Rosengarten

August 26, 2013

Open Up Your Zwölfmalgreien: „Raum ist viel mehr als Häuser, Flüsse, der nächste Parkplatz“. Mapping-Workshop mit Stefan Kasberger @ Rosengarten Festa

Kunigunde Weissenegger
Den öffentlichen Raum mit neuen Augen erkunden und diese Entdeckungen mit anderen teilen und so auf neue Ideen kommen – das ist kurz erklärt der Inhalt des Workshops „Open Up Your Zwölfmalgreien“ mit dem Open Sourcer Stefan Kasberger am 14. Septermber 2013 in Bozen. Wir wollten von ihm mehr über die von franz, Transart, Elevate und TIS organisierte Veranstaltung wissen.

Schon einmal etwas von Open Science, also freie und offene Wissenschaft, gehört? Ja? Nein? Doch einen der folgenden Begriffe habt ihr sicher schon mal irgendwo aufgeschnappt: Open Data, Open Source, Open Access, Open Methodology oder Open Peer Review. (Nähere Erklärungen findet ihr hier.) Klingt doch spannend, oder? Aber vielleicht zunächst auch ein wenig verwirrend… Dem verschaffen wir gerne Abhilfe. Denn im Rahmen der Rosengarten Festa am Samstag, 14. September 2013 lädt franzmagazine gemeinsam mit Elevate (dem Grazer Festival für Musik, Kunst & Politischen Diskurs) sowie Transart und Opengisdata.eu (ein Projeckt von TIS, finanziert von EFRE) zum Mapping-Workshop „Open Up Your Zwölfmalgreien“ in das Bozner Stadtviertel. Der Workshop findet von 10 bis 17 Uhr statt, die Teilnahme ist kostenlos. Anmelden könnt ihr euch sogleich hier bei uns: info@franzmagazine.com. 

Den Workshop wird kein geringerer als der Grazer Stefan Kasberger leiten, der sich seit fünf Jahren konkret mit dem Thema beschäftigt und 2011 zusammen mit Christopher Kittel das Open Science Projekt gestartet hat, (welches im Oktober mit dem Namen openscienceASAP einen Relaunch haben wird), indem sie eine Plattform anbieten, auf der Open Science umgesetzt werden kann. Daneben ist Stefan Kasberger aber auch immer wieder in unzählige Projekte involviert, wie dem BarCamp Graz, der der OKFN Open Knowledge Foundation Austria, OpenDataGraz.at und seit diesem Jahr zusammen mit einem Freund den Podcast rund um Technologie und Gesellschaft Murstrom.at. Ansonsten studiert der Grazer seit drei Jahren Umweltsystemwissenschaften mit Schwerpunkt Geographie in Graz. Neben seiner großen Leidenschaft Open Science beschäftigt er sich sehr viel damit, was sich in der Welt tut – von Kunst und Kultur über Politik und Medien bis hin zum Sport und Ausgehen. Mein großes Interesse galt vorerst aber dem Open Science. Darüber und was beim Workshop am 14. September passieren wird, habe ich mich mit ihm unterhalten. 

Zunächst: Was ist Open Science, Stefan?

Open Science ist eine Bewegung, die versucht den wissenschaftlichen Prozess, soweit wie möglich und sinnvoll, zu öffnen. Wichtigster Punkt dabei ist die finale Publikation (Open Access), aber auch die erzeugten Daten (Open Data) und die Programmierzeilen (Open Source) sollen frei zugänglich gemacht werden, denn nur so lässt sich Wissenschaft reproduzieren und Qualitätssicherung durchführen. Es ist natürlich auch viel effizienter, wenn nicht jede*r alles wieder von Neuem selber machen muss, und in vielen interdisziplinären Bereichen kann es ohne offenen Wissensaustausch heutzutage eh nicht mehr funktionieren. Dabei geht es auch immer um Urheberrecht.

Worum wird es im Workshop “Open Up Your Zwölfmalgreien” in Bozen gehen? Wie können wir uns das vorstellen?

Wir werden gemeinsam mit möglichst vielen TeilnehmerInnen durch Zwölfmalgreien gehen und uns den öffentlichen Raum ansehen. Dabei kann jede*r mittels einer Webapp, wenn er/sie will, Textnachrichten und wahrscheinlich auch Bilder, versehen mit der aktuellen Geokoordinate, aufnehmen. Diese Daten werden im Hauptquartier gesammelt, visualisiert und analysiert. Am Ende soll dann darüber geredet werden, was die Leute geschrieben haben und wie sie den Raum wahrgenommen haben. Es geht uns dabei in erster Linie gar nicht um die technische Ebene. Viel mehr sollen die TeilnehmerInnen den öffentlichen Raum mit neuen Augen erkunden und ihre Entdeckungen mit anderen teilen und so auf neue Ideen kommen. Genau so wird auch transdiziplinäre Wissenschaft gemacht: mit den Leuten vor Ort und ihrem Input, zusammen und in einem offenen Diskurs.openscience.alpine-geckos.atWer kann mitmachen? Für wen ist der Workshop interessant? Muss mensch Vorkenntnisse haben? 

Vorkenntnisse braucht es keine. Mensch muss lediglich ein Mobile Device mit Internet haben und bedienen können und voll aufgeladen mitbringen. Besonders spannend ist es natürlich, wenn aus möglichst unterschiedlichen Bereichen Menschen dabei sind. Gerade der Austausch zwischen beispielsweise AnrainerInnen, SchülerInnen, StädteplanerInnen, KünstlerInnen oder PolitikerInnen macht das Ganze erst richtig interessant. Ist also somit für fast alle zwischen 6 und 99 Jahre.

Was passiert mit den zusammengetragenen Daten dann und wo landen sie? 

Die Daten – also die Texte, Bilder und Geokoordinaten – werden von uns gespeichert und auf einer digitalen Karte visualisiert. Das Besondere ist: Diese werden unter einer offenen Lizenz nach den Open-Data-Prinzipien zum Weiterverwenden frei gegeben. Wichtig dabei ist uns aber natürlich, dass die Daten keinen Personenbezug haben. Jede*r darf seinen Nickname für die Anwendung selber wählen, Kunstnamen natürlich inkludiert. Ich bin da schon sehr gespannt, denn ich glaube, die meisten Menschen sind sich gar nicht bewusst, dass sie tagtäglich schon viele Daten hergeben – und zwar in viel umfassenderem Ausmass und nicht zum Weiterverwenden für alle, sondern nur für einige wenige Konzerne.

Was wollt ihr mit dem Workshop erreichen?

Wie oben schon gesagt, wollen wir die Leute dazu bringen, ihren gewohnten öffentlichen Raum mit neuen Augen zu sehen und das Prinzip der Offenheit zeigen und die Vorteile von Open Source Software und Open Data aufzeigen. Dadurch werden wir aber sicher einige spannende Themen der Zukunft streifen, wie beispielsweise: Was soll privat sein? Was muss öffentlich sein? Wer bestimmt das? Besonders jetzt mit NSA, Open Government und Facebook keine irrelevanten Fragen.

Und noch eine Frage zu Mapping Party, da der Begriff ziemlich oft fällt: Was ist das?

Für mich ist eine Mapping Party einfach nur ein Treffen, wo man gemeinsam in den öffentlichen Raum rausgeht und Geokoordinaten sammelt. Ob diese dann für den eigenen privaten Gebrauch verwendet werden oder um Informationen in das OpenStreetMap Projekt einfließen zu lassen, ist dann je nach Interesse der Gruppe und dem Zweck der Mapping Party. Bei unserem Workshop in Zwölfmalgreien wird es stark darum gehen, was und wie die Leute den öffentlichen Raum wahrnehmen, denn Raum ist viel mehr als Häuser und Flüsse und „wo der nächste Parkplatz steht“. Das fängt an bei Gerüchen, Kunst im öffentlichen Raum bis hin zu ganz individuellen Eindrücken, wie Gefühle – einfach, was einem in den Kopf kommt, insbesondere ungewöhnliche, neue Gedanken.

stefan kasbergerWie bist du zum Befreien von Daten bzw. zu Open Science gekommen?  

Der Weg zu Open Science hatte mehrere Schritte. Als ich 2008 begonnen habe, mich im Zuge der Wirtschaftskrise mit dem Wirtschaftssystem zu beschäftigen, bin ich auf Commons gestoßen, also Gemeingüter. Durch meine Vergangenheit als Informatiker dann auf digitale Commons – und letzten Endes, durch den Beginn meines Studiums, auf Open Science und war letzten Endes zu Beginn ziemlich enttäuscht, wie verschlossen Wissenschaft und Bildung statt finden. Daher hab ich dann selber etwas gemacht.

Du beschäftigst dich schon seit längerem mit dem freien Zugang zu Daten und zu den vorangehenden Prozessen. Warum ist dir das so wichtig?

Bei freiem Wissen geht es mir zentral darum, den Kernauftrag einer Demokratie zu ermöglichen: eine gerechtere Gesellschaft. Eine der Voraussetzungen dazu ist der Zugang zu Wissen: um Entscheidungen zu treffen, um mitreden zu können, um etwas zu verstehen, also um am Diskurs teilzunehmen. Wissen ist auch immer Macht – wie auch eine Diskussion am Elevate dieses Jahr zeigen wird – und frei zugängliches Wissen ist Macht für alle. Damit konkreter beschäftigen tue ich mich jetzt seit fünf Jahren, aber an sich war das für mich immer ein Teil von mir.

Interessante Links:
transart.it/News/de/158/3303/39686.aspx
openscience.alpine-geckos.at
github.com/skasberger/neokarto-party
2013.elevate.at/home
www.tis.bz.it
opengisdata.eu

Illustration: Journal Pone

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Comments

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There is one comment for this article.
  • cornelia · 

    Hallo, ich finde dieses konzept genial. Ja, ich würde das schon gerne machen – den öffentlichen Raum mit neuen Augen sehen und dazu auch noch meine Beobachtungen, Eindrücke in Form von Bildern, Texten und Geokoordinaten einspeisen. Und dann das Ganze auf einer digitalen Karte visualisiert bekommen … Ich glaube auch, dass dieses Konzept als Workshop gut funktionieren kann.
    Darüber hinaus interessiert es mich, da ich gerade bei einem Forschungsprojekt zum Thema “Schulraumentwicklung” mitarbeite, wobei die Einbeziehung von Stadtteilen bzw. der Umgebung der Schule wichtig wird … Auch die SchülerInnen und LehrerInnen als primäre NutzerInnen sollen ihre räumlichen Wahrnehmungen, Vorlieben und Wünsche artikulieren, sodass in Zukunft mehr und mehr Lernumgebungen geschaffen werden, die zu den Bedürfnissen der Menschen passen. Diese Möglichkeit des Mappings wäre dafür optimal.
    Hoffe, dass diese Ideen gut gedeihen!

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