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May 16, 2013

People I Know. Nilo Klotz, Street Photographer

Kunigunde Weissenegger
Aufmerksam beobachten, geduldig sein, Unvorhersehbares genau dann einfangen, wenn es passiert, und den richtigen Augenblick dokumentieren. Mit der Kamera. Das ist Straßenfotografie. Das nächste Motiv wartet hinter der nächsten Ecke.

Seine großen Leidenschaften sind Skifahren, Djing und Slacklinen. Seine allergrößte ist jedoch die Fotografie, im Besonderen die Street Photography. Geboren ist er vor 23 Jahren in Bozen und dort hat er auch die Matura an der Gewerbeoberschule gemacht. Dann zog es ihn nach Wien: zunächst für ein Semester an die Wirtschaftsuniversität, wovon er sehr enttäuscht war. Deshalb wechselte er zur Architektur. Während seines Studiums an der Technischen Universität Wien hat er dann die Fotografie kennen und lieben gelernt. Ich habe den Straßenfotografen vor nicht allzu langer Zeit kennen gelernt und weil mich ”sein” Thema neugierig gemacht hat, hab ich ihn zum Interview gebeten. Und hier geht’s zu seiner Gallery auf franz.

Nilo, wie bist du zur Fotografie und dann zur Street Photography gekommen?

Zur Fotografie bin ich durch mein Architekturstudium gekommen. Davor machte ich lediglich Fotos mit meiner Handykamera, alle zu rein dokumentarischen Zwecken. Im zweiten Semester an der TU wurde uns gesagt, dass wir für das Architekturstudium eine Kamera benötigen würden. Somit bekam ich von meinem Vater zu Weihnachten eine digitale Spiegelreflex geschenkt. Dann begann ich mich im Internet mit Informationen über Ausrüstung, Aufnahmetechniken usw. vollzusaugen. Zur Street Photography bin ich eigentlich zufällig gekommen, über ein E-Book von Thomas Leuthard, welches damals frei zugänglich in einem Internetforum angepriesen wurde. Allerdings haben mich davor auch Reportagefotos weitaus mehr angesprochen als Landschaftsaufnahmen oder Kunstfotografie, insbesondere die Fotos der Magnum-Fotografen waren mir auch schon vor meinem Einstieg in die Fotografie gut bekannt.

Was heißt Street Photography für dich? Wie lange machst du das schon? Was ist die Philosophie dahinter?

Für mich persönlich bedeutet Street Photography die Freiheit, alles Geschehen auf der Straße zu beobachten und zu dokumentieren. Das Spannende daran ist, dass nichts vorhersehbar ist und dass hinter jeder Ecke eine neues Motiv sein könnte.
Die Aufgabe der Straßenfotografie ist es, das öffentliche Leben in den verschiedenen Gesellschaften der Welt zu dokumentieren. Bewusst mache ich diese Art der Fotografie jetzt seit ungefähr eineinhalb Jahren.

Gibt es so was wie den King of Street Photography? 

Einen richtigen King gibt es heutzutage nicht. Der wahrscheinlich einflussreichste Fotograf in diesem Genre war und bleibt unangefochten Henry Cartier Bresson.

Hast du Vorbilder? Wen?

Direkte Vorbilder habe ich nicht, aber ich bewundere immer gewisse Fotografen um etwas Besonderes, was mir momentan in meinen Bildern fehlt. Zum Beispiel die Leichtigkeit Jacob Aue Sobols, die Unerschrockenheit eines Bruce Gilden oder den Blick eines Martin Parr.

Welche Motive bevorzugst du?

In erster Linie versuche ich etwas einzufangen, was nicht alltäglich ist. Manchmal fallen mir Leute wegen ihrer besonderen Kleidung auf, manchmal ist es ein Gesichtsausdruck, oder einfach der Ort, an dem die Person gerade steht oder sitzt.

Wie fotografierst du? Wie suchst du dir deine Ziele aus? Wie gehst du vor? Was ist dir beim Fotografieren wichtig? Worauf achtest du?

Ich versuche mich dabei total auf die Motivfindung zu konzentrieren. Durch die Verwendung von Festbrennweiten kann ich den Bildausschnitt visualisieren, bevor ich durch den Sucher schaue. Des weiteren beschließe ich, noch bevor ich mich dem Motiv nähere, aus welcher Entfernung ich auslösen werde. So verliere ich keine Zeit mit dem Fokussieren und kann mich komplett auf die Komposition konzentrieren. Auch meine Entscheidung analog zu fotografieren, erleichtert es mir sehr, mich voll und ganz auf das Fotografieren zu konzentrieren, da es an meiner Kamera nur zwei Einstellmöglichkeiten gibt – Blende und Belichtungszeit.

Wie reagieren die Menschen? Bemerken sie, dass du sie gerade fotografiert hast?

Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich – die meisten bemerken mich gar nicht oder zumindest nicht, dass ich sie fotografiert habe. Viele denken, dass man etwas hinter ihnen fotografiert. Ich denke sehr vielen geht das Ganze einfach zu schnell, um sich aufzuregen. Im Idealfall vermeide ich jeglichen Augenkontakt – vor und nach dem Auslösen. Zudem gehe ich sofort weiter, nachdem ich ausgelöst habe. Eigentlich ist es wirklich erstaunlich, wie wenig Leute sich wirklich trauen etwas zu sagen.

Nilo Klotz

Erzähl uns eins deiner “krassesten” Erlebnisse. Was ist passiert?

In Wien am Flohmarkt hat mir einmal eine Dunkelhäutige während einer Diskussion an die Kamera gefasst und gedroht sie kaputt zu machen, worauf ich mich einfach aus dem Staub gemacht habe. In Bozen hat mich einmal ein deutscher Tourist ziemlich lange verfolgt, bis ich endlich stehen blieb und er mich nach einem heftigen Wortwechsel aufforderte das Foto zu löschen.

Beschäftigen dich deine Motive einmal auf Fotopapier gebannt später auch noch?

Ich gehöre zu den Fotografen welche am Prozess selber mehr Freude haben als am Endprodukt. Für mich ist das Foto gemacht, nachdem ich ausgelöst habe. Zuhause am Computer ändere ich so gut wie nichts mehr, nur in meinem Kopf ändern sich mit der Zeit auch die Meinungen und Ansichten über meine eigenen Arbeiten.

Was hast du in nächster Zeit vor?

In nächster Zeit habe ich in erster Linie vor, mein Studium der Architektur abzuschließen, die verbleibende Zeit als Student zu genießen und meine fotografischen Fähigkeiten für den nächsten Lebensabschnitt vorzubereiten. 

Und was machst du sonst so im Leben? 

Meine beiden anderen großen Leidenschaften sind das Skifahren und die elektronische Musik. Im Winter nutze ich jeden verfügbaren Tag, um in die Berge zu kommen, in diesen kalten Monaten gibt es für mich nichts Schöneres, als einen unverspurten Hang abseits der Pisten. Nebenbei beschäftige ich mich als DJ, hauptsächlich zu meinem eigenen Spaß und mittlerweile auch regelmäßig vor Publikum.

Du bist aus Bozen, lebst aber in Wien. Warum? Wie oft kommst du nach Südtirol zurück? Wie geht es dir hier? Bist du gerne hier?

Ich habe mich entschieden in Wien zu studieren, weil es eine sehr attraktive Stadt ist und weil viele meiner Freunde ebenso dort leben. Meine Wahl ist auch auf Wien gefallen, weil ich nicht jedes zweite Wochenende nach Hause fahren will. Ich komme zu Weihnachten, in den Semesterferien und zu Ostern nach Südtirol, wobei ich mich jedes Mal auf die Rückkehr in die Heimat freue. Mir gefällt Südtirol sehr, aber ich denke, dass das Land den jungen Leuten momentan einfach zu wenig Möglichkeiten bietet. 

Inwiefern? – Wie erscheint dir gerade so die kulturelle Stimmung hierzulande? Hat sich etwas verändert in den letzten Jahren? Könnte es schneller gehen? Was würdest du dir wünschen?

Das Kulturangebot im Land könnte viel besser sein; besonders in der Hauptstadt hat sich in den letzten Jahren viel geändert, allerdings nicht immer ins Gute. Besonderen Aufholbedarf gibt es in Südtirol meiner Meinung nach bei den Öffentlichen Verkehrsmitteln – Anbindung und Betriebszeiten sind vielerorts einfach eine Zumutung.

Links zu seinen Bildern:
www.facebook.com/nilo.neurosyntax
www.flickr.com/photos/niloklotz
500px.com/NiloKlotz 

Fotos: Nilo Klotz

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