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July 24, 2013
Hallo Ciao Maroc #01. Marokko, alles anders und doch so viele Gemeinsamkeiten
Franz
Text von Anna Gläserer
Marokko. Flugzeugbild. Braune Äcker und Felder, Dünen und Wüsten. Ankunft. Vollmond. Begrüßung, Küsschen, Gesang, Lachen. Und alles auf zum Händewaschen, kaltes Wasser. Essen. Gemeinsam. Alle von einer Schüssel, mit der rechten Hand, ungebrauchtes Besteck, ölige Finger. Aus Smalltalk wird Geplauder und schließlich eifriges Erzählen. Auf in die Familie. Im Auto, Platz für acht? Quetsch, quetsch alle rein. Anschnallen, gibt’s nicht, braucht’s nicht. Vorfreude. Staunen. Bunte Straßen, bunte Leute, bunte Welt. Haus. Riesensofa, Platz für alle. Familie. Küsschen. Geschenke. Aus Haus wird Zuhause. Müde. Schlafen. Harte Matratze, hart wie Stein. Hitze, die Decke klebt an meiner Haut. Lärm von draußen, Hundebellen, Reifenquietschen, Autohupen, Eselschreie. An Schlaf gar nicht zu denken. Kribbeln im Bauch. Vorfreude. Die Toilette. Ein Fall für sich. Keine Duschwand. Oh Gott. Kennenlernen. Begrüßungsritual, am Anfang kritisch über sich ergehen lassen, am Ende heißgeliebt. Handschütteln, Küsschen links, Küsschen rechts. Viel herzlicher als bei uns. Man hat das Gefühl, dass jeder gleich wichtig ist. Jeder darf sein, wie er ist, und wird von der Gruppe respektiert und schließlich geliebt aus tiefstem Herzen. Staunen. Schüchternheit verfliegt im Nu. Und aus ruhigen Teenies wird eine Laute Bande. Namen merken. Ein Ding der Unmöglichkeit. Neue Wörter. Alle klingen gleich. Matschpampe im Hirn. Hitze. Essen, mmmh lecker. Zu viel, viel zu viel. Nachmittagsruhe. Abends raus aus dem Haus und ab ins Abenteuer. Taxifahren. Schrottkarre, sieben Leute, wo eigentlich nur fünf hätten sein sollen. Hitze. Fahrtwind. Dirham?? Große Scheine. Kleiner Wert und doch kann man so viel dafür kaufen. So viele dürre, kleine, heimatlose Kätzchen auf der Straße. Will sie alle mitnehmen. Abends müde. Kaputt. Schlafen?? Nein! Abendessen. Ein Blick auf die Uhr halb zwölf. Langsam wird aus dem einen und anderen fragenden Blick ein verständnisvolles Schmunzeln. Die Leute bunt verschieden. Mit Kopftuch. Ohne. Total verschleiert. Normal?! Auf dem Markt. Wir waten durch eine Pampe aus Blut und Wasser. Fische. Frisches Obst. Tote Ziegen. Gewürze. Eselskutschen. Kinder. Gestank. Plötzlich ein komischer Gesang aus dem Turm. Aufruf zum Gebet. Und ab in ein typisches Bad „Hammām“. Nackte Frauen so weit das Auge reicht. Alle sitzend im Halbdunkeln wasserschöpfend aus großen Kübeln. Dann zum Frisör. Große, braune Bürsten, voll mit schwarzen Haaren. Chaos. Ekelgefühle. Kaputte Stühle und noch mehr Chaos.
Am Abend in die „Mega Mall“. Rieseneinkaufszentrum. Modern. Neu. Fast schon europäisch. Henna. Dunkles Pulver. Zitrone. Wasser. Und dann rühren. In eine Spritze rein. (Kurze Panikattacke.) Und los. Puuh, kein Nadelstich. Die Frau fährt mit der Spritze über die Haut und zeichnet wunderschöne Muster auf meine Hand. Trockenzeit. Nichts anfassen, bitte. Dann Abwaschen. WOW.Verkehr: Autos sind überfüllt, wenn man von Auto sprechen kann. Eigentlich Schrottkarren. Motorradfahrer ohne Helm. Ans Anschnallen denkt sowieso keiner. Alle fahren kreuz und quer. Hupen. Schimpfen. Bremsen. Autoreifenquietschen. Zebrastreifen gibt es. Selten. Jeder rennt einfach irgendwo irgendwie über die Straße. Ampeln werden gern übersehen. Eselskutschen auf dem Highway. Andere Sprache. Anderer Kontinent. Anderes Essen. Andere Religion. Andere Stadt. Andere Straßen. Und doch so viele Gemeinsamkeiten. Dieselbe Musik. Dieselben Filme. Dieselben Hobbies. Dieselben Probleme. Dieselben Gefühle. Dieselben Menschen. Am Ende der Abschied. Tränen. Umarmungen. Küsschen. Tränen. Geschenke. Tränen. Tränen. In dieser Woche hat sich zwischen Fremden Freundschaft, vielleicht sogar Bruderschaft entwickelt. Vorurteile sind zerstört und Erinnerungen geschaffen worden. Brücken wurden gebaut und Gemeinsamkeiten gefunden. Nun sind wir wieder auf dem Weg nach Südtirol, doch ein Teil von uns bleibt dort in Marokko. Einen Teil von uns haben wir dort gelassen, gemeinsam mit bunten Freundschaftsbändchen, Bergen von Erinnerungen und dem Versprechen irgendwann zurückzukehren.
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