suche AltenburgAnna Magdalena Wenter auf Location-Suche bei Altenburg

Location Scout ist die kreativere Arbeit. Hier geht es vor allem um die Visualisierung der im Drehbuch vorkommenden Locations. Nach einem Gespräch mit dem Regisseur und oder dem Ausstatter geht es mit der Recherche im Internet oder im eigenen Archiv los. Wenn einem ein Ort gefällt, werden Fotos gemacht, mit dem Motivgeber gesprochen und an den Regisseur weitergeleitet. Dieser entscheidet dann, ob diese Location in Frage kommen könnte oder nicht. Bei den Locations geht es auch um die Erreichbarkeit. – Es ist zu bedenken, dass bei einer großen Produktion schon mal mehrere LKWs anfahren. Als Location Scout nimmt man eine kreative und organisatorische Rolle ein – ein Mix, der mir besonders gefällt. 

Wie siehst du Südtirol als Film Location? 

Südtirol hat Potential, ohne Frage. Vor allem wenn es um den alpinen Bereich oder sanfte Landschaften, wie Überetsch oder Meran geht. Dennoch denke ich, dass ohne die Filmförderung nur selten eine große Produktion nach Südtirol kommen würde. Vieles, was es hier gibt, findet man auch woanders. Außerdem ist der italienische Staat nicht besonders einfach zu verstehen und es gibt immer wieder Hürden, die man in Deutschland zum Beispiel nicht hat. – Wir sind noch kein richtiges Filmland. …ein Produktionsleiter verglich Südtirol einmal mit Deutschland in den 80er Jahren. Wir müssen noch an uns arbeiten und hoffentlich gibt es bald mehr mutige Menschen, die sich als Dienstleister in diversen Sparten zur Verfügung stehen. 

“Bozen statt Frankfurt: Großstadtkommissarin Sonja Schwarz hat ihren Topjob in der Mainmetropole aufgegeben, um ihrem Mann Thomas ins provinzielle Südtirol zu folgen. Doch in der Patchworkfamilie, zu der auch ihre 15-jährige Stieftochter und die biestige Ex-Schwiegermutter ihres Gatten gehören, kracht es gewaltig. Außerdem findet sie gleich am ersten Tag die Leiche eines seit vielen Jahren vermissten Mädchens. Bei den Ermittlungen erlebt Sonja eine böse Überraschung. In diesem hochalpinen Krimi durchlebt Chiara Schoras als ausgewanderte Polizistin eine emotionale Berg- und Talfahrt.” 
Mehr Infos zur ersten “Kripo Bozen”-Folge gibt’s hier

Aufmacherfoto: Anna Magdalena Wenter

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