Silver Linings: Silberstreif

11.02.2013
Silver Linings: Silberstreif

„Silver Linings“ von David O. Russell erzählt nicht nur von leicht gestörten Menschen, sondern auch davon, dass eigentlich niemand ganz normal ist. Im optimistisch gestimmten, romantisch angehauchten Film sind es die Silberstreifen am Horizont, die das Leben trotz aller Rückschläge lebenswert erscheinen lassen. Pat, Oscar-Kandidat Bradley Cooper, und Tiffany, Oscar-Kandidatin Jennifer Lawrence, haben beide Psychiatrie- und Psychopharmaka-Erfahrung und beide sind sympathisch. Pat litt schon immer an einer bipolaren Störung, ausgerastet ist er aber erst, als er seine Frau Nikki bim Fremdgehen erwischt hat. Da schlägt er zu. Kein Wunder, schlägt doch sein Vater, ein spielsüchtiger Wettfanatiker, auch zu, wenn’s nicht mehr anders geht. Tiffany ist beim Tod ihres geliebten Mannes ausgerastet. Er kam ums Leben, als er auf dem Weg war, heiße Dessous zu besorgen, damit aus dem ehelichen Sex wieder etwas wird. Tiffany will Pat, nachdem die zwei gar nicht so zufällig aufeinander getroffen sind, Pat will seine Nikki zurück. Die zwei werden sich gegenseitig zu Therapeuten in einer gut durchgeknallten Umwelt. Nicht nur Pats Vater (Robert De Niro) hat als extremer Footballfan und Zwangsneurotiker einen Schuss, sein Psychotherapeut ist auch nicht besser, und das restliche Umfeld ist ängstlich und mitleidig bemüht. Die Nachbarn schauen zu und rufen die Polizei, wenn irgendwas nicht ganz passt, denn wenn sich jemand nicht so ganz im Griff hat, bereitet das Unbehagen, macht Angst. Auch „Silver Linings“ beunruhigt, führt fahrig durch das Geschehen, macht nervös, lässt mit den Protagonisten mitleiden. Behaglichkeit schmeckt anders. Regisseur Russell weiss, wovon er redet, er leidet selbst an einer bipolaren Störung, heißt es. Der mehrfach Oscar nominierte Film versucht, ein heikles Thema mit Optimismus und Humor zu erzählen. Ein brillantes Feuerwerk liefern die Dialoge zwischen Jennifer Lawrence und Bradley Cooper. Lawrence gehört für mich seit „Winter’s Bone“ zu den interessantesten US-Nachwuchsschauspielerinnen. Schon wegen ihr lohnt es sich, den etwas amerikanisch geratenen Film anzusehen. Am Montag wird er übrigens in Originalfassung mit Untertiteln gezeigt.

Silver Linings, (USA, 2012), 122 Min., Regie: David O. Russell, Bewertung: Glänzende Dialoge

Erschienen in der Tageszeitung am 9./10. Februar 2013.

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