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May 25, 2013

„Ich inszeniere, was ich mag: coole, nüchterne, gut erzählte Stücke“. Regisseurin Anna Heiss, Theaterensemble VonPiderZuHeiss, im Interview

Kunigunde Weissenegger
Regisseurin Anna Heiss im Interview über den roten Faden bei der Stückauswahl, die Inszenierungsarbeit und natürlich über das neue Stück des Studententheater-Ensembles VonPiderZuHeiss „Als ich heute aufwachte, aufstand und mich wusch, da schien mir plötzlich, mir sei alles klar auf dieser Welt und ich wüsste, wie man leben soll“.

Sie sind zurück. Mit: „Als ich heute aufwachte, aufstand und mich wusch, da schien mir plötzlich, mir sei alles klar auf dieser Welt und ich wüsste, wie man leben soll“ beziehungsweise kurz gesagt: „…wie man leben soll“. Das Studententheater-Ensemble VonPiderZuHeiss zeigt heute, 25. Mai 2013, 20.30 Uhr, noch im Anreiterkeller der Gruppe Dekadenz in Brixen eine Adaption des russischen Dramas „Drei Schwestern“ von Anton Tschechow. Der Wiener Autor Xaver Bayer hat das Stück adaptiert und für sein erstes Bühnenstück diesen etwas sperrigen, langen Titel gewählt. VonPiderZuHeiss arbeiten nach der erfolgreichen Inszenierung von Mark Ravenhills „Pool (Kein Wasser)“ im Mai 2012 abermals mit einem zeitgenössischen Theatertext. Es spielen Benedikt Meixl aus Salzburg, Moritz Nowak aus Wien, Nora Pider aus Brixen, Valentina Schatzer aus Villnöss, Julia Vontavon aus Brixen; die Choreographie ist Nora Piders Hand, Souffleuse ist Alessia Celentano. Weil ich mehr erfahren wollte, habe ich Anna Heiss, Regisseurin des spannenden Stücks, zum Interview gebeten. 

Wissen wir nach dem Stück, “…wie man leben soll”?

„…wie man leben soll“ ist lediglich der Kurztitel. In voller Länge lautet er: „Als ich heute aufwachte, aufstand und mich wusch, da schien mir plötzlich, mir sei alles klar auf dieser Welt und ich wüsste, wie man leben soll“. Wir haben ihn gekürzt, um ihn zugänglicher zu machen. Der Konditional aus dem Langtitel weist schon auf eine gewisse Verunsicherung hin. Im Stück werden verschiedene extreme Lebensentwürfe durchgespielt: Man wäre gerne ein rasender Reporter, ein Mädchenhändler, einer von den Beatles, eine Terroristin, der letzte Mensch auf der Welt usw. Das Stück birgt keine Ratschläge oder Handlungsanweisungen, am Ende finden die Protagonisten zu einer nachvollziehbaren, aber unangenehmen Conclusio, die man teilen kann. Vielleicht wissen wir nicht, wie man leben soll, aber was das Leben mit einem machen sollte. Mehr will ich hier nicht verraten.

VonPiderZuHeiss  - ...wie man leben sollte - Leonhard Angerer

“Als ich heute aufwachte, aufstand und mich wusch, da schien mir plötzlich, mir sei alles klar auf dieser Welt und ich wüsste, wie man leben soll” – in Originallänge – ist die Tschechow-Adaption von “Drei Schwestern” des Wiener Autors Xaver Bayer und sein erstes Bühnenstück. Warum habt ihr euch für ihn und sein Stück entschieden?

Das hat auf der einen Seite ganz pragmatische Gründe: Ich habe nach einem Stück mit jugendlichen Protagonisten gesucht – da gibt’s nicht so viele. Außerdem passiert die Stückwahl, bevor ich weiß, wer alles mitspielt, also habe ich ein Stück gesucht, das mir Freiheiten in der Besetzung lässt. 
Es ist in unserem, einem studentischen Umfeld, angesiedelt. Die Fragen, die verhandelt werden, sind solche, die uns beschäftigen. Identifikation ist wichtig! Das Stück ist toll aufgebaut, die Textmontage ist spannend. Es schafft eine Brücke zwischen der Entstehungszeit – 1899 – und dem Jetzt. So viel hat sich in den 114 Jahren verändert, so viel ist gleich geblieben. Die Menschen von heute haben die selben Freuden, Ängste und Nöte wie damals. Das ist doch spannend und führt uns eine grundlegende Menschlichkeit vor Augen, die mich rührt. Das Stück hat keine klassische, dramatische Struktur, was uns viel Spielraum, viel Freiheit gegeben hat; das Stück für unsere Zwecke zu adaptieren hat großen Spaß gemacht.

“Pool (No Water)” aus der Feder des englischen Dramatikers Mark Ravenhill war euer letztes Stück. Was ist euch im Allgemeinen bei der Auswahl eurer Stücke wichtig?

Wir wählen zeitgenössische Dramatik, weil die Stücke an die heutigen Produktionsbedingungen der Theaterschaffenden angepasst sind: Wir haben wenig Budget und wenig Zeit, also arbeiten wir mit kleinen Ensembles, ohne Bühnenbild, ohne aufwändige Kostüme. Nach all dem verlangt zeitgenössische Dramatik nicht. Klassiker zu adaptieren ist ein wahnsinnig schwieriges Unterfangen, das ohne die Unterstützung eines guten Dramaturgen oder einer guten Dramaturgin meist schief geht, deswegen machen wir das nicht. Die Stückwahl unterliegt mir. Es gibt keine großartigen Auswahlkriterien, ich inszeniere, was ich mag: coole, nüchterne, gut erzählte Stücke. Ich entscheide mich für solche Stücke, mit denen wir uns identifizieren können, solche die in unserem Umfeld angesiedelt sind. Meistens fällt mir ein Stück in die Hände und ich weiß schon nach ein paar Seiten: Das ist es! Das fühlt sich dann an wie Fügung.

VonPiderZuHeiss  - ...wie man leben sollte - Leonhard Angerer

Auffallend anders und unüblich finde ich auch eure Inszenierungen. Worauf legt ihr dabei besonders Wert?

Im Zentrum steht die schauspielerische Arbeit, darauf verwenden wir den Großteil der Energie. Es geht um einfach gutes Spiel. Durch den Mix aus tänzerischen und theatralen Elementen, hat sich schnell ein Stil heraus kristallisiert. Im Theater geht es um Kommunikation, wir kommunizieren über die Medien der Sprache, durch Körper und Text, durch Gestik und Mimik und durch Musik, die einen wichtigen Stellenwert in unserer Arbeit einnimmt. Wir sind bemüht um dichte Inszenierungen, wollen Längen vermeiden, wollen rühren und ästhetisches Empfinden, wie Intellekt stimulieren.
Bei dieser Inszenierung war es mir wichtig, die Grundstimmung zu verstärken; ich habe nach Wegen gesucht, diese ins außersprachliche zu übersetzen. Das Stück ist sehr inhaltsschwer, reicht manchmal ins Referierende. Ich musste den Text abspecken und theatral aufbereiten. Es galt die Waage zwischen Handlung und Referat zu halten, das ist mir, glaube ich, ganz gut gelungen.

Fotos: Leonhard Angerer

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