Besuch beim Buch: Streifzug durch die Frankfurter Buchmesse 2013

Frankfurter Buchmesse - Nurettin Çiçek

Als Buchmessen-Greenhorn kann man sich in wildeste Fantasien über die Buchmesse versteigen. Sie reichen von einem Literaturzirkel voller Schnösel, die sich mit abgespreiztem kleinem Finger über Themen unterhalten, die sie selbst nie verstanden haben, bis zur marktschreierischen Atmosphäre eines Dorfmarktes. Das erste Mal auf der Frankfurter Buchmesse.

Die Bozner Messehalle nimmt mit 35.000 Quadratmetern für Südtirol schon recht stattliche Dimensionen ein und bleibt doch ein Liliput neben dem Frankfurter Messegelände. Auf einer 16 Mal so großen Fläche erstreckt sich das Areal und allein zur jährlichen Buchmesse Mitte Oktober wälzen sich an die 300.000 Besucher in seine Hallen. Die Besucherfauna fällt dabei recht bunt aus, vor allem am Wochenende. Während sich wochentags die Nadelstreif-Signori des Fachpublikums treffen, um nach eigenen Angaben „Kontakte aufzufrischen“, darf am Samstag und Sonntag jeder kommen, der an Büchern Freude findet. 

Dann strömen in die Messe nicht nur verlegersuchende Autoren, die einen Termin bei einem Literaturagenten ergattern konnten. Auch Bücherwürmer, Schaulustige und jede Menge Verkleidete bevölkern die Gänge und Verlagsstände. Letztere folgen schon seit Jahren einem Aufruf der Organisatoren, dass sich jeder, der in Gestalt einer Fantasiefigur kommt, den Eintritt spart. So trifft man auf zahlreiche Harry Potters, Pikachus und andere Geschöpfe, deren Namen oft nur die Vermummten selbst kennen. Sie zaubern und tanzen durch die Säle und bekriegen sich auf dem zentralen Platz mit überdimensionalen Schwertern. Für manche aus der Messemasse sind sie wohl die Stars, die Attraktion, die zu fotografieren sie gekommen sind. 

Doch auch die Literaten lassen sich nicht lumpen: Sie diskutieren an den Ständen, ob ein Daniel Kehlmann schon zur Weltliteratur gehöre und prüfen die Reclam-Universalbibliothek auf ihnen noch fehlende Werke. Beim Vortrag zum Thema „Allegorien und Utopien“, der im Pavillon der diesjährigen Ehrennation Brasilien stattfindet, muss man sich um einen Stehplatz streiten. 
Der Pavillon selbst ist mit imposanten, regenwaldfressenden Wänden aus verschachtelten Kartonen verkleidet, die die Bedeutung des Rohstoffes Papier für Brasilien darstellen und auf seine literarische Kultur hinweisen sollen. Bücher gibt es hier weniger, dafür Hängematten, in denen man sich brasilianische Lyrik anhören kann, gleich neben riesigen Bildschirmen, über die Eindrücke aus dem Gastland flimmern. Überhaupt verkörpert diese Halle ein wenig den Geist der Frankfurter Buchmesse, die den Drahtseilakt zwischen reiner Kultur und bloßer Unterhaltung meistern muss, wo Faschingsfreunde und Literaturliebhaber gleichermaßen auf ihre Kosten kommen müssen. Das Ergebnis ist ein Literaturzirkel mit Dorfmarktcharakter. 

Foto oben: Frankfurter Buchmesse, das Comic-Zentrum in Halle 3.0, Nurettin Çiçek

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