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April 24, 2013

Behind the scenes “Forse tornerai dall’estero” #01: Autor Andrea Montali + seine Liebeserklärung an seine Stadt Bozen

Kunigunde Weissenegger

 Er arbeitet mit dem Bleistift, mit Schreibheften, die er im 10er-Pack im Angebot kauft, mit einem Computer, den er fast immer bei sich trägt – sein Archiv voller Ideen, Einfälle und Gedanken, das er in den meisten Fällen kein zweites Mal liest. Wenn er mit dem Schreiben einer Geschichte beginnt, “sto sul pezzo,” meint er, und alles, was rein passt, kommt rein. Alles andere fließt vielleicht in eine andere Arbeit – oder auch nicht. Er hängt nicht an Worten.

Angefangen hat er, mit zirka 20 Jahren, mit Erzählungen. Sie wurden in der Zeitschrift „Sciarada“ des gleichnamigen Bozner Kulturvereins veröffentlicht. Beppe Mora, ein Autor und Freund, hat ihm geraten, mit dem Geschichten erzählen weiter zu machen. Einige Erzählungen hat er via Mail an Reinhard Christanell – ebenfalls Autor – und seinen Verlag Travenbooks geschickt. Nach zwei Tagen kam die Antwort. Die Provinz Bozen hat die Veröffentlichung mit unterstützt. Der Titel des Buches: „Anime sole in autobus sovraffollati“. Paolo Campestrini, Chefredakteur der Tageszeitung „Alto Adige“, ist durch diese Publikation auf ihn aufmerksam geworden. Und so hat er mit 23 Jahren dort angefangen zu arbeiten, Erfahrung im Journalismus gesammelt und sich schließlich in das Publizisten-Album eingeschrieben. In der Redaktion ist er auf offene Kollegen getroffen, die ihn sehr viel gelehrt haben: Alessio Pompanin, Mauro Fattor, Marco Rizza und Fabio Zamboni, der ihn besonders betreut hat.
Dann das nächste Buch „Ho letto il tuo diario“, erschienen 2010 bei Alpha Beta, Lesungen zur Musik von Autobahn (Stefano Manca und Lorenz Masé), Gespräche an der Uni, in Kulturvereinen, in Bars, auf der Straße… Ein Student der A.c.m.e. Akademie in Mailand hat auch eine Arbeit über eine seiner Erzählungen geschrieben. Schließlich die Mitarbeit bei der Gratis-Zeitschrift WasWannWo der Stiftung Südtiroler Sparkasse. Und nun „Forse tornerai dall’estero“.

Das ist Andrea Montali, in Bozen geboren und aufgewachsen. Dort, auf dem Obstmarkt, auf den Talferwiesen und in den Bars in der Altstadt, spielen seine Erzählungen und auch seine Komödie „Forse tornerai dall’estero. Un atto d’amore per la città di Bolzano“, mit der er sein Bühnendebüt gibt. Zur Zeit laufen im Teatro Stabile die Proben auf Hochtouren. Ab kommender Woche von Donnerstag, 2. Mai bis Sonntag, 19. Mai ist das Stück mit Andrea Castelli, Giulio Baraldi, Gaia Insenga, Silvia Giulia Mendola, Fabrizio Martorelli und Alberto Onofrietti unter der Regie von Leo Muscato im Studio im Stadttheater Bozen zu sehen. Dennoch hat Andrea Zeit gefunden, mir auf einige Fragen zu antworten.

Gibt es einen roten Faden, der sich durch alle deine Texte zieht?

Eine große Rolle spielt sicher das Zurücklassen eines Lebensabschnittes. Meine drei Publikationen beschließen jeweils persönliche Zeitspannen. Das ist keine bewusste Entscheidung. Bisher war es jedenfalls so. Ich denke, dass den „roten Faden“, viele verschlungene „rote Fäden“, die anderen, die Leser, finden werden.

Jetzt bist du ja in die Theaterwelt eingetreten. Ist dir das Papier für deine Geschichten und Erzählungen “zu eng” geworden? Und wie ergeht es dir bisher in dieser neuen Welt?

Das Theater hat mein Leben verändert. Ich übertreibe keinesfalls. Ich habe einzigartige Menschen kennen gelernt und Freundschaften geschlossen – eine auch ganz besondere. Ich bin überzeugt, es könnten mehr werden.
Per Zufall bin ich zum Schreiben gekommen und per Zufall auch zum Theater. Ich wußte wenig davon, habe bereits viel dazu gelernt und eigne mir nun Tag für Tag Regeln, Techniken, Intuition an. Was ich mir vorgestellt habe, wird von Regisseur, Schauspielern, Technikern umgesetzt. Alle sind mit Leidenschaft, Talent und Professionalität dabei. Kurz gesagt, der Text ist mein „Kaleidoskop“. Ich träume mit offenen Augen.

Vom 2. bis 19. Mai ist im Stadttheater Bozen dein Stück „Forse tornerai dall’estero“ zu sehen. Ein sehr spannender Titel, finde ich. Und ins Auge gesprungen ist mir auch der Untertitel: “Un atto d’amore per la città di Bolzano“. Was meinst du mit „atto d’amore“?

Ich kenne keine anderen Städte, ich habe nur diese. Und ich mag sie. Wie in allen Liebesgeschichten gibt es auch bei uns Hickhack, aber wir finden immer wieder zueinander. Hier habe ich meine Familie, einen Großteil meiner Freunde, eine Arbeit. Hier habe ich einige meiner Träume verwirklicht – einer eben “Forse tornerai dall’estero”. Und so habe ich mein Schreiben der Stadt gewidmet, die es ausgelöst und liebkost hat, die es gern oder nicht gern haben wird, lieben oder hassen wird.

Wie ist es dir gelungen, zwei wichtige Themen wie Flucht und Rückkehr vs. Dableiben anzugehen?

Ich habe mich an Geschehnissen aus Zeitungen und Social Networks inspiriert, an Erlebnissen von Freunden und Bekannten. Es war ganz logisch, diese Themen zu behandeln, die für „junge Männer und Frauen“ entscheidend sind. Denn kein Abend ohne „ich hau ab“, „ich will raus aus diesem Loch“, „Italien geht vor die Hunde“, „in Bozen ist nichts los“ usw.
Aber alles ist eher gesagt, als getan…

Die Aufführung geht aus drei Jahren enger Zusammenarbeit und Konfrontation mit Marco Bernardi, dem Direktor des Teatro Stabile, hervor. Wie war das?

Nachdem Marco Bernardi auch „Anime sole“ gelesen hatte, hat er mir vorgeschlagen, die Theaterlaufbahn einzuschlagen und diese Kunst kennen zu lernen, was ich gerne tat. Es waren intensive Jahre. Ich habe fast in meiner gesamten Freizeit gelernt und geschrieben und mich dann mit ihm konfrontiert. Wir haben viel weg geschmissen; er hat mir Texte, Aufführungen empfohlen, hat mich die Regeln gelehrt, einen Spannungsbogen, Dramaturgie zu gestalten. Manchmal haben wir einfach nur geredet, uns kennen gelernt. Jetzt sind wir Freunde.

 Montali Castelli franzmagazineAndrea Castelli und Andrea Montali 

Regie führt Leo Muscato. Wie ist es, wenn er deine Komödie bearbeitet, verändert, anpasst?

Mit dem Schauspielensemble sind wir eine Woche zusammen gesessen. Im -1. Stock im Theater auf dem Verdi-Platz: Die Schauspieler improvisierten, der Regisseur gab Anregungen und Anweisungen, Alessandra De Angelis, die Regieassistenz, bemühte sich, damit wir nicht den Faden verlören und „dran blieben“.
Dort habe ich sehr viel gelernt. Acht Stunden zusammen, weitere vier oder fünf daheim mit Transkribieren, Anpassen, Kürzen… Nächtelang. Dann habe ich die Texte Leo Muscato gegeben und er hat daran gefeilt, entscheidende Punkte hinzugefügt, Zwischentexte angepasst. Alessandra ist uns auch bei dieser Arbeit sehr beigestanden. Nun proben die Schauspieler im Theater, auf der Bühne. Ihnen bei der Arbeit zuzusehen ist eine Ehre und eine echte Lehre.

Und die Zukunft? Hast du bereits neue Projekte im Kopf? Nach Büchern und Theater vielleicht ein Film…?

“Forse tornerai dall’estero” erscheint beim Alpha Beta Verlag in Meran. Das macht mich sehr glücklich. Die Bücher werden wir auch zu den Vorstellungen ins Teatro Stabile bringen. Am 20. April habe ich einige Studenten der Design-Fakultät der Uni Bozen getroffen. Wir haben über kreatives Schreiben, das Leben, das Monatsende gesprochen… Am 6. Mai bin ich im Theater von St. Jakob Gast des Kulturzentrums: Mit Marco Bernardi, Paolo Mazzuccato (Rai Programmgestalter und Regisseur), Mara Da Roit (Schauspielerin) und der Band Veryshortshorts werden wir über das Leben, Geschriebenes und die Bühne sprechen. Indes hat sich auch noch einiges an Stoff angesammelt, der zu entwickeln ist.
Einer meiner Träume hat sich bereits verwirklicht, ein weiterer Abschnitt liegt hinter mir. Ich blicke vorwärts, die große Leidenschaft für das Theater in petto. Ich möchte weitere Genres entdecken, wie das Fernsehen (Serien, Fiktion) und warum nicht, das Kino. Ich werde mich immer für gehörte oder erzählte Geschichten begeistern und nie aufhören, dazu zu lernen. Aber ich „fliege lieber tief“; auch hängt natürlich nicht alles nur von mir ab.

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  • THURSDAY 2.5.13: Forse tornerai dall’estero, Gabinetto di Scienze, Rebecca Horn, Politische Kunst · 

    [...] H 20.30 FORSE TORNERAI DALL’ESTERO è lo spettacolo conclusivo della stagione dello Stabile di Bolzano. Il testo è del giovane autore bolzanino ANDREA MONTALI e racconta la storia di alcuni giovani a Bolzano. Grande curiosità e attesa per questo spettacolo tutto “local” ma assolutamente “global” per le storie universali raccontate e per la qualità del team, composto dal regista Leo Muscato e tra gli altri dal grande Andrea Castelli. Teatro Studio, Bolzano (fino al 19 maggio 2013), read the interview… [...]