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April 5, 2013

“Out of Curiosity” – Ein Blick hinter urbane Kulissen

David Leimstädtner

Betrachtet man eine Stadt als etwas Lebendiges, etwas Organisches, wären die Adern wohl die verworrenen Tunnelsysteme, Leitungen, Kanäle und Röhren die sich unter- und überirdisch durch diese ziehen. Manche führen an tote Enden, an Orte, die ihren Zweck bereits gedient haben, andere sind wiederum lebensnotwendig für die Stadt, deren Infrastruktur und deren Bewohner. Und doch bleiben sie den letzteren meist verborgen…

In der GalerieOans” in Innsbruck werden ab Samstag, 6. April (20.00 H) bis 4. Mai 2013 Bilder von 4 Fotografen ausgestellt, für die eine Sackgasse erst den Anfang eines (Schleich-)Weges ins Ungewisse dieser Adern darstellt. Im Interview erzählen Blasius Brown, Philipp Freedrich, Daniel Künzler und Peter Füzfa uns von ihrer Suche nach dem “Anderen” und Galerist Clemens Bartenbach über seine Galerie Oans.

 Wer sind die Vier, die hinter dieser Ausstellung stecken, was sind ihre Hintergründe? Stellt euch gegenseitig vor!

Blasius Brown: Weltenbummler, Fotograf und immer unterwegs. Lebt im Moment in Budapest.
Philipp Freedrich: Benutzt unter anderem Fotografie als Medium der Auseinandersetzung mit Stadt und historischen sowie aktuellen Subkulturen.
Daniel Künzler: Fotograf mit Graffiti-Hintergrund. Gewöhnt sich mehr und mehr an das Einsiedler-Leben.
Peter Füzfa is a Budapest based freelance photographer. He tries to frame everyday life, people, special and ordinary things in a documentarists way. Peter likes film photography. Less is more. King of whatever.

Was erwartet einen Besucher bei “”Out of Curiosity ? Was ist euch dabei wichtig?

Den Besucher erwartet das Ende des Erwartens. Er/sie/es kann rein gehen und mit nichts wieder raus gehen, solange er/sie/es wartet. Er/sie/es muss gewillt sein, mit auf die Reise zu gehen, denn das ist es, worauf der aufmerksame Besucher trifft: Auf ein Gesamtbild aus Reisen, Fotografie, Freundschaft und Neugier.
Dieses Gesamtbild könnte dem Begriff des Graffiti als Konzept zugrundeliegen aber auch weit davon entfernt sein. An dieser Stelle sollte vielleicht erwähnt werden, dass der Begriff Graffiti nicht nur als Fastfood der Kunst zu begreifen ist, sondern ein komplexes und intelligentes Eigenleben führt, das von Abenteurern, Writern, Künstlern, Schriftstellern, Hackern, Fotografen, Regisseuren, Ninjas, Agenten, Kämpfern, Helden und Legenden aufrecht gehalten wird. Wir sind mit urbanen Archäologen vergleichbar die eine Sensibilität dafür haben, wonach zu suchen ist. Das ist es, was bei „Out of Curiosity“ zu finden ist.
Der Besucher kann sich auf eine Reise durch die Rückseiten der Stadt einlassen und einen Blick hinter die Kulissen der in der regulären Interaktion mit der Stadt erlebten Wahrnehmung  werfen. Uns ist es wichtig, unsere Erfahrungen und Gefühle bei eben diesem Akt möglichst authentisch nachvollziehbar zu machen.

Inwiefern unterscheiden sich eure Herangehensweisen an eine solche Arbeit und was verbindet euch?

Es gibt bei allen Teilnehmern der Ausstellung ein erhöhtes Interesse am Umfeld und der Stadt im Allgemeinen. Aber natürlich hat jeder einen eigenen Geschmack, eine eigene Definition von Ästhetik und andere Prioritäten in der Herangehensweise, wenn es darum geht, wie subjektiv selektiert und repräsentiert werden sollen. Uns verbindet die Neugier am Ungesehenen. Was gleichzeitig einen großen Antrieb darstellt. Wir begeben uns auf eine Trophäenjagd.

Woher kommt diese Faszination für das Vergessene,  Verlassene und Verbotene?

Diese Orte bieten eine Alternative zu den sonstigen, öffentlich zugänglichen Orten einer Stadt, die bereits tausendfach fotografiert und beschritten wurden. Es ist also auch eine bewusste Entsagung von der vorherrschenden Passivität und Ohnmacht in der Form, sich ausschließlich geplanter und somit politischer Strukturen zu bedienen. Der wichtigste Antrieb ist jedoch der Wille zur Aktion und die Neugier. Die Neugier, eine Stadt auf deren Schleichwegen zu erkunden und selbst diese Schleichwege nach und nach erst ausfindig zu machen. Es ist eine aktive Haltung und Suche danach das ANDERE kennenzulernen – das, was noch im Verborgenen liegt. Dabei trifft man auf außergewöhnliche Räume, Atmosphären und Menschen. Dieses Prinzip kann auf jede Stadt angewandt werden. Jede Stadt hat eigene Qualitäten, wie zum Beispiel die Katakomben in Paris oder die kilometerweiten Schachtsysteme in Wien.

Welches waren für euch besondere Orte, was zieht euch zu diesen?

Es liegt nahe zu sagen, dass wir gleicherweise von diesen Orten angezogen werden, wie wir diese Orte auch selber erst zum Leben erwecken. Denn manche Orte gibt es nicht, solange sie nicht entdeckt werden. Andere wiederum haben bereits eine Geschichte, an welche sich Menschen erinnern. Doch wenn sie sie heute aufsuchen, ist es nicht mehr derselbe Ort. Die Atmosphäre, die diese Orte haben, prägt die Art, wie wir uns dort fühlen, sie beschreiten, sie fotografieren, darüber schreiben und reden. Wir geben ihnen eine neue Geschichte. Kein Ort gleicht dem anderen und doch kann man keine Qualitätsunterschiede ausmachen, es geht ständig weiter.
Wobei jeder von uns unterschiedliche Präferenzen zu verschiedenen Orten hat. Eben dieser persönliche Bezug ist es, der sich über Erinnerungen zu ähnlichen Orten, intuitiven Gefühlen, aber auch ästhetischen Geschmäckern manifestiert.

Gab es auch gefährliche Situationen beim Blick “hinter die Kulissen und Oberflächen”?

Immer wieder gab es Überraschungen. Da viele Orte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, fehlen oft die Sicherheitsvorkehrungen, die es an öffentlichen Plätzen, wie der Straßenkreuzung oder im Supermarkt, gibt. Auch wenn die meisten Plätze unbewohnt sind (wenn auch nicht immer), gibt es soziale Gesetze zwischen den Leuten, die dann trotzdem diese Orte frequentieren oder jene, die sich an diesen ein Zuhause machen, und somit stellenweise auch einen Besitzanspruch stellen. Es ist immer ein Abenteuer. Wie in einem Film fordert Aktion auch Risiko. Deshalb gehen wir auch alle zusammen pumpen.

Was ist die “Galerie Oans” in Innsbruck?

Clemens Bartenbach: Die Idee, in Innsbruck eine Plattform für junge Künstler zu bilden, entstand spontan und ohne große finanzielle Mittel. Ein kleines Geschäftslokal am Rande der Innsbrucker Innenstadt bot sich als idealer Ausgangspunkt. Obwohl von einigen Seiten das Geschäft mit den Ausmaßen von 4,75 x 3,67 m als ungeeignet für eine Galerie abgetan wurde, haben wir uns nicht beirren lassen und die Aktion “galerie oans” gestartet. Am 7. Februar 2011 wurde die Galerie eröffnet.

Wird es die Möglichkeit geben, diese Ausstellung in weiteren Städten zu betrachten?

Nach Budapest ist Innsbruck jetzt der zweite Ort, an dem die sich permanent in der Wandlung befindende Ausstellung gezeigt wird. Es ist gibt aber mehr oder weniger konkrete Pläne diese Serie auch in anderen Städten fortzusetzen.

Wollt ihr sonst noch etwas loswerden?

Umgib dich mit Dingen und Menschen, die dir gut tun.

Und hier noch der Link zum Facebook-Event: www.facebook.com/events/519142461462071

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