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January 24, 2014

Was tut Landsmann Lanz den Deutschen an?

Teseo La Marca

Ein Dorn, nein, eine richtige Lanze im Auge vieler Menschen, die spätabends noch gerne ins Zweite Deutsche Fernsehen klicken, muss unser Lanzmann – Verzeihung – Landsmann Markus Lanz sein. Anders lässt sich eine Petition mit weit über 160.000 Unterstützern (zum Entstehungszeitpunkt dieses Textes – Tendenz steigend) gegen ihn nicht erklären.  Eine überaus interessante Angelegenheit, wenn man bedenkt, was Moderator auf Latein bedeutet: derjenige, der Mäßigung übt. Stattdessen macht Lanz etwas ganz anderes, er spaltet die Geister.

Auslöser des ganzen  Trubels  war sein Interview mit der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht in seiner gleichnamigen Sendung. Freilich, seine guten Manieren ließen zu wünschen übrig. Und wenn man seine Attacken gegen Frau Wagenknecht als politische Parteinahme interpretiert, dann kann man dasselbe auch über seinen journalistischen Stil sagen.  Aber 160.000 (und mehr) gegen einen, das gibt dann doch zu denken. 

Bei “Wetten dass…” läuft  es  auch eher schlecht als recht. Noch im Herbst letzten Jahres verkündeten  die einheimischen Mainstreammedien euphorisch die Moderation der Erfolgssendung durch einen Südtiroler. Dass seitdem die Zuschauerquoten den Bach runtergingen, davon hörte man hierzulande wenig. Manche finden die Sendung plötzlich platt, andere sogar lanzweilig – Verzeihung – langweilig. Dabei liegt das Problem nicht so sehr an Lanz selbst, als vielmehr am demographischen Wandel. Gut zwei Drittel der Zuschauer sind über 49 Jahre alt. “Wetten dass…” ist eine Seniorensendung. Klar, dass ältere Leute einen altgedienten und altbekannten (die Vorsilbe “alt” ist kein Zufall)  Thomas Gottschalk dem jungen, manchmal ostentativ unerfahrenen Südtiroler vorziehen. 

Einfach wegschalten, das wäre  wohl  auch  die Lösung für das jüngste Problem mit Markus Lanz’ gleichnamiger Abendshow. Bei einer Einschaltquote  von ungefähr zwei Millionen  macht sich der ZDF ohnehin nicht viel aus 160.000+ Online-Unterschriften, zumal es eben Online-Unterschriften sind. Jeder Lanzwurst – Verzeihung – Hanswurst macht  doch  bei solchen Aktionen mit, ob aus ehrlicher Empörung, unbegründeter Antipathie oder einfach nur aus Neid auf Lanz’ gutes Aussehen, Erfolg oder  – last but not least –  dessen Herkunft (diese  Aussage soll nicht die geographischenVorlieben  des Autors, sondern  die  der  meisten  Deutschen wiedergeben. – Anmerkung der Redaktion).

Was Markus Lanz seit letzter Woche an Hetze und Häme einkassiert, gewinnt Sahra Wagenknecht indes als Sympathie. Allerdings handelt es sich kaum um politische Sympathie oder um Bewunderung für ihre redegewandte  Selbstsicherheit, sondern um eine Sympathie, die von Mitleid und Beschützerinstinkten herrührt. Dabei ist Sahra Wagenknecht, die schon in der Vergangenheit bei Lanz zu Gast war,  doch  aus freien Stücken in die Sendung gegangen, um für ihre Botschaft eine  vielgesehene Plattform zu bekommen.

In dieser Geschichte  begegnet uns  wieder  mal  das Symptom einer durch und durch konventionalisierten Gesellschaft, die mehr auf Form als auf Inhalt setzt.  Und um dieser guten Form willen werden  solche  Petitionen ins Rollen gebracht.  Ob der armen Sahra  und ihrer Botschaft  dadurch geholfen ist, darf bezweifelt werden.

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