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December 22, 2014

SELfservice: “Getanzt wird hier auf allen Hochzeiten, und zwar gleichzeitig”

Christine Kofler
Ein Südtiroler Skandal

Titel: SELfservice – Ein Südtiroler Skandal

AutorIn: Christoph Franceschini

Darum geht’s: Die SEL und die “Heimholung der Energie”

Lieblingszitat:  “Auch die systematische Ausgrenzung einer oppositionellen und parlamentarischen Kontrolle und die Verschwendung von Steuergeldern für politische Verschleierungsaktionen gehören dazu (Anm.: zum SEL-Skandal). Beteiligt ist nicht zuletzt ein Netzwerk von Direktoren, Präsidenten, Beratern und echten oder vermeintlichen Fachleuten, für die “Interessenskonflikt” ein Fremdwort ist. Auf der einen Seite kassiert man für Aufträge von SEL Millionenhonorare, auf der anderen Seite betreut man die privaten Anliegen der Hauptakteure als Wirtschaftsberater oder Anwalt. Getanzt wird hier auf allen Hochzeiten, und zwar gleichzeitig.“ 

Riecht nach…  Sumpf.

Schön: Die akkurate Recherche von Christoph Franceschini und der Mut, sowohl des Autors als auch der Edition Raetia, dieses Buch herauszugeben. 

Weniger schön: Dass das Buch auf Tatsachen beruht. Beim Lesen wünscht man sich, Franceschini hätte einen fiktiven Politthriller geschrieben; ist aber leider nicht so. 

Unbedingt lesen, wenn… man der Meinung ist, eine Demokratie braucht gut informierte BürgerInnen. Und selbst eine/r sein möchte. Napoleon soll gesagt haben, dass “vier feindselige Zeitungen mehr zu fürchten seien als tausend Bajonett”. Die “vierte Gewalt” tritt hier in Buchform auf und verschafft damit noch tiefere Einblicke, als das dem Format der Tageszeitung möglich wäre. Es sind also wohl noch mehr als tausend Bajonette, die zwischen den Buchdeckeln stecken. 

Am besten lesen in… den Weihnachtsferien oder kurz vor dem nächsten Urlaub bzw. dann, wenn man sich in einer grundsätzlich lebenszugewandten Stimmung und heiteren Gemütsverfassung befindet. Beim Lesen ärgert man sich nämlich schwarz. 

Resümierend:  “SELFservice – Ein Südtiroler Skandal” ist eines jener Bücher, wo man sich im Nachhinein insgeheim wünscht, man hätte sie nicht gelesen. So wie den Brief mit der Steuernachzahlung. Man weiß, es war gut und richtig es zu lesen, man ist nun besser informiert und kann künftig sein Handeln darauf abstimmen. Aber irgendwie war die Welt vorher schöner…  und man wird den Gedanken nicht los: Wenn es da noch mehr gibt? Trotzdem klare Kaufempfehlung!

Seitenzahl,  Verlag, Jahr, Preis:  389 Seiten, Raetia Verlag, 2014, 17,90 Euro

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