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July 31, 2014

“Bücher müssen miteinander sprechen” – Verlagsförderung in Südtirol

Katrin Klotz
Katrin Klotz, Philologin und Verantwortliche für Literatur im SKB, hat sich in ihrer Diplomarbeit "Verlage in Südtirol – Unternehmen zwischen Kulturpolitik und Wirtschaft. Überlegungen zum derzeitigen Fördermodell" (Innsbruck 2011) mit der Verlagsförderung in Südtirol beschäftigt. Hier lässt sie uns an ihren Gedanken, Ideen und Schlüssen teilhaben.

Südtirol hat eine sehr lebhafte und bunte Kulturszene. Und auch aus literarischer Sicht braucht sich unser Land nicht zu verstecken: Neben SchriftstellerInnen wie Joseph Zoderer, Sabine Gruber und Oswald Egger, die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind, hat das Land eine bunte und dichte Verlagsszene. Allen voran ist der Folio Verlag zu nennen, aber auch die Verlagsanstalt Athesia, die Edition Raetia, der Provinz Verlag, der Tappeiner Verlag, der Verlag A. Weger oder der eben erst gegründete Rorhof Verlag haben in ihrem Programm schöne und gute Bücher.  

Doch leider wird deren Kulturarbeit nicht ausreichend honoriert. Verlage sind in einem Spannungsfeld zwischen Kulturpolitik und Wirtschaft gefangen. Denn zum einen sind sie ein Kulturunternehmen, zum anderen aber auch ökonomischen Prinzipien unterworfen. Und genau darin liegt das Problem. Denn leider ist es nun einmal so, dass gute Bücher – sei es der neue Lyrikband von Sabine Gruber oder der neue Fotoband von Nicolò Degiorgis – sich nicht sehr gut verkaufen. Das Besondere an einem Verlag – gemeint sind hier natürlich die unabhängigen – ist das, was alle Kulturunternehmen gemeinsam haben: nämlich der Inhalt. Kunst und Kultur haben ihre eigenen Formen, die ästhetischen und keinen marktwirtschaftlichen Prinzipien untergeordnet sind. Kunst hat in den wenigsten Fällen einen materiellen Wert. – Kunst kann ich nicht am Fließband produzieren und dann verkaufen. Denn, “wenn Kunst das ist, was sie sein kann, dann ist es die direkteste Entgegensetzung zum Prinzip des Notwendigen”. Deshalb ist es so wichtig, dass Verlage Zugang zu öffentlichen Fördermitteln haben bzw. hätten. – Bisher ist es so, dass Verlage in Südtirol selbst nicht ansuchen dürfen. Sie müssen eine|n MittlerIn zwischenschalten, zumeist sind das Kulturinstitutionen. Diese suchen dann für die Veröffentlichung um Fördermittel an und die werden dann genehmigt oder eben nicht. Katrin KlotzKatrin Klotz

Das derzeitige Förderungsmodell geht auf das Jahr 1976 zurück. – Es muss ja nicht immer alles, was älter ist, schlecht sein, doch in diesem Fall ist es so, dass das Fördermodell den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Die literarische Landschaft war 1976 ebenso wie die publizistische erst im Entstehen. Das Land war gerade erst durch N. C. Kasers Rede wach gerüttelt worden, das literarische Leben steckte sozusagen erst in den Kinderschuhen. “Die heiligen Kühe” wurden geschlachtet und zunächst fand die neue Generation junger AutorInnen neue Publikationsmöglichkeiten in Zeitschriften – in Südtirol ebenso wie in Nordtirol: die brücke, der Skolast oder Das Fenster in Innsbruck – um nur einige zu nennen. Neben den Zeitschriften fanden die AutorInnen – nicht nur Südtiroler – neue Publikationsmöglichkeiten in neu gegründeten Verlagen in Süd- und Nordtirol. 

Im letzten Viertel des 20. Jahrhundert erlebte das literarische Schaffen in Südtirol einen Aufschwung. Anita Pichler, Oswald Egger, Sabine Gruber und Joseph Zoderer, um nur einige AutorInnen zu nennen. Eine Vielfalt der Themen, Gattungen und Schreibstile zeichnet heute eine lebendige Südtiroler Literaturszene aus. Beatrice von Matt schreibt zu Recht: “Die tonangebenden deutschsprachigen Autoren setzen auch im Rahmen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur Akzente.”

Diesen veränderten Rahmenbedingungen wurde von Seiten der Politik kaum Rechnung getragen. Seit zwanzig Jahren hat es immer wieder auf verschiedenen Ebenen Anläufe gegeben das Fördermodell anzupassen, doch bislang ohne sichtbaren Erfolg. Das Wesentliche eines Verlags wird bei diesem Fördermodell, das in der Substanz darauf beruht Einzeltitel zu fördern, nicht beachtet. Denn ein guter literarischer Verlag zeichnet sich nicht durch einige literarische Bücher – gestreut zwischen Kochbüchern – aus. Nein, ein guter Verlag wird von seinem Programm repräsentiert. Oder, um es mit den Worten eines viel Berufeneren zu sagen: “Bücher müssen miteinander sprechen” – Walter H. Pehle. Und auch eine Qualitätskontrolle – für die ein guter Verlag in idealtypischer Weise steht – ist mit dem jetzigen Fördermodell nicht gegeben, da die Beiträge prospektiv vergeben werden. 

Auch Verlage repräsentieren ein Land und deshalb wäre es schön, wenn zum “geistigen Südtirol” auch unsere Südtiroler Verlage gezählt würden.  

Katrin Klotz aus Lana in Südtirol ist eine Leseratte, die ihre Leidenschaft in ihrem Studium der Deutschen Philologie voll ausleben konnte. In ihrer Diplomarbeit “Verlage in Südtirol – Unternehmen zwischen Kulturpolitik und Wirtschaft. Überlegungen zum derzeitigen Fördermodell” (Innsbruck 2011) beschäftigte sie sich mit der Verlagsförderung in Südtirol. Nach einem kurzen Abstecher in die Schule arbeitet sie nun für den Südtiroler Künstlerbund SKB und betreut dort den Bereich “Literatur und die Dokumentationsstelle für Neuere Südtiroler Literatur”. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in kulturellen Vereinen und organisiert u. a. das Kulturfestival LanaLive. 

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