Music

November 3, 2014

Bozen ist nicht gegen Live-Musik: die Aufklärung

Kunigunde Weissenegger

Gleich vorweg: Wer sich erwartet (hat), dass mit dem neuen Gesetz vom ehemaligen Minister Bray ein Freibrief für Live-Musik-Veranstaltungen ausgestellt wird, hat sich getäuscht (und von der italienischen Gesetzgebung wahrscheinlich nicht viel Ahnung). Viel Lärm um wenig, hochgespielt, aufgeschrien. Deshalb hat die Gemeinde Bozen um Patrizia Trincanato und Tobias Planer es für notwendig erachtet, am Donnerstag, 30. Oktober 2014 um 18.30 Uhr zum “Informationsabend für VeranstalterInnen” in den Festsaal des Rathauses zu laden. 
Nach einer Einführung von Bürgermeister Spagnolli, dessen Anwesenheit nicht vorgesehen war, der aber Wert darauf legte anwesend zu sein, um zu betonen, dass ihm die Angelegenheit am Herzen liege und Bozen “NICHT” gegen Live-Musik sei, (und so manchem Übereifrigem die Schneid abzukaufen, wie sich später zeigte), es aber darum gehe, die Gesetze – alle Gesetze – zu beachten um Problemen vorzubeugen, weil die Gemeinde niemanden lebenslänglich in einem Gefängnis wissen wolle. Immer wieder betont Spagnolli, dass es in anderen Städten, wie beispielsweise Parma viel strikter gehandhabt werde – da geschehe gar nix – oder in Palermo sei Musik im Freien beispielsweise überhaupt verboten.Musica Live Musik Gemeinde Bozen Bolzano“Wir wollen den Mythos entzaubern”, also, “dass niemand von den Leuten, die hier vorne sitzen, gegen Live-Musik ist,” übergibt Spagnolli der Stadträtin für Kultur (und aktives Zusammenleben) Patrizia Trincanato das Wort, die bestätigt: “Wir wollen hier heute erklären”, auf dass niemand von den Veranstaltern draufzahle, wenn denn Beschwerden kämen (zu welchen Bozen und BewohnerInnen neigt). Eingetrudelt ist in der Zwischenzeit auch Klaus Ladinser, Vizebürgermeister und Zuständiger für die Wirtschaftstätigkeiten.

Vorne auf der Anklagebank in der Aufklärungsrunde von links nach rechts also: Gianluca Segatto, Vertreter vom Amt für Umwelt (der auf das Gesetz Betreff Lärmbelästigung [inquinamento acusticopurtroppo si chiama così per legge] verweist, das auch nicht ausser Acht zu lassen wäre, und weiters, dass es darum gehe, zwischen Schutz der Musik und der Ruhe für die AnrainerInnen zu vermitteln), Giovanni Libener vom Amt für Arbeitssicherheit und Zivilschutz sowie auch Kommissionspräsident (der den Aspekt der Sicherheitsvorkehrungen und der Abnahme durch einen Techniker erklärt), Angela Russo vom Amt für Wirtschaftstätigkeiten und Konzessionen (die ausführlich erklärt, was die SCIA ist), Bürgermeister Luigi Spagnolli, Stadträtin Patrizia Trincanato, ein Vertreter der Stadtpolizei (der nichts gesagt hat) und Gianluca Segatto vom Amt für den Schutz der Umwelt und des Territoriums (der über alles bestens informiert zu sein schien, das Regelwerk zusammenfasste und wiederholt erklärte).Musica Live Musik Bozen BolzanoDann war die Reihe am geladenen Publikum, Fragen zu stellen, Bemerkungen zu machen. Einige warfen sich mächtig ins Zeug, wollten gar die Gesetzgebung abschaffen, andere erklärten nochmals die Intention des Ministers, von dem die Ansage ausging, wieder andere erzählten von den schlechten alten Zeiten, wieder andere fragten, ob es denn nicht möglich sei, einen Standard zu finden. 

Schließlich einigten sich (fast) alle darauf, dass sich eine Arbeitsgruppe formieren (wer nicht mehr weiter weiss, gründet einen Arbeitskreis hallte es durch die Reihen des Festsaals) und eine Liste der aktuellen Veranstaltungsorte (mit Kapazität bis zu 200 Personen, die regelmäßig etwas organisieren, wie beispielsweise Sudwerk, Carambolage, Vintola, Pippo usw.) ausarbeiten solle, um für diese eine standardisierte Regelung zu finden –  natürlich immer im Rahmen der einzuhaltenden Punkte des jeweiligen Lokals – und um die Bürokratie zu mindern (nur 2 Ansuchen). Für alle anderen, die einmalig oder im Freien Konzerte veranstalten wollen, bleibt die Vorgangsweise wie bisher. Amen.  

Tobias Tobe Planer hatte dies am 20. + 21.10. in diversen Posts online auf salto.bz bzw. auf Facebook genau so erklärt: “Es geht rein um die bürokratische Erleichterung für (häufig) stattfindende kleine Veranstaltungen in schon dafür vorgesehenen Locations (es zählt das Fassungsvermögen/capienza). Alle anderen Lokale/Orte (und alles im Freien) sind davon nicht betroffen und müssen den normalen Iter durchlaufen (Genehmigungen für: Besetzung öffentlichen Grundes, Aufschank, Brandschutz, Fluchtwege, Gutachten zu akustischer Umweltverschmutzung etc), letzteres gab es auch schon vorher, wurde aber im Lizenzamt automatisch ans zuständige Amt weitergeleitet und dort gegebenenfalls positiv bewertet und unterschrieben.”  

…ziemlich einig waren sich die Anwesenden zuletzt auch, dass Ministro Bray es mit dem Gesetz wohl sehr (sehr, sehr) gut gemeint, aber das Ganze nicht ganz zu Ende gedacht habe, was dann für die “Umsetzer” (= Gemeinden) weniger gut sei… – aber er ist ja nimmer Minister, oder…?! 

Rekonstruktion der Historie:

STAAT 

Inoltre, prevede  un credito d’imposta  per le  imprese produttrici di fonogrammi e di videogrammi musicali,  nonché – a seguito dell’esame parlamentare – per leimprese organizzatrici e produttrici di spettacoli di musica dal vivo,  al fine di sostenere il mercato dei contenuti musicali e l’offerta di opere dell’ingegno e di promuovere lo sviluppo di artisti emergenti (art. 7).
Hier der Link zum Original auf der Website der Kammer.

LAND

n) Landesgesetz vom 26. September 2014, Nr. 81)
Änderungen zu Landesgesetzen in den Bereichen öffentliche Veranstaltungen, örtliche Körperschaften, Bildung und Verwaltungsverfahren

1)

Kundgemacht am 29. September 2014 in der Sondernummer 1 zum Amtsblatt vom 26. September 2014, Nr. 38.

Art. 1 (Änderung des  Landesgesetzes vom 13. Mai 1992, Nr. 13, „Bestimmungen über öffentliche Veranstaltungen“)

 (1)

 Nach Artikel 2 Absatz 2 des Landesgesetzes vom 13. Mai 1992, Nr. 13, in geltender Fassung, wird folgender Absatz eingefügt:

„2/bis. Für Veranstaltungen bis zu maximal 200 Gästen, die am selben Tag beginnen und vor 24 Uhr enden, wird die Bewilligung im Sinne von Absatz 1 durch die zertifizierte Meldung über den Tätigkeitsbeginn bei der zuständigen Gemeinde ersetzt.“

(2)

   Nach Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e) des Landesgesetzes vom 13. Mai 1992, Nr. 13, in geltender Fassung, werden folgende Buchstaben f), g), h) und i) eingefügt:

„f)     einem Vertreter der Polizeidirektion;

g)     einem Vertreter der Eventdienstleister;

h)     einem Vertreter aus dem Be¬reich der Jugendkultur;

i)     einem Vertreter der auf Landesebene repräsentativsten Vereinigung der Gastgewerbetreibenden.“

(3)

Artikel 10 Absatz 5 des Landesgesetzes vom 13. Mai 1992, Nr. 13, in geltender Fassung, erhält folgende Fassung:

Hier der Link zum Original im lexbrowser der Provinz.

GEMEINDE BOZEN

Pressemitteilung:  13.10.2014  10:35
Themenbereich:   [Umwelt]   [Wirtschaft und Tourismus]   [Sonstiges]  
Ab 14. Oktober 2014 gelten in Bozen neue Landesbestimmungen für kleinere Veranstaltungen
Vereinfachungen für Veranstaltungen bis 200 Personen, SCIA auf jeden Fall erforderlich, Achtung bei Festen mit Essen und Trinken und bei Besetzung öffentlichen Grundes. Lärmschutz für Anrainer
Von heute an wendet die Stadt Bozen  die neuen Landesbestimmungen  (Nr. 8 vom 26. September 2014) für das Abhalten öffentlicher Veranstaltungen an.
Dadurch wird es einfacher,  kleine Veranstaltungen  bis zu 200 Personen anzumelden, wenn sie  innerhalb 24 Uhr  beendet werden, wenn  keine Musik (DJ, Karaoke, live)  gespielt,  kein öffentlicher Grund  besetzt wird und  keine Speisen und Getränke  verabreicht werden. Treffen diese Voraussetzungen zu, genügt es, die  Beginnmeldung SCIA  beim Amt für Wirtschaft und Konzessionen der Gemeinde anzugeben.
Wenn Musik mit DJ, Karaoke oder Live-Musik  gespielt wird, ist eine  Meldung mindestens 15 Tage vor der Veranstaltungbeim Amt für Umwelt und Schutz des Territoriums erforderlich. Das Amt muss die Veranstaltung genehmigen. Dadurch sollen die Anrainer besser geschützt werden.
Wenn öffentlicher Grund besetzt  wird oder wenn  Speisen und Getränke verabreicht  werden, muss ein  Ansuchen an das Amt für Wirtschaft und Konzessionen  der Stadt Bozen gestellt werden. Dieses Ansuchen ist unabhängig von der Anzahl der Teilnehmer erforderlich.
Eine Veranstaltung gilt nur als genehmigt, wenn die SCIA-Erlaubis und jene des Amtes für Umwelt und Schutz des Territoriums vorliegt. Fehlt eine der Genehmigungen, wird die Veranstaltung laut LP 13/92 als nicht genehmigt betrachtet.
Bis jetzt wurden alle Veranstaltungen laut Landesgesetz Nr. 13/92 (öffentliche Veranstaltungen) und Landesgesetz Nr. 20/2012 (Lärmbelästigung – wo Musik vorgesehen ist) genehmigt.
Für alle anderen Veranstaltungen  bleiben die Regeln dieselben wie bisher. Das Ansuchen muss immer beim Amt für Wirtschaft und Konzessionen eingereicht werden.

Hier zum Original. 

Pressemitteilung:  20.10.2014  16:17
Themenbereich:   [Sonstiges]  
Neue Regelung für kleinere öffentliche Veranstaltungen
Bürgermeister Luigi Spagnolli erläutert
Bürgermeister Luigi Spagnolli  erläutert in seiner Stellungnahme das, was sich in Umsetzung des Landesgesetzes Nr. 8 vom 26. September 2014 für die Gemeinde Bozen ergibt:
“Die Genehmigung von Veranstaltungen schließt nicht automatisch jene für die Besetzung öffentlichen Grundes und jene zur Beachtung der Bestimmungen zum Lärmschutz mit ein. Deshalb ist es nötig, ein Verfahren anzuwenden, welches all diese Regelungen berücksichtigt. Es geht also nicht darum, Veranwortung abzuschieben, sondern es geht darum, alle gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Ich bin jederzeit bereit, mich mit den in diesem Bereich Tätigen zusammenzusetzen, um diese Thematik näher zu beleuchten, muss aber daran erinnern, dass es Bestimmungen gibt, welche unterschiedliche Bedarfslagen in der Bevölkerung berücksichtigen müssen.
Es besteht einerseits das Bedürfnis, gemeinsam zu feiern mit oder ohne Musik, und es besteht andererseits das Bedürfnis nach Ruhe. Beide haben das Recht, geschützt zu werden.
Die Gemeinde macht keine Gesetze, sie wendet diese an. Wenn sich ein Gesetz ändert, muss die Gemeinde die Verfahren entsprechend anpassen. Das wurde auch in diesem Fall gemacht.
Sollte jemand geglaubt haben, mit der neuen Landesregelung würde es möglich werden überall und in unbegrenzter Anzahl Veranstaltungen zeitgleich oder zeitnah zu organisieren, ohne auf die anderen Bedürfnisse der Stadt zu achten (z.B. eine Baustelle, die gleich neben der Veranstaltung eingerichtet wird, was die Veranstaltung wiederum unzugänglich machen würde) dann muss die Gemeinde die den unterschiedlichen Bedarfslagen der Bürger entgegenkommen muss und diese vereinbaren sollte, dann muss ich sagen, diese Veranstaltung ist hier nicht möglich.
Jemand muss regieren, und dies kann nicht der Markt sein. Das von der Gemeinde ausgearbeitete Verfahren hält sich an die gesetzlichen Vorlagen und versucht gleichzeitig, den Musikveranstaltern Erleichterungen anzubieten, wo dies möglich ist.
Ich bin davon überzeugt, dass nach genauer Überprüfung der Sachlage  der Allgemeinplatz, wonach die Gemeinde gegen die Musik sei, keine Grundlage mehr findet. Die Gemeinde ist nicht, war nie und wird nie gegen die Musik sein: Die Gemeinde ist da, um dafür Sorge zu tragen, dass es der Stadt gut geht, auch jener, welche die Musik liebt”. 

Hier geht’s zum Original. 

Einen Informationsabend über die Anwendung des neuen Landesgesetzes für kleinere Veranstaltungen bietet die Gemeinde am Donnerstag, den 30. Oktober 2014 um 18.30 Uhr  im Festsaal des Rathauses Gumergasse an. Stadträtin Patrizia Trincanato und die für diese Bereiche zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden Fragen beantworten. Gedacht ist der Informationsabend für Veranstalterinnen und Veranstalter, Gastwirte, Kulturvereine und Interessierte.

 Pressemitteilung: 28.10.2014 16:51
Themenbereich:  [Veranstaltungen] 
Informationsabend für Veranstalter
Am Donnerstag, den 30. Oktober 2014 um 18.30 Uhr im Festsaal des Rathauses
Einen Informationsabend über die Anwendung des neuen Landesgesetzes für kleinere Veranstaltungen bietet die Gemeinde am Donnerstag, den 30. Oktober 2014 um 18.30 Uhr im Festsaal des Rathauses Gumergasse an.
Stadträtin Patrizia Trincanato und die für diese Bereiche zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden Fragen beantworten. Gedacht ist der Informationsabend für Veranstalterinnen und Veranstalter, Gastwirte, Kulturvereine und Interessierte. 

Hier geht’s zur Originalaussendung. 

In BRIXEN schaut’s inzwischen mal so aus. 

SCIA = Segnalazione Certificata Inizio Attività, commercio in forma itinerante,  richiesta per ottenere la concessione occupazione suolo per posteggio per mercati giornalieri, settimanali, annuali e stagionali (novità dal 01.11.2013), subingresso nella concessione di posteggio, variazione settore merceologico, variazione sede o legale rappresentante, cessazione attività)

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  • Marco Russo · 

    Hm… verstehe hier nur Bahnhof – aber egal.
    Ich finde es sehr interessant, dass hier ausdrücklich von einer “Besetzung des öffentlichen Raumes” die Rede ist. Irgendwie widersprüchlich, denn bei öffentlichen Veranstaltungen wird der Raum nicht besetzt, sondern der Raum seiner Eigentlichkeit zurück geführt, nämlich, dass er allen, also der Öffentlichkeit gehört. Die eigentlichen Besetzer des öffentlichen Raumes sind nicht die BürgerInnen, sondern vielmehr Institutionen, die durch ihr Regelwerk den öffentlichen Raum verdrängen. Aber das ist wohl eine andere Geschichte…

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