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February 5, 2014

Oberrauchs Erlebnishaus: Veränderung oder Verhinderung? – Das Wort an ihn

Kunigunde Weissenegger

Die Nennung der beiden Nachnamen “Oberrauch” oder “Benko” im Zusammenhang mit “Shopping Center” und “Bozen” lässt zur Zeit so manche Gemüter heiß laufen. Die Geschichte kennen wir mittlerweile alle zur Genüge, denke ich: Irgendwann vor vielen Jahren kam auch in Bozen der (berechtigte?) Gedanke auf, ein Einkaufszentrum wär nicht schlecht für die 100.000-EinwohnerInnen-Stadt. So gab es im Lauf der Jahre und Jahrzehnte GegnerInnen und BefürworterInnen, wie es die Natur der Sache eben verlangt. Schließlich schoß mit allem Drum und Dran doch so etwas Ähnliches wie ein Shopping Center aus dem Boden – nicht im Stadtzentrum, sondern etwas ausserhalb: das Twenty. Die Stadtmitte musste bisher auf ein Einkaufszentrum à la Kaufhaus Tyrol oder Sillpark wie beispielsweise in Innsbruck verzichten… Doch nun seit Mitte 2013 wissen wir, dass auch ein René Benko Bozen etwas Großes wie ein Einkaufszentrum zutrauen würde – mit ziemlich konkreten Plänen – “denn wenn einer Kaufhäuser bauen kann, dann der Benko,” eilt ihm ein Ruf voraus. Auch hier ließen die Proteste nicht lange auf sich warten (hier eventuell die Chronologie der Geschichte nachzulesen auf salto.bz anhand des Suchbegriffs Benko). Und schlussendlich kam auch ein sogenanntes Gegenprojekt auf: Oberrauch & Pan gebaren samt Bozner Kaufleute-, Unternehmer- und Freiberufler-Gefolge das Erlebnishaus-Projekt und riefen vor Kurzem zu einem Ideenwettbewerb auf. 

Anlässlich einiger kritischer Kommentare zu ihrer Wettbewerbsausschreibung haben wir die Projektinitiatoren Oberrauch & Co um eine Stellungnahme gebeten. Unsere Fragen lauteten: Was sagen Sie, Herr Oberrauch, und Ihre Mitstreiter zur Kritik an Ihrem Ideenwettbewerb für ein Erlebnishaus in Bozen (Art der Ausschreibung + Zielgruppe, Höhe Hauptgewinn, eigentliche Ziele, Aspekte der Stadtplanung + Architektur…)? Was wollen Sie mit dem Wettbewerb erreichen? – Bedeutet Ihr Shopping Center Veränderung und neue Impulse für Bozen und Südtirol – inwiefern? – oder gilt es zunächst das Benko-Projekt zu stoppen? Im Folgenden lassen wir nun die Erlebnishaus-Projektinitiatoren zu Wort kommen und kündigen hier gleichzeitig an, dass auch eine Stellungnahme zum Projekt eines kritischen Architekten folgen wird. …die Frage, die sich stellt und die wir uns überlegen können, ist: Geht es hier um ein Shopping Center oder um das Zulassen von Veränderung und mehr…?

Über ihren Pressesprecher Jakob Brugger haben die Erlebnishaus-Initiatoren folgendes geantwortet:

„Das Erlebnishaus-Projekt sucht den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern und ist deshalb auch offen für sachlich vorgetragene Kritik. Grundsätzlich nehmen wir aber nicht zu Äußerungen Stellung, die uns per Hörensagen oder über die Kommentarfunktion von Websites zugetragen werden.   Für die Community von franzmagazine machen wir eine Ausnahme, da einige User, die unseren Wettbewerb über franzmagazine kennengelernt haben, auch den direkten Kontakt zu uns gesucht haben. Und einer – auch angeregten – Debatte von Angesicht zu Angesicht stellen wir uns gern.

Die Neugestaltung des Busbahnhofsareals geht uns alle an. Die gesetzlichen Spielregeln für das Vorhaben (im Detail: das Verfahren in Art.  55-quinquies des Landesraumordnungsgesetzes) verlangen allerdings die vollständige städteplanerische Ausarbeitung unseres Projekts innerhalb der lächerlichen Frist von nur 30 Tagen ab Veröffentlichung der entsprechenden Kriterien. Es wird für unsere Planer schon Herausforderung genug sein, das Einreichprojekt innerhalb der vorgegebenen 30 Tage an die zum jetzigen Zeitpunkt noch unbekannten Parameter der Gemeinde Bozen anzupassen. Raum für eine ernst gemeine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Projekt – geschweige denn für die Durchführung eines richtiggehenden Planungswettbewerbs – besteht in diesem Zeitrahmen leider nicht.

Als Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bozen fänden wir es natürlich erstrebenswert, dass die Neugestaltung des Areals eingehend unter städteplanerischen, architektonischen und soziologischen Aspekten diskutiert würde; nach meiner persönlichen Auffassung stellt eine solche Debatte im Gegenteil eigentlich eine Grundvoraussetzung für die städteplanerisch und gesellschaftlich nachhaltige Entwicklung des Areals um den Bozner Busbahnhof dar. Das Gesetz sieht das aber anders und damit müssen wir leben.

Kurz: wir würden gern einen Städteplanungs- oder Architektenwettbewerb lancieren; das Gesetz sagt aber njet. Beklagt euch darüber nicht bei uns, sondern bei den Leuten, die für das Gesetz verantwortlich sind.

Nichtsdestoweniger meinen wir es mit dem Thema „Bürgerbeteiligung“ ernst. Der freie Ideenwettbewerb – in dem es in erster Linie um die Nutzung und nur in zweiter Hinsicht um die Gestaltung des Areals und der Strukturen geht – ist zum jetzigen Verfahrensstand gerade wegen seiner Flexibilität die einzige Form des Austausches mit den Bürgerinnen und Bürgern, die Ergebnisse verspricht, die wir in den folgenden Projektphasen tatsächlich verwerten können. Wir sehen darin einen Anreiz und einen Rahmen für die Bürgerinnen und Bürger, einen kleineren oder größeren Vorschlag für die Nutzung des Geländes und der Struktur einzubringen. Der Artikulierung der eingebrachten Ideen setzen wir dabei ganz bewusst weder nach unten noch nach oben Grenzen.  

Natürlich erhoffen wir uns durch den Ideenwettbewerb auch eine Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Wichtigkeit der Berücksichtigung des Allgemeininteresses bei der Aufwertung des Areals um den Busbahnhof – ein Aspekt, der nach unserer Ansicht gerade bei dem Projekt unseres Mitbewerbers zu kurz kommt. Ziel unseres Projektes ist die Generierung von Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger und für die Stadt Bozen – und selbstverständlich auch für unsere Investoren. Unsere Handels-, Tourismus-, Wohn- und Mobilitätskonzepte sind nicht nur zeitgemäß, sondern zukunftssicher. Wir wollen Bozen mit eigenen Ideen um eine Attraktion reicher machen. Wir wollen unser Projekt bauen, weil es besser ist als das der Konkurrenz. Wenn wir dadurch verhindern, dass in Bozen provinzielle Konzepte von vorgestern aufgewärmt werden, dann ist uns das nur recht.“

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There are 2 comments for this article.
  • Lorenz Brugger · 

    Soso, beklagt euch also bei den Leuten, die dieses Gesetz verabschiedet haben… ich würde sagen: wenn man schon weiß, dass es so einen lächerlichen Zeitraum für die Planung gibt, warum versucht man dann trotzdem so ein Projekt auf die Beine zu stellen? Das kann ja nur schief gehen, mal ehrlich, kein professioneller Planer lässt sich bei dem Zeitplan auf so ein Projekt ein… außer er hat eine regelrechte Armada von Mitarbeitern hinter sich. Nun das hat zur Folge, dass die Projektierung überdimensional viel Geld kostet ODER die Armada besteht aus extrem unterbezahlten Leuten, nicht gerade moralisch vertretbar…

    Anstatt dass die Bozner Kaufleute (AKA Oberrauch) sich auf ein Gespräch mit Benko mal treffen und sondieren, wie man vielleicht GEMEINSAM an diesem Projekt arbeiten kann und dabei das Benko Projekt einfach besser macht, kocht hier schön jeder sein eigenes Süppchen… DAS ist provinziell Herr Jakob Brugger. Verstecken Sie sich nicht hinter der fadenscheinigen Äußerung der Suche nach dem Dialog mit den Bürgern, das kauft Ihnen doch kein denkender Mensch ab.

  • Lorenz Brugger · 

    achso ja eine Frage wäre da noch: warum schaffen es andere, einen ordentlichen Wettbewerb auszuschreiben: Bahnhof Bozen oder etwa der kürzlich ausgeschriebene Wettbewerb für die Erweiterung der EURAC?
    Diese Frage hat mir das Team von Erlebnishaus auf Anfrage nicht beantwortet.