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August 13, 2014

Leander Schönweger, Träger des Preises der Kunsthalle Wien 2014

Kunigunde Weissenegger
Mensch sein dürfen oder Die Herkömmlichkeit unserer Abgründe: Ein Interview mit dem Träger des Preises der Kunsthalle Wien 2014, Leander Schönweger aus Meran

Ich erinnere mich gut an seine Installation für die Ausstellung “Alles wird gut” von M10 im Jahr 2012 im Vinschgau: Abgründiges war schon damals Thema bei ihm und dies führt er auch in seinen aktuellen Arbeiten weiter, wie er im Interview mit uns ausführt. Leander Schönweger, Jahrgang 1986, hat vor Kurzem mit der Diplomarbeit “The Creator has a Master Plan” sein Studium für Bildende Kunst an der Angewandten Wien abgeschlossen. Und ist dafür mit dem Preis der Kunsthalle Wien 2014 ausgezeichnet worden. 

Das bedeutet, neben Ruhm und Ehre, für den gebürtigen und auch sonst Meraner eine Einzelausstellung (15.10.–16.11.2014) in der Kunsthalle Wien am Karlsplatz, inklusive Katalog, und ein Preisgeld von 3.000 Euro (gestiftet von hs art service austria). Nicolaus Schafhausen, Direktor der Kunsthalle Wien und Mitglied der Jury, meint zur Site-specific-Installation von Schönweger: “Faszinierend verstörend, ohne sofort eine klare Einordnung zuzulassen, und dabei frei von jeglicher Attitüde. Solche Arbeiten sind ein großes Glück.” Zu seinen LehrmeisterInnen an der Angewandten gehörten Erwin Wurm (Bildhauerei) und Ricarda Denzer, Roman Pfeffer & Nita Tandon (TransArt); die Diplomarbeit hat Gastprofessor Martin Walde betreut. Wir haben Leander Schönweger in Wien erreicht.  

Worum geht’s in deiner Diplomarbeit “The Creator has a Master Plan” für die Uni für Angewandte Kunst in Wien?

Unser Leben ist in geringstem Maße (wenn überhaupt) von unserem eigenen Willen beeinflusst. – Vielmehr sind wir den Lebensumständen unterworfen: In meiner Arbeit will ich dieses Gefühl der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertseins des Menschen deutlich machen.
Mittels banalen Aktionen des Alltags, nicht nur ohne Akteur, sondern sich auch ähnlich einer Traumsequenz ewig wiederholend, versuchte ich eine surreale Szenerie zu erschaffen, die eine Stimmung wiedergibt, die mir passend schien, um diese Ohnmacht zu verdeutlichen: So habe ich einen Klassenraum leer geräumt. Er ist nur vom Tageslicht, das durch die Fenster fällt, beleuchtet. Man hört ein Geräusch, das entsteht, wenn mit Kreide auf eine Schultafel geschrieben wird. Eine Flügelschultafel hängt offen an der Wand. Sie ist leer, doch man erkennt die Schlieren von getrockneter Kreide, die nach dem Darüberputzen mit einem Schwamm übrig bleiben. Eine Seite des Raums hat eine Fensterfront, sehr langsam und gleichzeitig öffnen und schließen sich ständig alle Fenster.

Für diese Installation hast du den Preis der Kunsthalle Wien erhalten – bestehend aus einem Preisgeld von 3.000 Euro und einer Ausstellung in der Kunsthalle am Wiener Karlsplatz von 15.10. bis 16.11.2014. Was ist das für ein Gefühl?

Jetzt hab ich uns den Schas gewonnen.‘ – Bei den vorigen Preisträgern war es gang und gäbe, die gekürten Diplomarbeiten auszustellen. Das fällt bei mir ins Wasser, da meine Arbeit raumbezogen und in einem anderen Raum kaum möglich ist. Jedenfalls werde ich mir jetzt etwas Neues einfallen lassen. Das hat mich Anfangs noch sehr gestresst, mittlerweile habe ich mich damit angefreundet. Ganz klar: Auf so eine Gelegenheit habe ich gehofft, auch wenn ich mir etwas mehr Zeit wünschen würde. Außerdem tut die Anerkennung sehr gut, bestätigendes Schulterklopfen bestärkt doch.

Welche Themen sind dir in deiner Arbeit als Künstler wichtig? – Was willst du vermitteln oder provozieren?

Wir alle kennen mehr oder weniger unsere persönlichen Abgründe, nach Außen jedoch gibt man sich gerne stark und gesund – als wäre eh alles in Ordnung. So entsteht eine Kultur, in der Probleme nicht angesprochen werden und somit nicht nur ungelöst bleiben, sondern auch zu einem Gefühl der Isolation führen. In meiner Arbeit versuche ich diese Abgründe zu thematisieren und ihre Herkömmlichkeit anzusprechen. Daher versuche ich oft Zustände wie Traurigkeit, Isolation, Ohnmacht auszudrücken. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere in einer meiner Arbeiten wieder und vielleicht erkennt man sich auch ein bisschen mehr in anderen Menschen wieder.
Weiters – wenn ich gerade weniger pathetisch drauf bin – bastle ich gerne verspielt herum, mache eventuell irgendwelche interessanten physikalischen Entdeckungen für mich und kombiniere. Die ganze Welt ist ein Lego-Baukasten.

Wohin geht’s nun nach dem Abschluss der Angewandten? 

Vorerst fokussiere ich mich auf die bereits erwähnte Ausstellung. Für weitere Gelegenheiten muss ich mich erst umschauen, wobei ich interessiert bin, auch in Südtirol etwas zu machen. Erst muss ich mir aber ein Atelier suchen, welches mir nach dem Abschluss und dem damit verbundenen Verlust der Ateliers an der Uni fehlt. Meine Basis bleibt in Wien, es würde keinen Sinn machen jetzt den Ort zu wechseln, hier habe ich mittlerweile mein soziales und auch ein bescheidenes arbeitsbezogenes Netzwerk.

Foto: Leander Schönweger by  Stefanie Freynschlag

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