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March 21, 2013

Ein bisschen Lust am Untergang: Der wunderbare Massenselbstmord im Westbahntheater

Matthias Marini

Torsten Schillings Bühnenadaption des Romans „Der wunderbare Massenselbstmord“, welcher der Feder des finnischen Erfolgsautors Arto Paasilinna entstammt, führt den Zuschauer am Innsbrucker Westbahntheater mit mehr als nur einem Augenzwinkern durch die irrwitzige Welt finnischer Melancholie.

Die wunderbare Leichtigkeit des Seins scheint in Finnland nichts weiter als eine unbestimmte Sehnsucht zu sein, die den Menschen zumindest so lange quält, als er es mit diesem Leben ernst meint. Nicht umsonst entschließen sich ein bankrotter Geschäftsmann (Josef Holzknecht) und ein ausgemusterter Oberst (Hans Jürgen Bertram), die just zur selben Zeit in derselben Scheune ihrem tristen Dasein ein Ende setzen wollen, ihr tödliches Vorhaben noch ein wenig aufzuschieben, um zusammen mit einer Gruppe von Gleichgesinnten ein Massenselbstmordspektakel zu inszenieren, das an Größe und an Stil kaum zu überbieten ist. Die beiden lebensmüden Protagonisten geben kurzerhand eine Zeitungsannonce auf und nach einem an Absurditäten kaum zu überbietenden Seminar findet sich eine Gruppe „anonymer Sterblicher“ in einem Reisebus wieder, um die Fahrt ins vermeintlich Gewisse gemeinsam anzutreten.

Inhaltlich weiß das als skurriler Roadmovie inszenierte Stück vor allem aufgrund seiner tiefgreifenden Ironie zu gefallen, welche den Zuschauer mit tragischer Heiterkeit durch die Schattenseiten der finnischen Psyche führt. Eine Bandbreite an Klischees wird mit liebenswürdigem Augenzwinkern zugleich kultiviert und demontiert und man wird dabei das Gefühl nicht los, als bejahe Paasilinna hinter den Kulissen der von ihm entworfenen Melancholie dieses Dasein in all seiner Absurdität. Zu wissen, dass dem Menschen in seinem Leben nicht alles gelingt, kann sich befreiend auf das Seelenleben auswirken und eben dieses Gefühl der Befreiung zieht sich nahezu durch das gesamte Stück.

Torsten Schillings Inszenierung überzeugt vor allem aufgrund der Leichtigkeit, mit welcher er den Stoff des Romans auf die Bühne überträgt. Unterstützt wird er dabei in nicht geringem Maße vom Ensemble des Westbahntheaters, das eine mehr als solide schauspielerische Leistung abliefert. Allen voran glänzt Ute Heidorn in der Rolle einer hysterischen Grundschullehrerin, die, von starken Minderwertigkeitsgefühlen und Selbstzweifeln geplagt, im Freitod den einzigen ihr möglichen Ausweg zu erblicken vermeint. Therese Hofmann und Dominik Unterthiner hingegen begeistern in der Rolle der das Geschehen kommentierenden Moderatoren hauptsächlich ihrer sauberen und klaren Aussprache wegen, die dem Schauspiel einen zusätzlichen Hauch an Professionalität verleiht. Das minimalistisch gehaltene Bühnenbild (Katrin Böge Mair) sowie die musikalische Umrahmung (Maria Steppan) verpassen dem Stück den endgültigen Feinschliff.

„Der Wunderbare Massenselbstmord“ sei einem jeden, der tief in seinem Inneren ein wenig Lust am Untergang verspürt, wärmstens empfohlen, denn letzten Endes ist dieses Leben nicht weiter schlimm, vor allem dann nicht, wenn man sich gemäß einer finnischen Volksweisheit vor Augen führt, dass das allerwichtigste in diesem Leben der Tod ist, und selbst der nicht wirklich schlimm ist.

Weitere Aufführungen: 22., 23., 24. März 2013 um jeweils 20 Uhr im Westbahntheater in Innsbruck. Information & Kartenreservierung: www.westbahntheater.at oder +43/650/9251255.

Der wunderbare Massenselbstmord - Westbahntheater 2

Fotos Westbahntheater

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