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February 24, 2014

Geheuchelt und gemeuchelt: Biedermann und die Brandstifter 

David Thaler
Zeitgenössisches in Oper verpackt – Dienstag, 25. und Mittwoch, 26.2. im Stadttheater Bozen.

Herr Biedermann ist kein Unmensch, …ach nein doch!? Er ist zwar ein wohlhabender Haarwasserfabrikant, der es sich in seiner schicken “maison” gemütlich macht, während andere in der Gosse übernachten müssen; aber Unmensch nein, nein, das ist er keiner. Er kann sich zumal auch liebend gern über die neuesten Brandstiftungen in seiner Heimatstadt echauffieren, wenn er wie gewohnt abends, in seinem Ohrensessel sitzend, darüber in der aktuellsten Zeitungsausgabe liest. 
Als Hausierer getarnte – klammheimlich aber waschechte Brandstifter, die an seine Tür klopfen und um ein Nachtlager bitten, weist er grundsätzlich ab. Wenn jene aber mit Geschick seine Türschwelle übertreten und mit ihrer für einen zivilisierten Menschen, wie seine Wenigkeit es natürlich ist, wahrhaft rührseligen Geschichte aufwarten, gewährt er ihnen dann doch Einlass. Er ist wie gesagt kein Unmensch, nein, nein! 
Und obendrein… kann er mit fast allen Freund sein. 

Dies ist kurz skizziert der Stoff zum dramatischen Bühnenstück des Deutschschweizer Schriftstellers Max Frisch “Biedermann und die Brandstifter“, in dessen Anlehnung der gebürtige Prager Komponist Šimon Voseček eine zeitgenössische Oper in mehrjähriger Arbeit verfasst hat. Sie wurde bereits im Jahr 2008 vom österreichischen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BM:UKK) mit dem Förderpreis ausgezeichnet. Von der Neuen Oper Wien schon auf die Bühne gebracht, wird Vosečeks Werk nun in Koproduktion mit der Stiftung Stadttheater und Konzerthaus Bozen in einer italienischen Erstaufführung dem Publikum präsentiert. Das Stück, bestehend aus zwei Akten, sieht acht DarstellerInnen/SängerInnen und das Ensemble Amadeus von Wien unter der musikalischen Leitung von Walter Kobéra vor. 

Die Musik dieses neuen Werkes orientiert sich zu Beginn an den Mustern der klassischen Oper, spiegelt im weiteren Verlauf jedoch den steten Verfall der Situation hin zur Ausartung. Die Ausweglosigkeit, die Biedermanns ängstlich-schmeichelnde Heuchelei in sich birgt, sowie das skrupellos-offenkundige Handeln der Brandstifter führen in der Musik von Mal zu Mal zum Sprachverlust, bis am Schluss die handelnden Personen keinen Handlungsspielraum mehr haben und die Musik völlig sprachlos wird. 
Der junge Komponist und Librettist Šimon Voseček zeigt hier mit Witz und Ironie eine Parabel über das bürgerliche Moralverständnis, die Kritik an der schmeichlerischen Unterwürfigkeit gegenüber einer kriminellen Macht übt. 

Kostuemskizzen_Biedermann_Nele_Elegiers_FB

Nele Ellegiers Skizze zur Masken- und Kostümaufmachung (siehe Bild oben) erinnert stark an die historische Figur des älteren Pierrot, ein Weißclown, der sich als herrischer, intriganter, unsympathischer Spielverderber auszeichnet; sich in dieser Dandy-Abendrobe mit Zylinder aber ebenfalls stark an die kriminelle Figur des Joker anlehnt. 

Bei seiner Uraufführung in Wien vorigen September hat das Stück begeistern können. Dann wollen wir hoffen, dass Béatrice Lachaussée’s Inszenierung gelingt und das Südtiroler Publikum begeistert das Haus verlässt. Ich bin jedenfalls schon gespannt wie’s wird. Aufführungstermine sind der 25. und 26. Februar 2014, jeweils um 20.00 Uhr.

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